Auf der Dover Air Force Base werden Munition, Waffen und Ausrüstung für die Ukraine für den Transport vorbereitet.
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Krieg gegen die Ukraine ++ USA kündigen weitere Militärhilfen an ++

Stand: 10.11.2022 22:01 Uhr

Die USA wollen die Ukraine mit mehr militärischer Ausrüstung unterstützen. Die Verhandlungen über eine Schutzzone um das Atomkraftwerk Saporischschja gestalten sich laut der IAEA kompliziert. Der Liveblog zum Nachlesen.

10.11.2022 • 22:01 Uhr

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Die Ukraine hat nach Aussage von Präsident Wolodymyr Selenskyj 41 Siedlungen im Süden des Landes von Russland zurückerobert. In seiner abendlichen Videoansprache verweist Selenskyj auf die damit einhergehenden Opfer unter den ukrainischen Truppen, die nie vergessen werden dürften. Konkrete Zahlen nannte er nicht.

Der russische Abzug aus dem südukrainischen Cherson wird ukrainischen Angaben zufolge mindestens eine Woche dauern. Die Regierung in Moskau habe 40.000 Soldaten in der Region stationiert, sagt der ukrainische Verteidigungsminister Oleksij Resnikow der Nachrichtenagentur Reuters. Geheimdienst-Informationen zufolge halten sich dabei auch weiter Streitkräfte in der Stadt auf. "Es ist nicht so einfach, diese Truppen aus Cherson in ein oder zwei Tagen abzuziehen," sagt Resnikow. "Das dauert mindestens eine Woche."

Konfliktparteien als Quelle
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Die US-Regierung übt nach eigenen Angaben keinen Druck auf die Ukraine mit Blick auf mögliche Verhandlungen mit Russland aus. "Wir beharren nicht auf bestimmten Dingen, sondern wir beraten als Partner", sagte der US-Sicherheitsberater Jake Sullivan am Donnerstag im Weißen Haus. Den russischen Abzug aus der südukrainischen Stadt Cherson nannte Sullivan einen "wichtigen Meilenstein" für die Ukrainerinnen und Ukrainer. Man müsse nun aber schauen, wie sich die Lage dort tatsächlich entwickle. "Das ist natürlich nicht das Ende des Krieges, denn Russland hält weiterhin Teile des ukrainischen Territoriums besetzt", betonte er.

Die USA wollen die Ukraine mit weiterer militärischer Ausrüstung im Wert von 400 Millionen Dollar unterstützen. Diese Summe bestätigten mehrere ranghohe Regierungsvertretende der Nachrichtenagentur AP am Donnerstag. Teil des neuen Pakets seien demnach große Mengen an Munition, so etwa Geschosse für die sehr erfolgreich eingesetzten Mehrfachraketenwerfer vom Typ Himars und das Flugabwehrraketensystem Hawk. Erstmals solle auch das mobile Luftabwehrsystem vom Typ Avenger an die Ukraine geliefert werden. Die neuen Militärhilfen bekräftigte auch der US-Sicherheitsberater Jake Sullivan in einer Pressekonferenz am Abend.

Inklusive der kommenden Lieferungen haben die USA seit Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine Waffen und andere Ausrüstung im Wert von 18,6 Milliarden Dollar an Kiew geliefert. Sollten die Republikaner nach der Wahl vom Dienstag im Kongress die Mehrheit übernehmen, wurde damit gerechnet, dass die militärische Unterstützung für die Ukraine zurückgehen könnte.

Bei ihrem Abzug aus Cherson haben russische Truppen nach Medienberichten die südukrainische Stadt verwüstet. Neben dem Fernsehzentrum seien unter anderem Fernheizungsanlagen und Funkmasten gesprengt worden, berichtete die "Ukrajinska Prawda" am Donnerstag. Zudem sei in der Stadt der Strom komplett ausgefallen, ebenso wie das Internet. Bereits in den vergangenen Tagen waren mehrere Brücken über den Dnipro gesprengt worden.

