Krieg gegen die Ukraine ++ Konzerne wollen 250.000 Ukrainerinnen ausbilden ++
Große Unternehmen haben sich bereiterklärt, in Europa mehr als 250.000 aus der Ukraine geflohene Frauen auszubilden und einzustellen. Die ukrainische Armee hat nach Regierungsangaben ein weiteres Dorf zurückerobert. Die Entwicklungen vom Montag zum Nachlesen.
- Konzerne wollen 250.000 Ukrainerinnen ausbilden und einstellen
- Bundeskanzler Scholz: Krieg wird noch eine Weile andauern
- Russland meldet Beschuss von Grenzregionen
- UN werfen Russland Blockade von Hilfen vor
Ende des Liveblogs
Damit schließen wir den Liveblog für heute. Vielen Dank für Ihr Interesse.
Selenskyj: Ukrainische Truppen rücken vor
Die ukrainischen Truppen sind nach Angaben von Präsident Wolodymyr Selenskyj an einigen Stellen entlang der Front vorgerückt. Die Soldaten hätten keine Stellungen verloren, sondern einige befreit, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache. Gleichzeitig hätten die Besatzer ihre Angriffe verstärkt. Eine unabhängige Überprüfung seiner Angaben war nicht möglich.
Das russische Militär ging laut der stellvertretenden ukrainischen Verteidigungsministerin Hanna Maliar auch in die Offensive. Russland habe eine beträchtliche Anzahl seiner Militäreinheiten, insbesondere Luftlandetruppen, im Osten der Ukraine konzentriert, teilte Maliar im Netzwerk Telegram mit. Sie verstärkten die russische Offensive rund um Kupjansk in der Provinz Charkiw im Nordosten und in Lyman in der Provinz Donezk im Osten.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Macron: Flugabwehrsystem Samp/T in der Ukraine im Einsatz
Frankreich und Italien haben der Ukraine das Flugabwehrsystem Samp/T geliefert, das inzwischen in dem von Russland angegriffenen Land im Einsatz ist. Das System schütze dort Schlüsselinstallationen und Menschenleben, sagte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron in Paris. Samp/T ist ein von Frankreich und Italien seit Anfang der 2000er Jahre gemeinsam entwickeltes Luftabwehrsystem. Es gilt als flexibel einsetzbar und effektiv für die Verteidigung gegen Flugzeuge und Raketen. Italien hat fünf Einheiten im Einsatz. Das System inklusive Abschussvorrichtung für die Raketen ist auf Lastwagen montiert.
Ukraine: Rüstungsfirmen sollen sich im Land niederlassen
Die Ukraine spricht sich für eine Niederlassung westlicher Rüstungsunternehmen auf seinem Staatsgebiet aus. Die künftige Abschreckung werde eine starke Verteidigungsindustrie in der Ukraine und starke ukrainische Streitkräfte erfordern, sagt Sergyj Bojew, Vize-Minister für Strategische Industrien, der Nachrichtenagentur Reuters auf der Paris Luftfahrtmesse. "Deshalb halten wir es für so wichtig, dass internationale Partner in die Ukraine kommen, eine Produktion aufbauen und die Ukraine in den Sicherheitsrahmen der freien Welt einbinden."
Nawalny kündigt neue Kampagne gegen Putin an
Der inhaftierte Kreml-Kritiker Alexej Nawalny hat eine neue Kampagne gegen Russlands Präsidenten Wladimir Putin und den Krieg in der Ukraine angekündigt. "Wir werden einen Wahlkampf gegen den Krieg führen. Und gegen Putin", erklärte er. "Einen langen, hartnäckigen, anstrengenden, aber grundlegend wichtigen Wahlkampf, in dem wir die Menschen gegen den Krieg aufbringen werden." Trotz des Verbotes seiner Bewegung könne diese durch gezielte Botschaften großen Einfluss haben, da "jede Oma inzwischen WhatsApp und Telegram hat". Nawalny sagte voraus, dass die Kampagne von den Behörden als "illegal und subversiv" eingestuft werde. Trotzdem werde man sich mit aller Macht stemmen gegen "den Apparat des Kriegs, der Korruption und der Dummheit".
