Öffentlicher Dienst Ver.di will kürzere Arbeitszeiten angehen
Die Gewerkschaft ver.di sieht Handlungsbedarf beim Thema Arbeitszeiten. In Zeiten des Fachkräftemangels könnten Jobs im öffentlichen Dienst durch kürzere Arbeitszeiten attraktiver werden. Andere warnen: Genau das verschärfe das Problem.
Nachdem die Lokführergewerkschaft GDL und die IG Metall in den laufenden Tarifverhandlungen kürzere Arbeitszeiten bei vollem Lohnausgleich fordern, will auch die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di das Thema demnächst angehen. "Im öffentlichen Dienst haben wir im Vergleich zur Privatwirtschaft längere Arbeitszeiten, es gibt also durchaus Handlungsbedarf, auch mit Blick auf die Attraktivität der Arbeitsplätze", sagte der ver.di-Vorstandsvorsitzende Frank Werneke der "Neuen Osnabrücker Zeitung".
Schon heute seien rund 300.000 Stellen unbesetzt und in manchen Bereichen des öffentlichen Dienstes kaum mehr Bewerber zu bekommen. Im kommenden Jahr werde man bei den Mitgliedern "eine umfangreiche Befragung starten, um die Arbeitszeitbedürfnisse zu erfahren", kündigte Werneke an und bekräftigte: "Ich bin mir sicher, dass wir das Thema Arbeitszeit in den nächsten Tarifrunden sowohl für private Dienstleistungsbranchen als auch für die Beschäftigten in den Kommunen und beim Bund in der Tarifrunde, die Anfang des Jahres 2025 ansteht, aufgreifen werden."
Eine Verkürzung der Arbeitszeiten ist derzeit einer der Hauptstreitpunkte zwischen Bahn und GDL. Die Lokführergewerkschaft fordert für Schichtarbeiter eine Arbeitszeitverkürzung von 38 auf 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich. Die Bahn lehnt das ab und verweist unter anderem auf die Knappheit von Arbeitskräften. Würde man die GDL-Forderung erfüllen, müssten 10.000 neue Mitarbeiter eingestellt werden, was auf dem derzeitigem Arbeitsmarkt unmöglich sei. Die GDL erklärte die Bahn-Tarifgespräche für gescheitert.
DIHK: Mangel verschärft sich, wenn wir alle weniger arbeiten
Der Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Peter Adrian, lehnt Arbeitszeitverkürzungen nicht grundsätzlich ab, sieht sie aber kritisch. "Grundsätzlich verschärfen wir den Fachkräftemangel und die damit verbundenen Lücken in unserer Volkswirtschaft, wenn wir alle weniger arbeiten", sagte Adrian den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Eine Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich lehne er bei der Werbung um Personal nicht grundsätzlich ab, doch dieses Arbeitszeitmodell werde nicht in jedes Unternehmen passen. Die Verbraucher wünschten sich Dienstleistungen an fünf oder besser noch sechs Tagen die Woche. Das wäre mit diesem Arbeitszeitmodell nicht machbar, so Adrian.