Ein Zeitablauf für den am Vortag angeordneten Abzug russischer Soldaten aus Cherson und der gesamten Umgebung der Stadt am rechten Dnipro-Ufer war nicht bekannt. Nach einem Bericht der russischen Agentur Tass sollen Einheiten der Polizei und Rettungsdienste die Stadt erst mit den letzten Truppen verlassen. Die ukrainische Staatsagentur Unian veröffentlichte eine Reportage mit Fotos aus Dörfern an der Randzone des Cherson-Gebiets, die von nachrückenden ukrainischen Truppen befreit worden waren. "Zerstörte Häuser, Minen und Müll" seien überall zu sehen.

Die Verhandlungen mit Russland über die Einrichtung einer Schutzzone um das ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja gestalten sich nach den Worten von IAEA-Chef Rafael Grossi "sehr kompliziert". Die Gespräche verliefen äußerst zäh und dauerten "schrecklich lange", sagte der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) am Rande der UN-Klimakonferenz in Scharm El-Sheikh der Nachrichtenagentur AFP. Dennoch könne er es sich nicht erlauben, "die Geduld zu verlieren", sondern werde seine Bemühungen fortsetzen.

IAEA-Chef Rafael Grossi

IAEA-Chef Rafael Grossi spricht bei einer Pressekonferenz.

Grossi verhandelt seit Wochen mit Vertretern Russlands und der Ukraine über die Einrichtung einer Schutzzone um das Akw, mit der die Gefahr eines Atomunglücks  gebannt werden soll. Kompliziert würden die Gespräche unter anderem dadurch, dass seine Verhandlungspartner nicht nur Diplomaten, sondern auch Militärs seien, sagte der IAEA-Chef.

Die Europäische Kommission will die Cyberabwehr vor allem gegen Russland verstärken. Der russische Angriff auf die Ukraine werde von "wiederholten Cyberangriffen begleitet - nicht nur auf die Ukraine, sondern auch auf uns", sagte der EU-Außen- und Sicherheitsbeauftragte Josep Borrell bei der Präsentation einer neuen Abwehrstrategie. Borrell schlägt unter anderem vor, ein neues Koordinierungszentrum einzurichten und Militärspezialisten der Länder besser zu vernetzen.

Borrell drängte die Mitgliedstaaten, in diesem Bereich mehr zu tun: Sie müssten sich "dringend dazu verpflichten, ihre Investitionen in das gesamte Spektrum der Cyberverteidigungsfähigkeiten zu erhöhen, einschließlich der aktiven Verteidigungsfähigkeiten", heißt es in einer 22-seitigen Mitteilung aus seinem Haus.

Der Machthaber der russischen Teilrepublik Tschetschenien, Ramsan Kadyrow, hält den russischen Truppenabzug aus der südukrainischen Stadt Cherson und dem gesamten rechten Dnipro-Ufer für eine richtige Entscheidung. Der neue Kommandeur der russischen Truppen in der Ukraine, Sergej Surowikin, habe damit Tausende Soldaten aus der faktischen Umzingelung gerettet, schrieb Kadyrow in seinem Telegram-Kanal.

Surowikin habe eine "schwere, aber richtige Entscheidung zwischen sinnlosen Opfern für lautstarke Erklärungen und der Rettung unbezahlbarer Soldatenleben" getroffen. Kadyrow hatte die russische Kriegsführung zuvor häufiger getadelt. Auch im Fall Cherson ließ er Kritik anklingen. Cherson sei ein schwieriges Gebiet, wo keine stabile und regelmäßige Versorgung mit Munition und die Bildung einer starken Nachhut möglich sei.

Ramsan Kadyrow (Archivbild: 29.03.2022)

Cherson sei ein schwieriges Gebiet, wo keine stabile und regelmäßige Versorgung mit Munition und die Bildung einer starken Nachhut möglich sei, so der Machthaber der russischen Teilrepublik Tschetschenien, Ramsan Kadyrow.

Nach dem angekündigten russischen Truppenabzug aus dem südukrainischen Cherson rückt die Ukraine weiter vor. In geräumten Gebieten wurden zwölf Ortschaften zurückerobert, wie der Oberkommandierende der ukrainischen Streitkräfte, Walerij Saluschnyj, im Nachrichtendienst Telegram mitteilte.

