Donald Tusk und Wolodymyr Selenskyj geben sich die Hand
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Krieg gegen die Ukraine ++ Tusk und Selenskyj reden über Grenzblockaden ++

Stand: 23.01.2024 01:17 Uhr

Polens Regierungschef Tusk hat in Kiew den Willen bekräftigt, Streitigkeiten zu beseitigen, die zu Protesten von Lkw-Fahrern an der Grenze geführt haben. Großbritannien entschärft Reisewarnung für die Ukraine. Die Entwicklungen vom Montag zum Nachlesen.

23.01.2024 • 01:17 Uhr

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Die Ukrainer sind nach Angaben der Militärführung in Kiew im Norden des Landes und rund um Bachmut schweren russischen Angriffen ausgesetzt. "Die Lage ist extrem gespannt und von intensivem Feuer von Artillerie, Minenwerfern und Kampfdrohnen sowie Sturmhandlungen des Gegners gekennzeichnet", schrieb der Oberkommandierende der ukrainischen Heerestruppen, Olexander Syrskyj, auf Telegram.

Im Nordosten der Ukraine sind die Verteidiger seit Monaten in der Defensive. So hatte Russland in den vergangenen Wochen mehrfach kleinere Geländegewinne vermeldet. Auch im abendlichen Lagebericht des Generalstabs tauchen Bachmut und der Frontabschnitt im nordostukrainischen Gebiet Charkiw auf.

Die Ukraine und Dutzende andere Länder, darunter auch Deutschland, haben Russland vor dem UN-Sicherheitsrat erneut Scheinheiligkeit und Ablenkungsmanöver vorgeworfen. Das Land wolle mit der Einberufung immer weiterer Sitzungen zu Waffenlieferungen westlicher Staaten an Kiew von seinem eigenen Angriffskrieg auf die Ukraine ablenken, sagten Vertreter dieser Staaten vor einer auf Wunsch Russlands abgehaltenen Sitzung des Sicherheitsrates zur Situation in der Ukraine

In der Sitzung kritisierte der eigens angereiste russische Außenminister Sergej Lawrow diese Waffenlieferungen dann erneut scharf. Außerdem sagte Lawrow, dass sein Land grundsätzlich zu Verhandlungen bereit sei - allerdings nicht mit dem Ziel, die jetzige Regierung in Kiew an der Macht zu halten.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat in einem Dekret zur Achtung der Rechte von Ukrainern in mehreren "historisch" von seinen Landsleuten bewohnten Regionen in Russland aufgerufen.

In dem veröffentlichten Dokument werden die an die Ukraine grenzenden russischen Regionen Krasnodar, Rostow, Belgorod, Brjansk, Woronesch und Kursk genannt. Russland wird in dem Schriftstück vorgeworfen, dort "Handlungen zur Zerstörung der nationalen Identität und zur Unterdrückung der Ukrainer" vorzunehmen und ihre Rechte und Freiheiten zu verletzten.

In dem Dekret wird die ukrainische Regierung dazu aufgefordert, einen "Aktionsplan zur Bewahrung der nationalen Identität der Ukrainer" in Russland auszuarbeiten, "einschließlich in den Regionen, in denen sie historisch leben". Auch sollen Verbrechen "gegen die Ukrainer, die dort leben oder gelebt haben", erfasst werden.

Weiter prangert der Erlass erzwungene Russifizierung, politische Unterdrückung und die Deportation von Ukrainern an. Das Schriftstück erhebt keinen Anspruch auf russische Territorien.

Die russischen Behörden haben in der Hafenstadt Sewastopol auf der seit 2014 von Moskau annektierten Krim vorläufig die Trinkwasserversorgung eingestellt. "Es gab einen drastischen Zufluss von Schmutzwasser in den Fluss Tschornaja, der Grundwasserspiegel ist gestiegen", begründete der Gouverneur von Sewastopol, Michail Raswoschajew bei Telegram die Maßnahme.

Erst ab Mittwochabend könne die regelmäßige Wasserversorgung wieder aufgenommen werden. Bis dahin habe er arbeitsfreie Tage in der Stadt angeordnet, sagte Raswoschajew.