Nawalny äußert sich über seine Anwälte auf sozialen Medien. Eine Stellungnahme der russischen Regierung lag zunächst nicht vor. Die nächste Präsidentenwahl in Russland ist für 2024 angesetzt. Putin hat bislang nicht angekündigt, ob er wieder antreten wird.
Ukraine: Gegenoffensive "planmäßig", aber "schwere Lage"
Das ukrainische Militär hat von einem planmäßigen Verlauf der eigenen Gegenoffensive gesprochen - zugleich aber eine "schwere Lage" an der Front eingeräumt. Im Süden des Landes sei man auf "erbitterten Widerstand" der russischen Besatzer gestoßen, schrieb der ukrainische Oberbefehlshaber Walerij Saluschnyj bei Telegram. Der Vormarsch der Ukrainer werde durch Befestigungen, dichte Minenfelder und eine "große Zahl an Reserven" behindert. "Die Operation wird nach Plan fortgesetzt", versicherte Saluschnyj aber.
In einem Video zeigte er sich zudem zusammen mit Generalstabschef Serhij Schaptala in einem Kommandozentrum in Frontnähe. Saluschnyj konterte damit wohl auch Gerüchten in russischen Staatsmedien, die seit einiger Zeit immer wieder behaupten, er sei angeblich bei einem Raketenangriff im Mai schwer verletzt worden. Die ukrainische Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar berichtete derweil von einer "schweren Lage" und heftigen Kämpfen auch in der Ostukraine. Das russische Militär versuche bei Kupjansk im Gebiet Charkiw und bei Lyman im angrenzenden Luhansker Gebiet, die Initiative zurückzugewinnen, teilte sie mit.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Wiederaufbau: Ukraine will sich auf "grünen Stahl" konzentrieren
Die Ukraine will sich beim Wiederaufbau ihrer Wirtschaft zunächst auf die Produktion von sogenanntem grünen Stahl konzentrieren. "Wenn man schon neu bauen muss, ist es logisch, grün und im Einklang mit neuen Technologien zu bauen", sagte Rostyslaw Schurma, ein Berater von Präsident Wolodymyr Selenskyj, der Nachrichtenagentur Reuters. "Unsere Vision ist der Aufbau einer 50 Millionen Tonnen schweren grünen Stahlindustrie in der Ukraine."
Damit könne das Land der weltweit billigste Produzent von derartigem, vergleichsweise umweltfreundlichem Stahl werden, der ohne fossile Brennstoffe hergestellt wird. Viele der alten und jetzt beschädigten Anlagen seien in der Nähe der Kohle-Vorräte gebaut worden, sagte Schurma. Nun könne man sich an den Eisenerz-Lagern orientieren und die Donbass-Region meiden.
Russland hält große Teile dieser Region besetzt und hat sie einseitig zu seinem Staatsgebiet erklärt. Die Eisen- und Stahlindustrie trug 2021 etwa zehn Prozent zur Wirtschaftsleistung (BIP) der Ukraine bei und war für ein Drittel der Exportumsätze verantwortlich. In ihr waren 600.000 Menschen beschäftigt. Allerdings gingen auch 15 Prozent des Treibgas-Ausstoßes des Landes auf sie zurück.
Pistorius will offenbar Munitionsbeschaffung beschleunigen
Wegen der verschärften Sicherheitslage durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine will Verteidigungsminister Boris Pistorius einem Bericht zufolge schneller mehr Munition für die Bundeswehr einkaufen. Das Ministerium plane, dem Haushaltsausschuss des Bundestags noch vor der parlamentarischen Sommerpause neun Verträge für den beschleunigten Ankauf von Artillerie- und Panzermunition vorzulegen, berichtete der "Spiegel" am Montag.
