Krieg gegen die Ukraine ++ Pistorius: "Lage ist ernst" ++
Mit Blick auf die russische Kriegswirtschaft hat Verteidigungsminister Pistorius vor einer anhaltenden Bedrohung für Europa gewarnt. Laut Pentagon könnten sich Soldaten aus Nordkorea "bald" an Kämpfen beteiligen. Die Entwicklungen vom Samstag zum Nachlesen.
- Pistorius: "Lage ist ernst"
- Viele Gefechte in der Ostukraine
- Metsola drängt auf deutsche Taurus-Lieferung
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Selenskyj-Berater sieht Putin-Drohungen als Ausdruck "absoluter Angst"
Der Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, Michailo Podoljak, wertet die jüngsten Drohungen von Russlands Präsident Wladimir Putin als Ausdruck "absoluter Angst". Der Kreml-Chef versuche, den Westen zu erschrecken, sagte Podoljak zu "Bild". "Putin will den Krieg nur nach seinen Bedingungen beenden, um nicht für Kriegsverbrechen verantwortlich gemacht zu werden."
Putin hatte am Donnerstag in einer Ansprache an die Nation gesagt, mit dem Einsatz westlicher Raketen größerer Reichweite gegen Ziele in Russland habe der Ukraine-Konflikt "Elemente eines globalen Charakters" angenommen. Er drohte mit Angriffen auf die Länder, deren Raketen auf russisches Territorium abgefeuert worden seien.
Selenskyj glaubt an ein mögliches Kriegsende 2025
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj glaubt an Möglichkeiten zur Beendigung des Kriegs im kommenden Jahr. "Wann wird der Krieg enden? Wenn Russland will, dass der Krieg endet. Wenn Amerika eine stärkere Position einnimmt. Wenn der globale Süden auf der Seite der Ukraine und auf der Seite der Beendigung des Krieges steh", sagte Selenskyj im Gespräch mit Vertretern ausländischer Medien in Kiew.
Er sei zuversichtlich, dass all diese Maßnahmen früher oder später durchgeführt und Entscheidungen getroffen würden. "Wir sind offen für Vorschläge von Führern afrikanischer, asiatischer und arabischer Staaten", so Selenskyj weiter. "Ich möchte auch die Vorschläge des neuen Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika hören und ich denke, wir werden sie im Januar hören, und wir werden einen Plan haben, um diesen Krieg zu beenden."
Russland lockt neue Soldaten mit Erlass privater Schulden
Russlands Präsident Wladimir Putin hat ein Gesetz über den Schuldenerlass für neue Armeeangehörige unterschrieben, die sich sehr zügig zum Kampf in der Ukraine verpflichten. Das geht aus einem Eintrag auf der Website der Regierung hervor. Nach Angaben russischer Agenturen ist der Erlass von bis zu 10 Millionen Rubel (etwa 92.000 Euro) für jene vorgesehen, die einen Vertrag über den Kampf in der Ukraine für mindestens ein Jahr unterzeichnen, beginnend am 1. Dezember.
Das Gesetz gelte für alle potenziellen Rekruten, gegen die vor diesem Tag ein Inkassoverfahren eingeleitet worden ist. Russland hat in der Vergangenheit bereits Zahlungen an Soldaten angehoben, die zum Kampf in der Ukraine bereit sind. In einigen Fällen betrug der Sold dadurch ein Vielfaches eines Durchschnittsgehalts. Das hat es der Armee ermöglicht, die Personalstärke im Kriegsgebiet zu erhöhen. Zugleich wurde so eine erneute allgemeine Mobilisierung vermieden, die im Herbst 2022 dazu geführt hatte, dass viele Menschen Russland verließen.
Pistorius zu Bedrohungslage: "Lage ist ernst"
Europa steht Verteidigungsminister Pistorius zufolge vor einer langanhaltenden Bedrohung. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine sei "längst kein regionaler Krieg mehr", sagte der SPD-Politiker bei einer Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung in Arnsberg im Sauerland. Der russische Präsident Putin "hat längst vollständig auf Kriegswirtschaft umgestellt". Russland produziere in drei Monaten so viele Waffen und Munition wie die gesamte Europäische Union in einem Jahr.
In einer Rede Ende Oktober habe Putin von einem "ernsthaften, unversöhnlichen Kampf um eine neue Weltordnung" gesprochen. Er sehe sich bereits als Sieger im Krieg gegen die Ukrane, schilderte Pistorius. Zugleich sei hybride Kriegsführung mit Desinformation und Fake News voll im Gange. "Unsere Sicherheit ist ein fragiles Gut." Deutschland müsse mehr Tempo machen und mehr investieren für seine "Kriegstüchtigkeit", mahnte der Verteidigungsminister.
Insider: Ukraine hat 40 Prozent der eroberten russischen Gebiete aufgegeben
Die Ukraine hat über 40 Prozent der ursprünglich eroberten russischen Gebiete in der Region Kursk wieder geräumt. Das sagte ein Mitglied des ukrainischen Generalstabes der Nachrichtenagentur Reuters. "Wir kontrollierten anfangs 1.376 Quadratkilometer, jetzt ist dieses Gebiet natürlich kleiner. Der Feind verstärkt seine Gegenangriffe", sagte der Militär. "Jetzt kontrollieren wir etwa 800 Quadratkilometer. Wir werden dieses Gebiet so lange halten, wie es militärisch sinnvoll ist."