Moskau erschwert der Ukraine den Vormarsch nach Einschätzung britischer Geheimdienste aber weiter - so hätten russische Truppen etwa Brücken zerstört und mutmaßlich Minen gelegt. Man erwarte zudem, dass sich der Rückzug über mehrere Tage hinziehe, hieß es im täglichen Kurzbericht des britischen Verteidigungsministeriums. Begleitet werde dieser voraussichtlich von Artilleriefeuer zum Schutz der abziehenden Einheiten.

Konfliktparteien als Quelle
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Die EU wird russische Reisepässe aus den besetzten Gebieten der Ukraine nicht anerkennen. Darauf verständigten sich Unterhändler der EU-Staaten und des Europaparlaments. Gleiches soll für Reisedokumente gelten, die in den abtrünnigen Teilrepubliken Südossetien und Abchasien in Georgien ausgestellt worden sind, wie der Rat der EU-Staaten mitteilte.

Russland hatte die Gebiete Saporischschja gemeinsam mit den Regionen Cherson, Donezk und Luhansk im September nach Scheinreferenden für annektiert erklärt. Infolgedessen schlug die EU-Kommission die Nicht-Anerkennung dort ausgestellter Pässe vor.

Norwegen will sich an einem von Großbritannien aufgelegten internationalen Hilfsfonds für die Ukraine mit 1,5 Milliarden Norwegischen Kronen (etwa 145 Millionen Euro) beteiligen. Das meldet die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf norwegische Regierungskreise.

Rund eine Woche vor dem Auslaufen des Abkommens zwischen Russland und der Ukraine zu Getreideexporten wollen morgen führende UN-Repräsentanten mit russischen Vertretern zu Gesprächen über dessen Fortsetzung zusammenkommen. Nach UN-Angaben werden sich der Chef des UN-Büros für humanitäre Hilfe (OCHA), Martin Griffiths, und die Leiterin der Welthandels- und Entwicklungskonferenz (UNCTAD), Rebeca Grynspan, in Genf mit einer hochrangigen Delegation aus Moskau unter der Leitung des stellvertretenden russischen Außenministers Sergej Werschinin treffen.

Das von der UNO und der Türkei vermittelte Abkommen wurde am 22. Juli in Istanbul unterzeichnet, um die sichere Ausfuhr von ukrainischem Getreide durch einen Schutzkorridor im Schwarzen Meer und den Export von russischen Lebensmitteln und Düngemitteln trotz der gegen Moskau verhängten westlichen Sanktionen zu ermöglichen. Am 19. November läuft das Getreideabkommen aus, die Vereinten Nationen hoffen auf eine Verlängerung um ein Jahr. Es ist jedoch noch unklar, ob Russland seine Beteiligung verlängern wird.

Moskau beklagte wiederholt, es könne sein Getreide und seine Düngemittel wegen der verhängten Sanktionen in der Ukraine nicht verkaufen. Mit den Gesprächen erhofft sich die UNO auch "Fortschritte bei der Erleichterung des ungehinderten Exports von Nahrungsmitteln und Düngemitteln aus der Russischen Föderation auf die Weltmärkte".

Dank des Abkommens konnten seit Juli Millionen Tonnen Getreide ukrainische Häfen verlassen. Befürchtungen hinsichtlich einer sich verschärfenden weltweiten Krise der Ernährungssicherheit konnten so gemildert werden. Die Ukraine ist einer der größten Getreideproduzenten der Welt. Wegen der russischen Invasion waren bis zu der Vereinbarung 20 Millionen Tonnen Getreide in ukrainischen Häfen blockiert.

Angesichts des Krieges in der Ukraine und anderer möglicher Konflikte will die EU-Kommission die Voraussetzungen für eine schnellere grenzüberschreitende Verlegung von Truppen und Material schaffen. Ein heute in Brüssel vorgestellter Aktionsplan sieht vor, das derzeitige militärische Transportnetzwerk umfassend zu überprüfen. Außerdem soll die Verwaltung für die Logistik digitaler und damit schneller werden.