Der neue polnische Regierungschef Donald Tusk und Präsident Wolodymyr Selenskyj haben in Kiew über die Blockaden an der gemeinsamen Grenze gesprochen. Es sei gelungen, ein gegenseitiges Verständnis für die Lage zu entwickeln, berichtete Tusk. Beide Seiten hätten den bestmöglichen Willen bekräftigt, "dass wir gemeinsam Probleme lösen, die unter anderem Getreide und die Blockade der Transporter an unserer Grenze betreffen", sagte Tusk. Daher seien keine internationalen Institutionen als Vermittler nötig.

Obwohl Polen politisch und militärisch einer der engsten Verbündeten der Ukraine ist, hatten polnische Lkw-Fahrer aus Ärger über ukrainische Konkurrenz zuletzt wochenlang Grenzübergänge blockiert. Polnische Bauern fürchten den Import von billigem Getreide aus dem Nachbarland. Tusks Regierung, im Amt seit vergangenem Dezember, hält an Einfuhrbeschränkungen fest. Die Fachminister beider Seiten nahmen an den Gesprächen teil. Details zu möglichen Lösungen nannte Tusk nicht. Selenskyj erklärte, die Ukraine verteidige nicht nur die eigene Unabhängigkeit, sondern die ganz Europas einschließlich Polens. Da "sollte die Solidarität mit der Ukraine nicht durch irgendwelche Hindernisse untergraben werden", schrieb er auf Facebook.

Die Religionsgemeinschaften der Ukraine haben das von Russland angegriffene Land zu Einigkeit aufgerufen. Der Gesamtukrainische Kirchenrat und religiösen Organisationen betonte, die wahren Stärken des Volkes seien dessen Einigkeit, Glaube und "Wille zum Sieg". Anlass der Erklärung ist der 105. Jahrestag der Vereinigung der Ukrainischen Volksrepublik und der Westukrainischen Volksrepublik, der in der Ukraine jeden 22. Januar als Tag der Einheit begangen wird.

Das Feuer an einem Treibstoff-Terminal im russischen Ostsee-Hafen Ust-Luga ist gelöscht, wie örtliche Behörden mitteilen. Der Brand war am Sonntag ausgebrochen, verursacht laut ukrainischen Medien durch einen Drohnenangriff des ukrainischen Geheimdienstes, der Russland nicht nur einen wirtschaftlichen Schaden zufüge, sondern auch die Treibstoffversorgung des Militärs erheblich erschwere.

Der Terminal-Betreiber Novatek, Russlands größter Flüssigerdgas-Produzent, musste wegen des Feuers nach eigenen Angaben einige Arbeiten an dem Terminal und in einem angrenzenden Komplex einstellen. Es wäre der dritte ukrainische Angriff auf große russische Energie-Anlagen binnen weniger Tage. Zuvor hatte die Ukraine ein Ostsee-Ölterminal in der zweitgrößten russischen Stadt St. Petersburg und ein Öl-Depot in der Grenzregion Brjansk mit Drohnen angegriffen.

Konfliktparteien als Quelle
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk hat bei einem Solidaritätsbesuch in Kiew die Verteidigung der Ukraine gegen den russischen Angriffskrieg als Kampf "zwischen Gut und Böse" bezeichnet. "Ich schäme mich nicht, diese großen Worte zu benutzen: Hier, in der Ukraine, verläuft die globale Front zwischen Gut und Böse", sagte Tusk bei seinem ersten Ukraine-Besuch seit seinem Amtsantritt.

Donald Tusk bei seinem Besuch in Kiew.

Donald Tusk bei seinem Besuch in Kiew.

Tusk sicherte Kiew dabei die anhaltende Unterstützung seines Landes zu. Niemand in Polen habe "auch nur irgendeinen Zweifel" an der fortgesetzten Unterstützung für die Ukraine, sagte Tusk bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in der ukrainischen Hauptstadt. Warschau werde weiterhin "alles tun, um die Chancen der Ukraine auf einem Sieg in diesem Krieg zu erhöhen". Tusk betonte zudem, dass in dem Krieg auch die polnische Sicherheit "auf dem Spiel steht".