Demnach soll zum einen aus bestehenden Rahmenverträgen mit der Industrie mehr Munition als bisher geplant abgerufen werden; so sollen beispielsweise die Firmen Rheinmetall und Diehl in den kommenden Jahren mehr Artilleriemunition für die Bundeswehr liefern. Daneben sind dem Bericht zufolge aber auch neue Rahmenverträge geplant. Das Vorziehen der Beschaffung sei "der geänderten Sicherheitslage geschuldet" und diene "dem beschleunigten Aufwuchs eigener Bestände der Bundeswehr", zitierte das Magazin aus vertraulichen Papieren für den Haushaltsausschuss.
Konzerne wollen 250.000 Ukrainerinnen ausbilden und einstellen
Dutzende große internationale Unternehmen haben sich bereiterklärt, in Europa über 250.000 aus der Ukraine geflohene Frauen sowie Geflüchtete aus anderen Ländern auszubilden und einzustellen. Diese Zusage machten die Konzerne, worunter auch Unternehmen mit Niederlassungen in Deutschland sind, in Paris bei einer Konferenz der Organisation "Tent Partnership for Refugees".
Diese wurde von dem kurdischen Unternehmer Hamdi Ulukaya ins Leben gerufen, der es als Einwanderer in den USA zu einem Milliardenvermögen brachte. Alleine die großen Zeitarbeitsfirmen wollen rund 150.000 Geflüchtete in Arbeit vermitteln.
London will gesperrtes russisches Vermögen für Ukraine nutzen
Großbritannien will beschlagnahmtes russisches Vermögen zur Finanzierung des Wiederaufbaus der Ukraine freigeben. Gesetzlich solle festgelegt werden, dass Sanktionen bis zur Zahlung von Schadenersatz aufrechterhalten bleiben können und eingefrorene Vermögenswerte genutzt werden dürfen, teilte die Regierung in London mit.
In der britischen Hauptstadt findet an diesem Mittwoch und Donnerstag eine Konferenz statt, um den Aufbau der kriegszerstörten Ukraine zu besprechen. Russinnen und Russen, die mit britischen Sanktionen belegt wurden, aber die Ukraine unterstützen wollen, hätten nun die Möglichkeit, "das Richtige zu tun - indem sie ihre eingefrorenen Gelder für den Wiederaufbau der Ukraine spenden", hieß es. Vermögenswerte würden freigegeben, wenn die Besitzer explizit beantragen, dass das Geld der Ukraine zugutekommt. Niemand werde dazu gezwungen. Zugleich betonte die Regierung, eine Zustimmung werde nicht strafmildernd gewertet.
Ukraine meldet Rückeroberung von weiterem Dorf
Die ukrainische Armee hat nach Regierungsangaben ein weiteres Dorf von der russischen Armee zurückerobert. Das Dorf Pjatychatky im Süden des Landes sei wieder in ukrainischer Hand, teilte Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar in Onlinediensten mit. Damit seien seit Beginn der ukrainischen Gegenoffensive in diesem Monat insgesamt acht Siedlungen "befreit" und 113 Quadratkilometer Land zurückerobert worden.
Im Süden seien die ukrainischen Kräfte bis zu sieben Kilometer an die russischen Stellungen herangerückt, erklärte Maljar. An der Front im Osten habe indessen "die allgemeine Intensität der Kämpfe in der vergangenen Woche nachgelassen". Die ukrainische Armee sei dort "in mehrere Richtungen vorgerückt".
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Gericht in Moldau erklärt pro-russische Shor-Partei für verfassungswidrig
In der im Zuge des Ukraine-Krieges bedrängten Republik Moldau hat das Verfassungsgericht die pro-russische Shor-Partei für verfassungswidrig erklärt. Sie sollte verboten werden, heißt es in dem am Montag verkündeten Urteil. Die Partei des Geschäftsmannes Ilan Shor, die vielen als Handlager Russlands gilt, hat in den vergangenen Monaten Proteste gegen die pro-westliche Regierung angeführt.
Westliche Staaten und die Führung in Chisinau werfen ihr vor, die Republik Moldau destabilisieren zu wollen. Präsidentin Maia Sandu hat mehrfach erklärt, Russland wolle den Beitritt ihres Landes zur EU verhindern und es im Krieg gegen die benachbarte Ukraine einsetzen.
