Greenpeace-Studie Zwölf Milliarden Euro mehr für russische Energie?
Laut Greenpeace könnte Deutschland dieses Jahr deutlich mehr Geld für russische Energie überweisen als bislang. Die Zahlungen für Gas könnten sich verdoppeln. Gewerkschaften und Arbeitgeber warnen vor einem Gasembargo.
Nach Berechnungen von Greenpeace könnte Deutschland in diesem Jahr deutlich mehr Geld für russische Energielieferungen überweisen als im letzten Jahr. Demnach könnte die Gesamtsumme für Öl und Gas aus Russland auf fast 32 Milliarden Euro steigen, gegenüber nur 20 Milliarden Euro im vergangenen Jahr. Das berichtet die "Süddeutsche Zeitung" (SZ) und bezieht sich auf die Studie der Umweltschutzorganisation.
Allein für Erdgas könne sich die Summe von 8,8 Milliarden Euro im Jahr 2021 auf 17,6 Milliarden verdoppeln. Bei Öl wäre der Anstieg nicht ganz so stark - von 11,4 Milliarden auf 14,3 Milliarden Euro.
Zum Vergleich: 32 Milliarden Euro entsprechen mehr als der Hälfte (rund 57 Prozent) des russischen Militärhaushalts des Jahres 2020.
"Friedensabgabe" als Ausweg?
Als mögliche Alternative bringt Greenpeace der "SZ" zufolge neue Sanktionsinstrumente ins Spiel, mit denen die Bundesregierung einen Teil der russischen Gewinne abschöpfen könnte. Mit dieser "Friedensabgabe" könne später der Wiederaufbau der Ukraine, der Ausbau erneuerbarer Energien und Hilfen für Bürger wegen der hohen Energiepreise finanziert werden.
Die EU-Staaten haben bislang einen Importstopp auf russische Kohle und weitere Sanktionen verhängt. Davor, das Embargo auch auf Öl und Gas auszuweiten, schrecken dagegen einige EU-Staaten aus Furcht vor den wirtschaftlichen Auswirkungen zurück, darunter Deutschland.
Arbeitgeber und Gewerkschaften warnen vor Gasembargo
Gewerkschaften und Arbeitgeber warnten nun gemeinsam vor einem möglichen Importstopp von russischem Erdgas. Sanktionen müssten gezielt sein, dabei aber die eigene Volkswirtschaft schützen. "Beim aktuell diskutierten Gas-Embargo sehen wir das nicht", hieß es in einer gemeinsamen Stellungnahme von DGB-Chef Reiner Hoffmann und dem Vorsitzenden des Arbeitgeberverbands BDA, Rainer Dulger.
Die negativen Auswirkungen auf Wirtschaft und Beschäftigung wären nach Ansicht Dulgers und Hoffmanns in Deutschland höher als in Russland. "Ein schnelles Gas-Embargo hätte in Deutschland Produktionsausfälle, Produktionsstillstand, eine weitere Deindustrialisierung und nachhaltige Arbeitsplatzverluste zur Folge." Um die Ukraine weiter zu unterstützen und den Druck auf Russland aufrechtzuhalten, brauche man eine stabile Wirtschaft und einen stabilen Arbeitsmarkt.
Chemie- und Nahrungsindustrie wären besonders betroffen
Vor allem die chemische Industrie hatte auf ihren großen Verbrauch von Öl und Gas verwiesen und vor massiven Folgen für die Wertschöpfungsketten im Land gewarnt. Etwa 95 Prozent aller Industrieerzeugnisse benötigten Chemieprodukte.
Auch die Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG) warnte vor einem Importstopp. Die Ernährungsindustrie sei nach der chemischen Industrie der zweitgrößte industrielle Gasverbraucher in Deutschland, sagte der NGG-Vorsitzende Guido Zeitler den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Wenn nicht mehr ausreichend Gas geliefert werde, könne auch nicht mehr produziert werden. "Wir würden zwar deshalb keinen Hunger leiden, aber es würde große Produktionsausfälle geben, die die Verbraucher in den Supermärkten spüren würden."