Großbritannien entschärft die Reisewarnung für Teile der Ukraine. Die Lockerung betrifft dringende familiäre und geschäftliche Reisen in den Westen des Landes. In einer Erklärung des Außenministeriums wird auf die Widerstandsfähigkeit der Ukraine im Angesicht der russischen Invasion sowie die Stärke der Luftabwehr verwiesen. Vor Reisen in das restliche Land, einschließlich der Hauptstadt Kiew, werde weiter gewarnt.

Vor dem Oberlandesgericht Stuttgart hat ein Prozess um illegale Geschäfte mit Russland in Millionenhöhe begonnen. Die Anklage wirft einem Unternehmer Verstöße gegen das Außenwirtschaftsgesetz vor.

Der 55-Jährige soll sechs Werkzeugmaschinen und Zubehör im Wert von rund zwei Millionen Euro an einen russischen Waffenproduzenten geliefert haben. Die Verträge des Angeklagten mit dem russischen Waffenproduzenten sollen vom Frühjahr 2015 stammen.

Wegen der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim durch Russland im Frühjahr 2014 hatte die Europäische Union Handelsbeschränkungen für sogenannte Dual-Use-Güter mit doppeltem Verwendungszweck verhängt. Diese dürfen seitdem nur noch mit Genehmigung nach dem Außenwirtschaftsgesetz ausgeführt werden.

Polen und die Ukraine kommen bei Plänen für eine gemeinsame Herstellung von Munition und Waffen voran. Beide Seiten seien bereit, die Gespräche über Investitionen dafür abzuschließen, sagt Polens Ministerpräsident Donald Tusk nach Gesprächen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj bei einem Besuch in Kiew.

Auch im Streit über den Warentransit berichteten Tusk und Selenskyj von Fortschritten. Beide Länder hätten eine gemeinsame Auffassung zu Grenzfragen, die den Warentransit behinderten, sagt Tusk.

Selenskyj sagt, die Ukraine und Polen seien in der Lage, problematische Fragen zwischen beiden Ländern zu lösen, auch was die jüngsten polnischen Grenzproteste angehe. Er habe mit Tusk besprochen, dass alle kritischen Fragen auf Regierungsebene gelöst werden könnten, sagt Selenskyj bei einer Pressekonferenz mit dem polnischen Regierungschef. Die Arbeit daran werde in Kürze beginnen.

Ausländische Soldaten im Krieg in der Ukraine sollen zusätzlich zu ihrer eigenen auch die ukrainische Staatsbürgerschaft annehmen können. In den sozialen Netzwerken kündigte Präsident Wolodymyr Selenskyj eine Gesetzesreform zur Staatsbürgerschaft an, die ausländischen Kämpfer zugute kommen soll, "die für die Freiheit der Ukraine kämpfen, als wäre sie ihr Heimatland". 

Der Entwurf solle zudem auch Ukrainern die Möglichkeit einer doppelten Staatsbürgerschaft ermöglichen, erklärte Selensky. Eine Ausnahme bildet demnach eine doppelte Staatsbürgerschaft mit der russischen. Bislang mussten Menschen, die in der Ukraine eine Einbürgerung beantragten, ihre bisherige Staatsbürgerschaft abgeben. 

Nach einem Feuer im russischem Ostseehafen Ust-Luga hat Moskau der Ukraine vorgeworfen, das dortige Gas-Terminal angegriffen zu haben. Die Regierung in Kiew zeige "weiter ihr bestialisches Gesicht", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. "Sie greifen zivile Infrastruktur, Menschen an", fügte er hinzu. Bereits zuvor hatte die Betreiberfirma des Terminals angegeben, der Brand sei durch einen "externen Faktor" ausgelöst worden. 