Stoltenberg lobt Deutschlands Neuaufstellung im Verteidigungsbereich
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat Deutschlands Neuaufstellung im Verteidigungsbereich gelobt. Die Nationale Sicherheitsstrategie sei ein klares Bekenntnis Deutschlands "zu unserer kollektiven Verteidigung, zur transatlantischen Verbindung zur Nato und auch zur Notwendigkeit, mehr in die Verteidigung zu investieren", sagte Stoltenberg nach einem Gespräch mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Berlin.
Stoltenberg plant mit Ende seiner Amtszeit im Herbst
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg will seine Amtszeit nicht noch einmal verlängern. "Ich habe nichts Neues zu berichten", sagt er in Berlin zu Berichten, dass ihn die Nato-Staaten bitten könnten, über Herbst hinaus im Amt zu bleiben. "Ich habe keine Absicht, eine Verlängerung meines Mandats anzustreben", sagt er. Sein eigener Plan sei es, sich auf seine Arbeit als Generalsekretär zu konzentrieren und die Aufgaben zu erfüllen "bis meine Amtszeit im Herbst endet".
Die NATO-Staaten haben sich bisher nicht auf einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin einigen können, weshalb die Bitte an Stoltenberg im Raum steht, weiterzumachen. Stoltenberg, dessen Amtszeit bereits einmal verlängert wurde, will aber Chef der norwegischen Zentralbank werden.
Keine formelle Einladung an Ukraine zu Beitritt
Die NATO wird der Ukraine laut Generalsekretär Jens Stoltenberg beim anstehenden Gipfel der Allianz keine formelle Einladung zum Beitritt aussprechen. "Beim Gipfel in Vilnius und in der Vorbereitung des Gipfels reden wir nicht über eine formelle Einladung", sagt Stoltenberg nach einer Unterredung mit Bundeskanzler Olaf Scholz in Berlin.
Bei dem Treffen in der litauischen Hauptstadt am 11. und 12. Juli werden die Staats- und Regierungschefs der 31 Bündnisstaaten laut Stoltenberg aber darüber sprechen, wie die Ukraine näher an die Nato herangeführt werden kann. Zugleich betonte Stoltenberg: "Wir alle wollen, dass dieser Krieg endet, aber ein gerechter Frieden kann nicht ein eingefrorener Konflikt sein."
Stoltenberg: Gegenoffensive stärkt Verhandlungsposition
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg sieht in einer erfolgreichen Gegenoffensive der Ukraine auch die Grundlage für eine starke Verhandlungsposition mit Russland. "Je mehr Land die Ukrainer in der Lage sind zu befreien, desto stärker werden sie dann am Verhandlungstisch sein können", sagte Stoltenberg heute in Berlin bei einer Pressekonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).
Er sagte: "Wir wollen alle, dass dieser Krieg endet. Aber ein gerechter Frieden kann nicht dazu führen, dass der Konflikt eingefroren wird und ein Diktatfriede Russlands akzeptiert wird." Die NATO stehe an der Seite der Ukraine und unterstütze ihr Recht auf Selbstverteidigung, wie in der UN-Charta verankert.
Kreml: Sicherheit für UN-Vertreter in Flutregion nicht gewährleistet
Nach Angaben aus dem Kreml lässt Russland Vertreter der Vereinten Nationen (UN) wegen Sicherheitsproblemen nicht in die Flutregion südlich des zerstörten Kachowka-Staudamms in der Ukraine. "Das ist alles sehr schwer. Es ist schwer, ihre Sicherheit zu gewährleisten und viele andere Nuancen", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow heute der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Zuvor hatten die Vereinten Nationen beklagt, keinen Zugang zu den russisch besetzten Überschwemmungsgebieten zu bekommen.
Scholz: Krieg wird noch eine Weile andauern
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) geht davon aus, dass der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine noch eine Weile andauern wird. Bei einem Treffen mit NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte Scholz für Pressevertretern: "Wir sollten uns darauf einstellen, dass der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine noch lange dauern kann. Darauf bereiten wir uns vor und richten auch unsere Politik danach aus."