Zudem will die EU-Behörde dabei helfen, Lücken im Bereich des Luft- und Seetransports zu schließen. Dies gilt als entscheidend dafür, dass die EU im Ernstfall schnell handlungsfähig ist. "Die militärische Aggression Russlands gegen die Ukraine hat bestätigt, dass wir die Kapazität der Verkehrsinfrastruktur weiter verbessern müssen, damit unsere Streitkräfte und ihre Ausrüstung sich problemlos in der EU bewegen können", sagte EU-Kommissarin Adina Valean zur Vorstellung des Plans. Als Beispiele nannte sie auch Straßen, Brücken und Schienen, die derzeit nicht für den Transport von schweren Rüstungsgütern geeignet sind.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell erklärte, militärische Mobilität sei bei der Krisenreaktion entscheidend. Auch bei den Waffenlieferungen der EU an die Ukraine habe sich gezeigt, dass jede Sekunde zähle. Um Doppelstrukturen zu vermeiden, ist bei den geplanten Projekten eine enge Abstimmung mit der NATO vorgesehen. Derzeit sind 21 der 27 EU-Staaten auch NATO-Mitglied. Nach der geplanten Aufnahme von Schweden und Finnland könnten es künftig sogar 23 sein.

Litauen rüstet vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine weiter auf: Das baltische EU- und NATO-Land will aus den USA Mehrfachraketenwerfer vom Typ Himars beziehen. Wie das Verteidigungsministerium in Vilnius nach Angaben der Nachrichtenagentur dpa mitteilte, stimmte das amerikanische Außenministerium dem geplanten Kauf zu. Demnach will Litauen für etwa 495 Millionen Dollar (rund 493 Millionen Euro) insgesamt acht Raketensysteme mit Munition und Ausrüstung erwerben.

Der Kaufvertrag soll noch in diesem Jahr unterzeichnet werden, wie es in der Mitteilung hieß. Verteidigungsminister Arvydas Anusauskas bezeichnete die Himars-Systeme als "eine völlig neue und mächtige Fähigkeit, die Litauen noch nie hatte". Das Land grenzt an die russische Ostsee-Exklave Kaliningrad und an Russlands Verbündeten Belarus. Der Krieg in der Ukraine wird in dem Baltenstaat als direkte Gefahr für die nationale Sicherheit gesehen.

Die Raketensysteme sollen nach Angaben von Anusauskas in einigen Jahren geliefert werden. "Wir werden sie erst 2025 oder 2026 erhalten", sagte er litauischen Medienberichten zufolge im Parlament in Vilnius. Daher werde der Kauf keinen Einfluss auf gegenwärtig in Litauen diskutierte weitere Waffenlieferungen an die Ukraine haben.

Die EU hat der von einer Energiekrise geplagten Republik Moldau 250 Millionen Euro Unterstützung zugesagt. 100 Millionen Euro seien Zuschüsse, zu denen weitere 100 Millionen als Kredit hinzukämen, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen heute bei einem Besuch der ehemaligen Sowjetrepublik. Weitere 50 Millionen Euro seien für die bedürftigsten Einwohner gedacht.

In Moldau leben rund 2,6 Millionen Menschen. Das Land ist seit Juni EU-Beitrittskandidat, liegt zwischen Rumänien und der Ukraine und ist bei Erdgas vollständig auf russische Lieferungen angewiesen. Russland hat seine Energielieferungen in den vergangenen Wochen um die Hälfte gekürzt und damit eine beispiellose Energiekrise in Moldau ausgelöst. Die Energiepreise für Privathaushalte haben sich binnen eines Jahres versechsfacht, die Inflation ist sehr hoch.

Von der Leyen kündigt an, es werde noch im November in Paris eine Geberkonferenz für Moldau geben. "Moldau ist Teil unserer europäischen Familie, und Familien müssen in harten und schwierigen Zeiten zusammenhalten", sagte sie. Für Freitag wird EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola zu einem Besuch in Moldau erwartet.

NATO-Generalsekretär Stoltenberg hat sich zurückhaltend zu dem von Russland angekündigten Abzug aus der südukrainischen Stadt Cherson geäußert. "Wir müssen jetzt sehen, wie sich die Lage vor Ort in den nächsten Tagen entwickelt", sagte der Norweger. Klar sei aber, dass Russland schwer unter Druck stehe. "Wenn sie Cherson verlassen, wäre das ein weiterer großer Erfolg für die Ukraine", fügte Stoltenberg hinzu.