Die mehr als 850 Kilometer von der Ukraine entfernte Anlage des Unternehmens Nowatek, Russlands größtem Exporteur von Flüssiggas (LNG), war am Sonntag in Brand geraten. Die Mitarbeiter wurden Behördenangaben zufolge evakuiert, es gab demnach keine Verletzten. Das Feuer war der jüngste Vorfall in einer Reihe mutmaßlich ukrainischer Angriffe auf russische Energieanlagen.

Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk will mit der Kiewer Führung mehr westliche Hilfe für die von Russland angegriffene Ukraine mobilisieren. Dies sei eines der Hauptziele seines Besuchs, sagte Tusk in der ukrainischen Hauptstadt. Zugleich wolle er zeigen, dass Polen "der zuverlässigste und stabilste Verbündete der Ukraine in diesem tödlichen Kampf gegen das Böse" sei.

Die russische Invasion betreffe die Sicherheit der ganzen Welt, aber insbesondere Polens wegen der geografischen Nähe "Es gibt nichts Wichtigeres, als die Ukraine bei ihren Kriegsanstrengungen gegen den russischen Angriff zu unterstützen", sagte Tusk nach Angaben der Agentur PAP vor Reportern.

Der neue polnische Ministerpräsident Donald Tusk ist zu Gesprächen in Kiew eingetroffen. Er werde mit Präsident Wolodymyr Selenskyj und Regierungspräsident Denys Schmhal zusammentreffen, meldete die polnische Agentur PAP. In Kiew wollte Tusk als erstes der ukrainischen Soldaten gedenken, die durch Russlands Angriffskrieg getötet worden sind. Wie üblich war die Reise aus Sicherheitsgründen vorher nicht öffentlich bekannt gemacht worden.

Polen hat sein Nachbarland Ukraine seit dem russischen Angriff vom Februar 2022 energisch militärisch unterstützt und die größte Zahl von Flüchtlingen aufgenommen. Probleme gibt es, weil polnische Bauern und Fuhrunternehmer sich durch ukrainische Konkurrenz bedroht fühlen. Der liberale Ministerpräsident Tusk, früher auch EU-Ratspräsident, hat im vergangenen Dezember sein Amt angetreten.

Die Ukraine hat nach eigenen Angaben in der Nacht zu Montag acht russische Angriffsdrohnen abgewehrt. Moskau habe von der russischen Region Primorsko-Achtarsk am Westufer des Asowschen Meeres aus angegriffen, erklärte die ukrainische Luftwaffe. Demnach wurden die Shahed-Drohnen aus iranischer Produktion von Abwehrsystemen in mehreren südlichen und zentralen Regionen der Ukraine abgeschossen. Meldungen über Schäden durch herabfallende Trümmer gibt es bislang nicht.

Der Drohnenangriff folgte auf mehrere Angriffe auf Öldepots in der russischen Grenzregion, zu denen sich Kiew bislang offiziell nicht geäußert hat. Gegenüber der Nachrichtenagentur AFP bekannten sich Quellen in den ukrainischen Sicherheitsdiensten jedoch zu einigen dieser Angriffe. Am Sonntag hatte Russland einen Brand in einem Gas-Terminal im Ostseehafen Ust-Luga gemeldet. Der Betreiber Nowatak nannte als Ursache für das Feuer einen "externen Faktor".

Karte Ukraine, schraffiert: von Russland besetzte Gebiete

Schraffiert: von Russland besetzte Gebiete

Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine beginnt heute das größte NATO-Manöver seit Jahrzehnten. Bei der Militärübung "Steadfast Defender" (Standhafter Verteidiger) exerzieren rund 90.000 Soldaten aus 31 Bündnisstaaten und dem Beitrittsanwärter Schweden bis Ende Mai.

Das Militärbündnis bereitet sich mit der Übung nach Angaben des Vorsitzenden des NATO-Militärausschusses, Rob Bauer, "auf einen Konflikt mit Russland und Terrorgruppen vor".

Das ukrainische Militär hat nach russischen Angaben die von Moskau besetzte Halbinsel Krim mit Raketen angegriffen. Russland hat ein kleines Dorf in der ostukrainischen Region Charkiw eingenommen. Der Liveblog vom Sonntag zum Nachlesen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 22. Januar 2024 um 08:25 Uhr.