Krieg gegen die Ukraine ++ Zehntausende neue Soldaten für russische Armee ++
Russlands Streitkräfte haben nach eigenen Angaben allein in diesem Jahr große Verstärkung bekommen. Indiens Ministerpräsident Modi wird zu Gesprächen in Russland erwartet. Die Entwicklungen vom Donnerstag zum Nachlesen.
- Russland verstärkt Armee mit Freiwilligen und Zeitsoldaten
- Modi reist zu Gesprächen mit Putin nach Russland
- Ukraine gibt Stadtteil von Tschassiw Jar auf
- Ukraine: Zwei Tote bei Angriff auf Region Saporischschja
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Spekulationen um Orban-Besuch im Kreml
Zwei Tage nach Viktor Orbans Besuch in Kiew flammen Gerüchte auf, dass der ungarische Ministerpräsident am Freitag Moskau besuchen will. "Die Gerüchte über Ihren Besuch in Moskau können nicht wahr sein, Ministerpräsident Viktor Orban, oder doch?", schrieb der polnische Ministerpräsident Donald Tusk auf der Plattform X. Zuvor hatten mehrere Medien über den möglichen Besuch berichtet, darunter die Financial Times.
EU-Ratspräsident Charles Michel benannte die Gerüchte um den Besuch zwar nicht konkret, mahnte aber an, dass die rotierende EU-Präsidentschaft kein Mandat habe, im Namen der EU gegenüber Russland zu verhandeln. "Der Europäische Rat ist sich darüber im Klaren: Russland ist der Aggressor, die Ukraine das Opfer. Diskussionen über die Ukraine können ohne die Ukraine nicht stattfinden." Ungarn hat seit Montag die regelmäßig wechselnde EU-Ratspräsidentschaft inne.
Es wäre der erste Moskau-Besuch eines europäischen Staats- oder Regierungschefs seit einer Visite des österreichischen Bundeskanzlers Karl Nehammer im April 2022. Am Montag hatte Orban allerdings angekündigt, es werde "überraschende Neuigkeiten aus überraschenden Orten geben".
Russland verstärkt Armee mit Freiwilligen und Zeitsoldaten
Trotz ihrer schweren Verluste in der Ukraine haben die russischen Streitkräfte nach eigenen Angaben keinen Personalmangel. Allein in diesem Jahr sei die russische Armee durch 190.000 Freiwillige und Zeitsoldaten verstärkt worden, teilte der Vize-Vorsitzende des Nationalen Sicherheitsrates, Dmitri Medwedew, mit. Damit sei die vom Kreml gestellte Aufgabe der Verpflichtung von Vertragsbediensteten und Freiwilligen erfüllt, sagte Russlands Ex-Präsident bei einem Treffen im Verteidigungsministerium.
Die russischen Streitkräfte erleiden an den Fronten der Ukraine hohe Verluste. Nach Schätzungen der ukrainischen Militärführung sind seit Beginn des russischen Angriffskriegs vor über zwei Jahren bereits knapp 550.000 russische Soldaten getötet oder verwundet worden.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Kiew legt sich auf Produktion von Drohnen fest
Die oberste Militärführung der Ukraine hat sich bei ihrer jüngsten Sitzung auf die künftige Produktion und den Einsatz von Drohnen festgelegt. Bei der Entscheidung seien diverse Faktoren berücksichtigt worden, angefangen von der Beliebtheit bestimmter Drohnen bei der Truppe bis hin zum Einsatz von sogenannten Langstreckendrohnen, sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache.
Russische Abgeordnete dürfen nicht mehr frei reisen
Russische Abgeordnete und Senatoren dürfen ohne Erlaubnis künftig nicht mehr frei ins Ausland reisen. Wenn die Volksvertreter, die bisweilen Zugang zu sensiblen Informationen oder sogar Staatsgeheimnissen haben, ohne Genehmigung etwa im Ausland Urlaub machen, droht ihnen der Mandatsverlust. Dazu verabschiedete die Staatsduma jetzt ein Gesetz.
Zuvor hatte es bisweilen massive Kritik in Russland an Reisen von Abgeordneten ins Ausland gegeben, die in sozialen Netzwerken auch Bilder von ihren Luxustouren veröffentlicht hatten, während viele ihrer Landsleute im Kriegsdienst an der Front in der Ukraine im Einsatz sind, verletzt werden oder sterben. Für Reisen ins Ausland müssen die Duma-Abgeordneten und Senatoren des Föderationsrates nun vorher eine Erlaubnis einholen. Mit Ausnahme von Dienstreisen dürften sie künftig wohl kaum noch ohne Auflagen privat ins Ausland reisen können.
