Arbeitsmarkt Drei Millionen Erwerbslose in der "stillen Reserve"
In Zeiten des Fachkräftemangels rücken sie in den Fokus: Viele Erwerbslose sind gut qualifiziert und würden gern arbeiten. Warum sie es nicht tun, hat das Statistische Bundesamt untersucht.
Drei Millionen Erwerbslose in Deutschland wünschen sich eigentlich eine bezahlte Arbeit. Diese Menschen im Alter zwischen 15 und 74 Jahren stehen aber aus unterschiedlichen Gründen dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung, wie das Statistische Bundesamt berichtet.
Die Gruppe wird als "stille Reserve" bezeichnet und machte im vergangenen Jahr rund 16 Prozent aller Nichterwerbspersonen aus. 2021 waren es rund 17 Prozent. Zur "stillen Reserve" gehören Personen ohne Job, die zwar kurzfristig nicht für den Arbeitsmarkt verfügbar sind oder momentan nicht aktiv nach einem Job suchen, sich aber trotzdem eine berufliche Tätigkeit wünschen.
Knapp 57 Prozent Frauen
Mit einem Anteil von knapp 57 Prozent sind Frauen dem Statistikamt zufolge in der "stillen Reserve" überrepräsentiert. In der Altersgruppe zwischen 25 und 59 Jahren berichteten mehr als 34 Prozent, dass sie keine Arbeit aufnehmen könnten, weil sie Angehörige betreuen müssten. Bei den gleich alten Männern nannte nur gut jeder 20. diesen Grund (5,6 Prozent).
Rund 58 Prozent der Betroffenen verfügen über mindestens eine mittlere Qualifikation, haben also eine abgeschlossene Berufsausbildung oder die Hochschul-/Fachhochschulreife. Sie sind teils nicht kurzfristig verfügbar, weil sie beispielsweise Angehörige versorgen müssen. Oder sie suchen gar nicht aktiv nach Arbeit, weil sie glauben, keinen passenden Job finden zu können. Zu diesen beiden Gruppen zählt das Statistikamt nach Auswertung des Mikrozensus 2021 knapp 1,3 Millionen Personen.
Dazu kommt eine dritte, besonders arbeitsmarktferne Gruppe von Menschen, die weder aktiv einen Job suchen noch verfügbar sind, in der Mikrozensus-Befragung aber einen generellen Arbeitswunsch geäußert haben. Hier geht es um 1,7 Millionen Menschen, die bis 2021 in Deutschland nicht zur "stillen Reserve" gerechnet wurden.
1,74 Millionen offene Stellen
Für den Standort Deutschland ist diese hohe Zahl in Zeiten des Fachkräftemangels ein Problem, da viele Unternehmen händeringend nach Mitarbeitenden suchen. Im zweiten Quartal gab es einer Stellenerhebung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zufolge bundesweit 1,74 Millionen offene Stellen. In vielen Branchen wird über einen Mangel an Fachkräften geklagt. Das Problem dürfte sich Ökonomen zufolge künftig noch verschärfen, wenn die geburtenstarken Jahrgänge, die sogenannten Baby-Boomer, in Rente gehen.