Unter dem Druck ständiger ukrainischer Angriffe hatte der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu am Mittwoch den Abzug des russischen Militärs aus Cherson und der gesamten Region um die Stadt angeordnet. Nach dem Scheitern des Vormarschs auf Kiew und dem Rückzug bei Charkiw gilt dies als weitere militärische Niederlage Russlands. Moskau nannte den Abzug eine "militärische Notwendigkeit" und "Umgruppierung der Kräfte".

Der türkische Präsident Erdogan hat seine Beziehung zum russischen Präsidenten Wladimir Putin gelobt. Erdogan sagte in Ankara, dank des "Vertrauens und der Solidarität" zwischen ihnen habe er seinen russischen Amtskollegen davon überzeugen können, das Getreideabkommen mit der Ukraine wiederaufzunehmen.

Zudem nähre die "Solidarität" zwischen beiden Ländern, etwa in Bereichen der Kernenergie und der Verteidigung, "den Respekt zwischen uns", argumentierte er. Die ukrainischen Getreideexporte durch den humanitären Korridor im Schwarzen Meer wurden Anfang November nach einem Gespräch Erdogans mit Putin wieder aufgenommen, nachdem Russland das Abkommen einige Tage lang ausgesetzt hatte.

Das NATO-Mitglied Türkei hat zwar seine Unterstützung für die Ukraine bekräftigt, sich aber trotz verstärkten Drucks der EU und der USA bislang nicht an den Sanktionen gegen Russland wegen des Angriffs auf die Ukraine beteiligt. Erdogan argumentierte dabei mit der neutralen Vermittlerrolle seines Landes. Ankara profitiert aber auch wirtschaftlich stark: In den vergangenen Monaten haben sich die türkischen Exporte nach Russland nahezu verdoppelt.

Nach einem angekündigten russischen Truppenabzug sind ukrainische Einheiten offenbar in die Kleinstadt Snihuriwka in der Südukraine eingerückt. In einem in sozialen Netzwerken veröffentlichten Video zeigte sich eine ukrainische Späheinheit in der Stadt vor Beifall klatschenden Einwohnern. Gestern hatte die russische Armeeführung den kompletten Abzug der eigenen Truppen vom rechten Ufer des Flusses Dnipro angekündigt.

Der Verkehrsknotenpunkt im Gebiet Mykolajiw mit vor dem Krieg 12.000 Einwohnern war im März von der russischen Armee besetzt worden. Nach erfolgreichen Gegenschlägen Kiews wurden große Teile der einst russisch besetzten Gebiete in der Nord-, Ost- und Südukraine bereits wieder von der ukrainischen Armee zurückerobert.

Konfliktparteien als Quelle
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Angesichts zahlreicher Berichte über eine mangelhafte Ausrüstung russischer Soldaten für Moskaus Krieg in der Ukraine will Präsident Wladimir Putin die Finanzflüsse für die Armeeausgaben schärfer kontrollieren lassen. Bis Freitag müsse die Regierung Vorschläge für eine bessere Ausgabenkontrolle und den zielgerichteten Einsatz der Haushaltsmittel für die "militärische Spezialoperation" in der Ukraine vorlegen, heißt es in einer vom Kreml veröffentlichten Aufgabenliste.

Um die Qualität der Ausrüstung zu verbessern, soll außerdem eine Art direkter Draht zwischen den in der Ukraine eingesetzten Einheiten und den Herstellern von Rüstungsgütern etabliert werden. Damit soll offenbar auch Korruption und die Veruntreuung von Haushaltsmitteln für die Ausrüstung der Armee unterbunden werden.

Die britische Regierung hat nach eigenen Angaben die Vermögen von sanktionierten russischen Oligarchen und Einrichtungen im Wert von 18 Milliarden Pfund (rund 20 Mrd. Euro) eingefroren. Ein hochrangiger Mitarbeiter des Finanzministeriums erklärte, London habe Russland die schärfsten Sanktionen auferlegt, die es je gegeben habe. Mehr als 1200 Personen und über 120 Einrichtungen wurden im Zuge der russischen Invasion in der Ukraine durch Großbritannien sanktioniert.