Russland: Inhaftierter Franzose muss im Gefängnis bleiben
Ein Antrag auf Hausarrest des in Russland inhaftierten Franzosen Laurent Vinatier ist in einem Berufungsverfahren abgelehnt worden. Das Gericht in Moskau hielt an einer vorhergegangenen Entscheidung fest, wonach Vinatier mindestens bis zum 5. August in Untersuchungshaft bleiben muss.
Vinatier, der für die Schweizer Nichtregierungsorganisation Zentrum für Humanitären Dialog (HD) tätig ist, war am 6. Juni in Moskau festgenommen worden. Dem 47-Jährigen wird vorgeworfen, sich nicht als "ausländischer Agent" registriert zu haben. Das Gesetz über "ausländische Agenten" wird von den russischen Behörden genutzt, um gegen Kritiker und Gegner vorzugehen oder diese zu überwachen. Vinatier drohen im Falle einer Verurteilung wegen dieses Vorwurfs bis zu fünf Jahre Haft.
Den Franzosen wird jedoch auch zur Last gelegt, Informationen über das russische Militär gesammelt zu haben, die "gegen die Sicherheit des Staates verwendet werden könnten". Dies könnte bei einer Verurteilung eine höhere Strafe zur Folge haben.
Putin betont Verhandlungsbereitschaft
Kremlchef Putin hat vor mehreren Staatschefs die Bereitschaft Russlands zu Friedensverhandlungen in seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine betont. Beim Gipfel der für Sicherheitsfragen gegründeten Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) sagte er, dass Russland stets für eine politisch-diplomatische Lösung des Konflikts eingetreten sei. Moskau, das seit mehr als zwei Jahren einen zerstörerischen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt, habe zuletzt auch Vorschläge für ein Ende der Kampfhandlungen gemacht. Moskau besteht darauf, dass die Ukraine auf besetzte Gebiete verzichtet, was Kiew ablehnt.
Modi reist zu Gesprächen mit Putin nach Russland
Indiens Ministerpräsident Narendra Modi reist Anfang nächster Woche zu Gesprächen mit Präsident Wladimir Putin nach Russland. Putin und Modi würden bei den Beratungen die Aussichten für den weiteren Ausbau der bilateralen Beziehungen sowie internationale und regionale Fragen erörtern, teilt das russische Präsidialamt mit.
Indien versucht im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine neutral zu bleiben. Modi hat wiederholt beide Seiten zu Dialogbereitschaft aufgefordert, sich insgesamt aber mit Kritik an Russlands Vorgehen zurückgehalten. Stattdessen hat das wirtschaftlich eng mit Russland verbundene Land verstärkt russisches Öl gekauft, was der Regierung in Moskau haf, die Auswirkungen der westlichen Sanktionen abzumildern.
Ukraine gibt Stadtteil von Tschassiw Jar auf
Die Ukrainische Armee hat sich nach eigenen Angaben aus einem Teil der strategisch wichtigen ukrainischen Stadt Tschassiw Jar zurückgezogen. "Es war nicht mehr möglich, das Kanalviertel zu halten, nachdem der Feind eingedrungen war", sagte ein ukrainischer Militärsprecher.
Die Verteidigungsstellungen seien zerstört und das Leben der eigenen Soldaten gefährdet worden. Das Armeekommando habe sich für einen Rückzug auf besser geschützte Positionen entschieden. Doch auch dort setze der Feind seine Kampfhandlungen fort. Tschassiw Jar liegt in der ostukrainischen Region Donezk etwa 20 Kilometer westlich von Bachmut, das vor einem Jahr von russischen Truppen eingenommen und nach monatelangen heftigen Kämpfen dem Erdboden gleichgemacht wurde.
Karte der Ukraine, schraffiert: von Russland besetzte Gebiete
Baerbock: Russland wird größte Bedrohung bleiben
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock mahnt eine weitere Unterstützung der Ukraine durch die NATO an. "Russland wird auf absehbare Zeit die größte Bedrohung für unsere Sicherheit und Freiheit in Europa bleiben", sagt Baerbock in einer Bundestagsdebatte zum anstehenden NATO-Gipfel kommende Woche in Washington.