Die Kursker Offensive war die erste Bodeninvasion einer ausländischen Macht in Russland seit dem Zweiten Weltkrieg. Sie traf die russische Armee unvorbereitet. Mit dem Vorstoß wollte die Regierung in Kiew die russischen Angriffe in der Ost- und Nordostukraine aufhalten. Russland sollte gezwungen werden, seine im Osten der Ukraine vorrückenden Truppen zurückzuziehen. Die langsam dort vorstoßende russische Offensive konnte jedoch bislang nicht gestoppt werden.
Raketenbeschuss auf besetzten Hafen Berdjansk
Die Ukraine hat den Hafen der russisch besetzten Stadt Berdjansk am Asowschen Meer mit einer Lenkrakete beschossen. Das teilte der Leiter der regionalen Besatzungsverwaltung, Jewgeni Balizki, mit.
"Keine Verletzten. Die Brandherde, die der Einschlag verursacht hatte, wurden gelöscht", schrieb er auf Telegram. Die Arbeit des Hafens sei nicht beeinträchtigt worden. Die Angaben waren nicht überprüfbar.
Viele Gefechte in der Ostukraine
Im Osten der Ukraine liefern sich vorrückende russische Truppen und ukrainische Verteidiger weiter heftige Kämpfe. Der ukrainische Generalstab in Kiew nannte in seinem Morgenbericht die vergleichsweise hohe Zahl von 194 Angriffen seit Freitagmorgen. "Der Feind nutzt seine Überlegenheit an Menschen und Material und attackiert pausenlos unsere Stellungen", hieß es.
Allein am Frontabschnitt Pokrowsk im Gebiet Donezk wurden 44 Angriffe gezählt, wobei die Militärangaben nicht im Detail nachprüfbar sind. 36 russische Sturmangriffe gab es demnach bei der extrem gefährdeten Stadt Kurachowe. Südlich davon droht sich Lagekarten zufolge ein Kessel zu bilden, aus dem ein Abzug der ukrainischen Soldaten schwierig werden dürfte.
Karte der Ukraine und Russlands, hell schraffiert: von Russland besetzte Gebiete
Metsola drängt auf deutsche Taurus-Lieferung
EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola drängt auf die rasche Lieferung von deutschen Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine. Dies sei auch die Position des EU-Parlaments, sagte Metsola den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Es gebe breite Unterstützung für die Forderung, dass nach der Freigabe von US-Raketen für den Einsatz gegen Ziele in Russland die EU-Staaten dem Beispiel folgen müssten - auch Deutschland mit Taurus-Marschflugkörpern.
"Wir werden sehen, ob es nach der Bundestagswahl zu einer entsprechenden Kursänderung kommt", fuhr Metsola fort. "Oder vielleicht schon vorher, es gibt ja auch in der Berliner Koalition unterschiedliche Positionen zur Taurus-Lieferung."
Pentagon: Nordkoreanische Soldaten könnten sich "bald" an Kämpfen beteiligen
Die USA gehen laut ihrem Verteidigungsminister davon aus, dass tausende nach Russland verlegte nordkoreanische Soldaten "bald" in Kampfhandlungen gegen die Ukraine eintreten werden. Auf der Grundlage ihres Trainings und der Art und Weise, wie nordkoreanische Soldaten "in die russischen Formationen integriert" würden, "rechne ich fest damit, dass sie bald an Kämpfen beteiligt sein werden", sagte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin. Bislang habe er noch keine "nennenswerten Berichte" darüber gesehen, dass nordkoreanische Soldaten "aktiv an Kampfhandlungen beteiligt" seien, fuhr der Pentagon-Chef fort.
Die USA gehen demnach davon aus, dass etwa 10.000 nordkoreanische Soldaten in der russischen Grenzregion Kursk stationiert sind und dort "in die russischen Formationen integriert werden". Südkoreanische Regierungsvertreter und eine Forschungsgruppe hatten am Donnerstag erklärt, dass Russland Nordkorea im Gegenzug für die Truppen unter anderem mit Öl und Wirtschaftshilfe versorgt habe. Aus Kiew kam die Warnung, dass Moskau neben den nordkoreanischen Soldaten eine 50.000 Soldaten starke Truppe zusammengezogen habe, um die Kontrolle über Teile der von ukrainischen Kräften eingenommenen Region Kursk zurückzuerlangen.
Insider: Trump erwägt Ex-Geheimdienstchef als Ukraine-Sondergesandten
Der designierte Präsident Donald Trump will Insidern zufolge offenbar seinen ehemaligen Geheimdienstchef Richard Grenell als Sondergesandten für den Krieg in der Ukraine einsetzen. Dies berichteten am Freitag (Ortszeit) laut der Nachrichtenagentur Reuters vier mit den Plänen vertraute Personen.
Grenell, der als Trumps Botschafter in Deutschland diente und während dessen erster Amtszeit von 2017 bis 2021 stellvertretender Direktor des Inlandsgeheimdienstes war, würde dann eine Schlüsselrolle in Trumps Bemühungen um die Beendigung des Krieges spielen. Karoline Leavitt, eine Sprecherin aus Trumps Team, lehnte einen Kommentar zu dem Thema ab. Grenell reagierte nicht sofort auf eine Bitte um Stellungnahme.
Die Entwicklungen vom Freitag zum Nachlesen
Die Ukraine entwickelt Präsident Selenskyj zufolge Flugabwehrsysteme, um sich gegen neue russische Raketen zu schützen. Von der Weltbank erhält die Ukraine weitere Hilfen.