Recycling-Anlagen in Neubauten Kostbares Abwasser
Wasser ist eine wertvolle Ressource. Mittlerweile gibt es Anlagen, die das Trinkwasser vor Ort aufbereiten können - und auch noch wirtschaftlich sind. Ein Pionierprojekt in Berlin ist bereits in Betrieb.
Ingenieur Erwin Nolde führt in den Keller eines Studentenwohnheims in Berlin. Hier ist er in seinem Element: große graue Tanks stehen in Reihe, Rohre laufen durch den ganzen Raum. Sein ganzer Stolz: eine "Grauwasser-Recyclinganlage". Noldes Mission: Wasser sparen.
Auf einem provisorischen Schreibtisch steht ein Laptop. Nolde ruft ein paar Kurven auf und erklärt, was seine Anlage kann: "Das Haus bezieht fast 30 Kubikmeter Wasser pro Tag, wir recyceln rund 20 Kubikmeter davon."
Kleine Wohnungen, hoher Wasserverbrauch
Die Anlage ist seit knapp einem Jahr im Betrieb und die größte ihrer Art in Berlin. Im Haus gibt es rund 400 Wohneinheiten, jeweils 16 Quadratmeter klein - aber mit Dusche. Ein sehr hoher Wasserverbrauch also, konzentriert auf wenig Raum. Ideale Voraussetzung für effizientes Recycling.
Nolde hat sich schon immer daran gestört, dass Trinkwasser zu sorglos verbraucht wird. Für ihn ist das reine Verschwendung. Zwar kann seine Anlage das Abwasser aus Dusche und Waschbecken nicht in Trinkwasser zurückverwandeln, aber immerhin in so genanntes "Betriebswasser". Damit können dann die WCs gespült werden.
Der Ingenieur Erwin Nolde mit zwei Wassergläsern: Der Unterschied zwischen dem Trink- und dem Betriebswasser ist nicht zu erkennen.
Standards auch für Betriebswasser
Dennoch muss das Wasser Standards genügen und daher gefiltert werden. "Alles biologisch", sagt Nolde und zeigt auf rund zwei Meter große Tanks, in denen kleine Kunststoffwürfel schwimmen. Auf ihrer Oberfläche sitzen Mikroorganismen, die das Wasser reinigen. "Dazu brauchen sie lediglich ein bisschen Luft, die wir zuführen", sagt Nolde. Zusätzlich wird das Wasser noch durch einen Sandfilter geführt und mit UV-Licht bestrahlt, um Keime abzutöten.
Nolde füllt zwei Gläser mit Wasser. Eines mit Trinkwasser aus der Leitung, das andere mit seinem Betriebswasser. Optisch ist kein Unterschied zu erkennen. "Man könnte es theoretisch sogar trinken", sagt er lächelnd über sein Betriebswasser.
Wärme aus Duschwasser
Dem Ingenieur ist Ineffizienz ein Graus. Das wird klar, wenn er zum Beispiel darüber redet, wie viel Wasser in Berlin verschwendet wird - und wie viel Energie. Auch dafür hat er sich etwas ausgedacht: "Gebrauchtes Duschwasser kommt mit rund 30 Grad Celsius hier im Keller an", sagt Nolde. "Mit einem Wärmetauscher holen wir da fünf Grad raus. Diese Wärme nehmen wir später zur Erwärmung des Trinkwassers."
Nolde hat jahrzehntelang an seinen Lösungen gearbeitet; erst an der Universität, dann in einer selbst gegründeten Firma. "Die Technik liegt seit 15 Jahren vor", sagt er. Bis er seinen ersten großen Auftrag bekam, habe es aber gedauert.
Investition von 300.000 Euro
Das Studentenwohnheim mit der Grauwasser-Anlage hat das Unternehmen Berlinovo bauen lassen. André Haßmann, Abteilungsleiter Bau, hat im Vorfeld genau kalkuliert, ob sich das Projekt rechnet. "Wir haben gesagt, wir probieren es aus und sind dann einfach gesprungen. Denn die Zahlen konnten sich durchaus blicken lassen."
Rund 300.000 Euro hat Berlinovo in die Anlage investiert. Neben der Technik im Keller entfällt ein guter Teil der Summe auf zusätzliche Rohrleitungen, die für das Recycling nötig sind.
Es rentiert sich - nach einigen Jahren
Rentieren sollte sich das Projekt nach knapp zwölf Jahren, so hatte Haßmann es ausgerechnet. Doch nach einem Jahr im Echtbetrieb scheint klar: Es dürfte sogar noch schneller gehen. Denn die Wasser- und Energiepreise steigen schneller als angenommen. Die Folge: das Unternehmen dürfte seine Kosten wesentlich schneller wieder rein holen. "Das wird sich so nach acht bis neun Jahren einpegeln", so Haßmann.
Hinzu kämen die ökologischen Aspekte. "Wir sparen Wasser und Energie und damit letztendlich auch CO2", sagt Haßmann. Das Konzept hat fast schon Seltenheitswert: Es ist ökologisch sinnvoll und rechnet sich relativ schnell. Warum also werden solche Anlagen nicht öfter verbaut?
Weitere Projekte geplant
"Wir sind auch ein bisschen irritiert", sagt Haßmann und zuckt mit den Schultern. Seine Branche, die Bauindustrie, sei eben auch recht konservativ. "Wir gucken uns jedenfalls jetzt jedes Projekt an im Hinblick auf 'Grauwasser: ja - nein?', und wir wissen: es kann sich relativ schnell rechnen."
Momentan errichtet das Unternehmen zwei weitere Wohnheime mit Grauwasser-Recyclinganlagen. Dieses Mal sollen 800 - also doppelt so viele - Wohneinheiten angeschlossen werden.