Neue Kohlendioxid-Grenzwerte für Autos Deutschland auf Blockadekurs
Bei den umstrittenen Klimaauflagen für Autos geht Deutschland auf Blockadekurs: Auf deutschen Druck hin verschoben die EU-Botschafter eine geplante Abstimmung über strengere Abgaswerte. Noch am Montag hatten EU-Vertreter eine Einigung verkündet.
Deutschland hat eine endgültige Festlegung auf strengere Klimaauflagen der Europäischen Union (EU) für Neuwagen blockiert. Die EU-Botschafter verschoben eine für heute geplante Abstimmung, bei der strengere Kohlendioxid-Grenzwerte bei Neuwagen endgültig beschlossen werden sollten.
Deutschland übte offenbar massiven Einfluss auf die anderen EU-Staaten aus, um einen Verzögerung der Entscheidung zu erreichen. Bundeskanzlerin Angela Merkel habe sich dabei persönlich für die Interessen der deutschen Oberklasse-Hersteller eingesetzt, hieß es übereinstimmend in Brüssel und Berlin. Mehrere Botschafter hätten daraufhin um Verschiebung gebeten. Nach Angaben eines EU-Diplomaten habe Merkel persönlich Irlands Premierminister Enda Kenny angerufen. Sein Land hat als EU-Ratspräsidentschaft eine wichtige Rolle bei der Organisation des politischen Kalenders.
Deutsche Autoindustrie in der Oberklasse stark vertreten
Deutschlands Autoindustrie ist mit Mercedes, BMW und der VW-Tochter Audi vor allem in der Oberklasse stark vertreten. Sie tut sich schwerer mit Klimaschutzauflagen als Hersteller, die stärker auf Kleinwagen setzen.
Der Vorsitzende des Umweltausschusses im Europaparlament, der SPD-Abgeordnete Matthias Groote, zeigte sich empört über die Berliner Intervention. "Sie haben einen mühsam erarbeiteten Kompromiss kaputt geschlagen. Das ist das Dreisteste, was ich in acht Jahren Brüssel erlebt habe", sagte Groote, der die Verhandlungen um den CO2-Kompromiss für das Parlament geleitet hatte.
EU will dennoch schnelle Entscheidung
Der EU-Verbraucherverband Beuc drängt trotz der deutschen Blockade auf eine Entscheidung. "Es wäre ein herber Schlag für Verbraucher, falls der Kompromiss noch scheitern sollte", sagte ein Sprecher. Die Politik könne durch strengere CO2-Grenzwerte den Verbrauchern Spriteinsparungen bescheren. In Zeiten hoher Spritpreise würden Verbraucher die Zeche dafür zahlen, wenn einzelne Mitgliedstaaten jetzt noch versuchen sollten, den Vorschlag zu kippen.
Die Vertreter der EU-Staaten, des Europaparlaments und der EU-Kommission hatten sich ursprünglich am späten Montagabend auf die Fahrtrichtung nach dem Jahr 2020 geeinigt: So soll es auch längerfristig - wie jetzt schon - Obergrenzen für den Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) geben. Dank Extra-Anreizen für Elektroautos und andere schadstoffarme Wagen sollen die Autobauer die CO2-Ziele aber leichter erreichen können. Umweltschützer bezeichnen diese Boni für schadstoffarme Wagen in der Fahrzeugflotte, so genannte "Super Credits" allerdings als Rechentricks.