Stoltenberg wies seinerseits darauf hin, dass die NATO der Ukraine auf dem Mitte Juli stattfindenden Gipfel im litauischen Vilnius keine Einladung aussprechen wird, der Allianz beizutreten.
UN-Koordinatorin fordert Zugang zu Überschwemmungsgebieten
Die Vereinten Nationen (UN) haben für ihre humanitären Dienste Zugang zu den von den Fluten des Kachowka-Staudammbruch betroffenen südukrainischen Gebieten unter russischer Kontrolle gefordert. Die Koordinatorin humanitärer UN-Hilfe für die Ukraine, Denise Brown, sagte in einer Erklärung, die russischen Behörden hätten entsprechende Bitten bisher abgelehnt. "Wir bitten die russischen Behörden dringend, in Übereinstimmung ihrer Verpflichtungen unter dem internationalen humanitären Recht zu handeln", erklärte Brown lauit der Nachrichtenagentur dpa.
Den Menschen auf beiden Seiten des Dnipros, auch auf der russisch besetzten östlichen, müsse angesichts der "verheerenden Zerstörung" geholfen werden. Der Dammbruch ereignete sich am 6. Juni inmitten der Vorbereitungen einer seit längerem erwarteten ukrainischen Offensive.
Schweden will Angriff Russlands nicht ausschließen
Nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine halten es Verteidigungsexperten im NATO-Anwärterland Schweden nicht für unmöglich, dass auch ihr Land angegriffen werden könnte. "Ein bewaffneter Angriff auf Schweden kann nicht ausgeschlossen werden", schrieb der Verteidigungsausschuss Försvarsberedningen in einem veröffentlichten sicherheitspolitischen Teilbericht. Dass Russlands Streitkräfte in der Ukraine gebunden seien, begrenze zwar die Möglichkeiten, diese Ressourcen in anderen Weltregionen zu nutzen, schrieb das Gremium.
Diese Einschätzung bedeute aber nicht, dass Russland nicht in der Lage wäre, in der unmittelbaren Umgebung Schwedens militärisch zu agieren. Moskau habe seine Hemmschwelle zum Einsatz militärischer Gewalt gesenkt und eine hohe politische wie militärische Neigung zum Risiko gezeigt. Russlands Vermögen, Einsätze gegen Schweden mit Luft- oder Seestreitkräften, Langstreckenwaffen oder Kernwaffen durchzuführen, bleibe intakt.
UN-Hochkommissar fordert Ermittlungen
Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, hat vollen Zugang von Ermittlern zu den russisch besetzten Gebieten in der Ukraine gefordert. Beauftragte des UN-Menschenrechtsrats müssten in den besetzten Regionen ermitteln und gefangene ukrainische Soldaten und Zivilisten sowie verschleppte Kinder aufsuchen dürfen, erklärte Türk in Genf.
Zum Auftakt der 53. Sitzung des UN-Menschenrechtsrates prangerte Türk auch die Unterdrückungspolitik innerhalb Russlands an. Die Regierung unter Präsident Wladimir Putin lasse Menschenrechtsaktivisten und politische Gegner durch die Justiz verfolgen, und es gebe immer wieder Berichte von Misshandlungen und Folter.
Moskau: Angriff auf Dorf abgewehrt
Russlands Verteidigungsministerium erklärte laut der Nachrichtenagentur Reuters, seine Streitkräfte hätten einen ukrainischen Versuch vereitelt, das Dorf Nowodonezke in der Region Donezk einzunehmen, wo sich die Gegenoffensive der Ukraine konzentriere.