Der Westen müsse dagegen angehen, um Freiheit und Demokratie zu verteidigen. "Wir haben uns das nicht ausgesucht", sagte Baerbock. "Wir wollten das nicht." Deutschland habe dabei eine besondere Verantwortung und wegen seiner Russland-Politik verlorenes Vertrauen mittlerweile wieder zurückgewonnen. "Das dürfen wir auch in den Haushaltsverhandlungen nicht verspielen", mahnte die Ministerin mit Blick auf den aktuellen Streit in der Ampel über den Etat für das Jahr 2025.
Ukraine meldet zwei Tote bei Angriff auf Region Saporischschja
Bei einem russischen Angriff auf die südukrainische Region Saporischschja sind nach Angaben des örtlichen Gouverneurs zwei Menschen getötet worden. "Ein Mann und eine Frau starben durch feindlichen Beschuss", erklärte Gouverneur Iwan Fedorow im Onlinedienst Telegram. Ein weiterer Mann sei verletzt worden.
Russland führte nach Fedorows Angaben in den vergangenen 24 Stunden 391 Angriffe auf zehn Siedlungen aus. Russland hat die Region Saporischschja zwar für annektiert erklärt, sie kontrolliert sie aber nicht zur Gänze. Am Mittwoch hatte Moskau der Ukraine vorgeworfen, ein Umspannwerk in der Nähe des Atomkraftwerkes Saporischschja mit Drohnen angegriffen zu haben. Dabei seien acht Menschen verletzt worden.
Russland: Angriff in Ukraine zerstört Mig-29 Kampfjet
Russland hat nach eigenen Angaben bei einem Angriff auf einen Militärflugplatz im Zentrum der Ukraine ein Mig-29-Kampfflugzeug zerstört. Der Stützpunkt in Dolginzewo sei von einer ballistischen Rakete des Typs Iskander getroffen worden, erklärte das Verteidigungsministerium in Moskau. Dabei seien der Kampfjet sowie andere Ausrüstung und Fahrzeuge zerstört worden.
Das Ministerium veröffentlichte Bilder des Angriffs im Onlinedienst Telegram. Schon am Dienstag hatte Russland erklärt, fünf ukrainische Su-27-Kampfflugzeuge auf einer Basis nahe Myrgorod etwa 150 Kilometer von der russischen Grenze entfernt zerstört zu haben.
Ukraine: 21 von 22 russischen Drohnen abgeschossen
Die Ukraine hat nach eigenen Angaben einen russischen Drohnenangriff in der Nacht weitgehend abgewehrt. Die Luftabwehr habe 21 von 22 Angriffsdrohnen abgeschossen, teilt die Luftwaffe mit. Sie seien über sechs Regionen in der Nord- und Zentralukraine zerstört worden. Dabei habe es sich um Schahed-Drohnen aus iranischer Produktion gehandelt.
Ukraine bestreitet russische Kontrolle über Tschassiw Jar
Die Ukraine weist russische Berichte zurück, wonach russische Streitkräfte einen Bezirk der wichtigen ukrainischen Stadt Tschassiw Jar unter ihre Kontrolle gebracht haben. "Wir sehen kein Nachlassen der Artillerieangriffe. Der Feind setzt Artillerie und Mehrfachraketenwerfer ein", sagte der Sprecher der 24. Brigade der ukrainischen Streitkräfte, die die Stadt verteidigt, dem staatlichen Fernsehsender Suspilne. Die Lage sei "extrem schwierig", es gebe Kämpfe um den Kanal. "Die Situation bleibt angespannt. Aber die 24. Brigade hält ihre Stellungen."
Das russische Verteidigungsministerium hatte zuvor erklärt, seine Streitkräfte hätten einen Bezirk der Stadt unter ihre Kontrolle gebracht. Tschassiw Jar liegt etwa 20 Kilometer westlich von Bachmut, das vor einem Jahr von russischen Truppen eingenommen und nach monatelangen heftigen Kämpfen dem Erdboden gleichgemacht wurde. Beide Seiten betrachten Tschassiw Jar als strategischen Standort.
Der Liveblog vom Mittwoch zum Nachlesen
Acht Mitarbeiter des Atomkraftwerks Saporischschja sind laut Moskauer Angaben bei einem Drohnenangriff verletzt worden. Bei einem russischen Angriff auf die Großstadt Dnipro gab es fünf Tote.