BMW, Daimler und VW Illegale Absprachen bei Abgastechnik?
Den Autobauern BMW, Daimler und Volkswagen drohen Bußgelder in Milliardenhöhe. Nach Ermittlungen der EU-Kommission sollen sie sich beim Einbau von Abgastechnik illegal abgesprochen haben. Die Konzerne widersprachen.
BMW, Daimler und VW haben nach Erkenntnissen der EU-Wettbewerbshüter illegale Absprachen zu Technologien der Abgasreinigung getroffen. Man sei der "vorläufigen Ansicht", dass sich die Konzerne an "systematischen Absprachen beteiligten", erklärte Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager auf Grundlage langer Ermittlungen. Die Behörde forderte die Konzerne zu einer Stellungnahme binnen zehn Wochen auf. Ihnen drohen Strafen in Milliardenhöhe.
Die EU-Kommission hatte 2017 Voruntersuchungen bei den Konzernen begonnen und hatte im Oktober 2017 Razzien bei den Autobauern angewiesen. Die formelle Untersuchung hatte sie 2018 eingeleitet. Sowohl Daimler als auch Volkswagen hatten nach Bekanntwerden der Vorwürfe im vergangenen Jahr den Antrag auf Kronzeugenregelung gestellt. Der Kronzeuge in Kartellverfahren kann auf den größten Straferlass oder gar Straffreiheit hoffen.
Absprachen bei Diesel- und Benzinmotoren?
Konkret geht es etwa um die Größe von Harnstofftanks ("AdBlue") zur Verringerung der Stickoxidemission in Dieselautos. Auch Dosierstrategien und Reichweiten pro Tankfüllung sollen abgesprochen worden sein. Außerdem sollen die Hersteller vereinbart haben, keine Partikelfilter gegen gesundheitsgefährdenden Feinstaub in Benzinautos einzubauen.
Laut Kommission geht es nicht um Preisabsprachen oder eine Marktaufteilung. Auch die unzulässigen Abschalteinrichtungen im Dieselskandal sind nicht Thema. Gleichwohl könnte das Verhalten der Autobauer darauf abgezielt haben, den "Innovationswettbewerb bei diesen beiden Abgasreinigungssystemen einzuschränken" und Verbrauchern damit die Möglichkeit zu verwehren, "umweltfreundlichere Fahrzeuge zu kaufen" - obwohl sie über die entsprechende Technologie verfügten, teilten die Wettbewerbshüter mit.
"Schlag ins Gesicht der Verbraucher"
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) sprach indes von einem "weiteren Schlag ins Gesicht der Verbraucher". Führende Hersteller der deutschen Autoindustrie hätten Kunden die "bestmögliche Technologie vorenthalten", kritisierte vzbv-Vorstand Klaus Müller. "Die Kartellabsprachen schaden Verbrauchern, der Umwelt und letztendlich auch den Herstellern."
Die Autobauer dürfen nun die Untersuchungsakte der Kommission einsehen, schriftlich Stellung nehmen und eine mündliche Anhörung beantragen. Sollte die Kommission letztlich zu der Überzeugung gelangen, dass das Wettbewerbsrecht verletzt wurde, kann sie den Firmen Geldbußen von bis zu zehn Prozent des weltweiten Jahresumsatzes auferlegen.
Konzerne: Legitime Koordinierung
Eine Daimler-Sprecherin erklärte, der Autobauer habe "Kenntnis über den Erlass der Beschwerdepunkte". Allerdings erwarte das Unternehmen in dieser Sache "kein Bußgeld", denn Daimler habe "frühzeitig und umfassend mit der Europäischen Kommission als Kronzeuge kooperiert". Mit Verweis auf das laufende Verfahren wollte sich Daimler darüber hinaus nicht äußern.
Volkswagen kündigte bereits die Prüfung der Beschwerde an. Man werde sich erst nach Auswertung der Untersuchungsakte äußern. Nach VW-Einschätzung erkennt die Kommission "grundsätzlich an, dass Kooperationen zwischen Herstellern zu technischen Fragen in der Automobilindustrie weltweit üblich sind". Schon im vergangenen Jahr habe die Behörde festgestellt, dass es keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür gebe, die Gespräche als wettbewerbswidriges Verhalten einzustufen, so VW.
BMW wies die Vorwürfe zurück: Es habe keine Preis- oder Gebietsabsprachen zu Lasten von Kunden oder Lieferanten gegeben, erklärte das Unternehmen. Es sei bei den Gesprächen mit Daimler und VW um die Verbesserung von Technologien zur Abgasnachbehandlung gegangen, also eine legitime Koordinierung.