London: Russland gruppiert nach Staudamm-Zerstörung Kräfte um
Nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms im Süden der Ukraine hat Russland nach Erkenntnissen britischer Geheimdienste höchstwahrscheinlich große Truppenkontingente an andere Frontabschnitte verlegt. "Die Umgruppierung der Heeresgruppe Dnipro spiegelt wahrscheinlich die russische Auffassung wider, dass ein größerer ukrainischer Angriff über den (Fluss) Dnipro nach dem Einsturz des Kachowka-Staudamms und den daraus resultierenden Überschwemmungen jetzt weniger wahrscheinlich ist", teilte das Verteidigungsministerium in London heute mit.
Vermutet wird, dass der Damm von Russland zerstört wurde. Die bisher am östlichen Ufer des Flusses Dnipro stationierten Einheiten verstärkten nun die Abschnitte im Gebiet Saporischschja und bei Bachmut im Osten, hieß es in dem Bericht weiter. "Darunter sind womöglich Tausende Soldaten der 49. Armee, inklusive der 34. motorisierten Brigade, sowie der Luftlandetruppen und Marineinfanterieeinheiten."
Russland meldet Beschuss von Grenzregionen
Die russische Region Belgorod ist nach Angaben ihres Gouverneurs in der Nacht erneut unter ukrainischen Beschuss geraten. Das vermeldet die Nachrichtenagentur Reuters. Getroffen habe es die Gegend um den Ort Waluiki im Grenzgebiet. Dabei seien sieben Zivilisten verletzt worden, darunter ein Kind, teilte Wjatscheslaw Gladkow mit. Fünf mehrstöckige Gebäude und vier Häuser seien beschädigt worden.
Auch Roman Starowojt, der Gouverneur der ebenfalls an die Ukraine grenzenden russischen Region Kursk, meldete ukrainische Angriffe. Zwei Dörfer seien beschossen worden. Nach ersten Informationen habe es keine Opfer gegeben.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Kiew: Zurückeroberung von acht Ortschaften
Ukrainische Truppen haben laut der ukrainischen Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar in den vergangenen zwei Wochen acht Ortschaften zurückerobert. In einer Meldung im Kurznachrichtendienst Telegram schrieb sie, es seien in Richtung Berdjansk und Melitopol "acht Ortschaften befreit worden".
Ein russischer Offizieller hatte zuvor mitgeteilt, ukrainische Truppen hätten die Ortschaft Pjatychatky in der Region Saporischschja zurückerobert.
Schraffiert: von Russland besetzte Gebiete
UN erheben Vorwürfe gegen Moskau
Die Vereinten Nationen haben Russland vorgeworfen, weiterhin humanitäre Hilfslieferungen in die von Moskau kontrollierten Gebiete zu verhindern, die von der Zerstörung des Kachowka-Staudamms betroffen sind. "Die Regierung der Russischen Föderation hat unsere Anfrage nach Zugang zu den vorübergehend unter ihrer militärischen Kontrolle stehenden Gebieten bislang abgelehnt", teilte die humanitäre UN-Koordinatorin für die Ukraine, Denise Brown, mit.
Die UN werde "weiterhin alles tun, was sie kann, um alle Menschen zu erreichen - darunter diejenigen, die wegen der vor kurzem erfolgten Zerstörung des Staudamms leiden - die dringend lebensrettende Hilfe benötigen, unabhängig davon, wo sie sind", erklärte Brown. Die UN fordere die russischen Behörden auf, "entsprechend ihrer Verpflichtungen nach internationalem humanitären Recht zu handeln".
Selenskyj: Moskau soll Russen auf Gebietsverluste vorbereiten
Russland sollte seine Bürger aus Sicht des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj auf den Verlust von besetzten Gebieten vorbereiten. Russland habe nicht nur seine eigene Zukunft vernichtet, um die Territorien einzunehmen, sondern werde auch alle Gebiete verlieren, sagte Selenskyj in seiner allabendlichen Videoansprache. "Für unsere Schritte einer De-Okkupation gibt es keine Alternative und wird es keine geben."
Der Liveblog vom Sonntag zum Nachlesen
Nach Ansicht des Bundeswehr-Generals Freuding gibt es erste ukrainische Erfolge, aber auch gut vorbereitete russische Stellungen. Nach britischer Einschätzung erleiden beide Seiten derzeit hohe Verluste.