Die Ukraine beteiligt sich am Vertrag über Freundschaft und Zusammenarbeit in Südostasien. Der ukrainische Außenminister Kuleba unterzeichnete das Abkommen zum Auftakt des Gipfels des Verbands Südostasiatischer Nationen (ASEAN) in der kambodschanischen Hauptstadt Phnom Penh.

Der 1976 geschlossene Vertrag verpflichtet die Parteien unter anderem zur gegenseitigen Achtung der Unabhängigkeit, Souveränität und territorialen Integrität der beteiligten Nationen. Die ASEAN-Staaten mit einer Gesamtbevölkerung von fast 700 Millionen Einwohnern haben sich zum russischen Angriff auf die Ukraine zurückhaltend geäußert.

Sie verurteilten zwar den Krieg, versuchten aber im Allgemeinen, eine Schuldzuweisung zu vermeiden. Acht von zehn ASEAN-Ländern stimmten für die Resolution der UN-Vollversammlung, in der die russische Aggression verurteilt wurde.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat die russische Ankündigung eines Truppenabzugs aus der Region der südukrainischen Großstadt Cherson als positiven Schritt bezeichnet. Auf einer Pressekonferenz vor seiner Abreise zu einem Besuch in Usbekistan antwortete Erdogan auf eine Frage zu den Aussichten auf Gespräche zwischen Russland und der Ukraine.

Russland hatte am Mittwoch den Rückzug seiner Truppen westlich des Flusses Dnipro um die Regionalhauptstadt Cherson angeordnet. Verteidigungsminister Sergej Schoigu deutete mit der Entscheidung eine der bislang schwersten Niederlagen der russischen Streitkräfte in dem Krieg gegen die Ukraine an.

Der Krieg in der Ukraine hat die Aufgaben der Kriegsgräberfürsorge drastisch erschwert. Diane Tempel-Bornett vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge sagte: "Wir müssen feststellen, dass nach fast 30 Jahren guter Zusammenarbeit die Versöhnungsarbeit in Scherben liegt". Die Kriegsgräberstätten in Russland würden weiter gepflegt, auch Exhumierungen könnten in vielen Bereichen noch durchgeführt werden.

Allerdings gebe es dort keine feierlichen Einbettungsveranstaltungen mit offiziellen Delegationen und Geistlichen. Zudem seien deutsch-russische Projekte wie die Klärung von Soldatenschicksalen auf Eis gelegt, auch die offiziellen Kontakte ruhten.

In der Ukraine arbeite man noch bis Ende November in Gebieten, in den nicht gekämpft werde. Man wolle die Mitarbeitenden nicht in Gefahr bringen. Ein besonderes Erlebnis sei gewesen, dass ukrainische Soldaten beim Bau von Verteidigungsanlagen auf die Gebeine deutscher Soldaten aus dem Zweiten Weltkrieg stießen und sich die Zeit genommen hätten, diese zu exhumieren und an die Kriegsgräberfürsorge zu übergeben.

US-Präsident Joe Biden hat auf die russische Ankündigung des Truppenabzugs aus der ukrainischen Stadt Cherson und den umliegenden Gebieten reagiert. Bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus sagte er, die USA hätten die Ankündigung erwartet. "Es ist der Beweis für die Tatsache, dass sie einige wirkliche Probleme haben - das russische Militär", so Biden. Auf die Frage, ob der Abzug ein Signal an Kiew darstellen könnte, dass es jetzt einen Hebel für die Aufnahme von Friedensgesprächen mit Moskau habe, sagte Biden, es würde mindestens dazu führen, dass jeder Zeit habe, seine Positionen über den Winter neu zu kalibrieren.

Ungeachtet des von Moskau angekündigten Abzugs aus der südukrainischen Stadt Cherson und vom gesamten rechten Dnipro-Ufer mahnt der Präsident der Ukraine Zurückhaltung an. Nach dieser Ankündigung herrsche zwar "viel Freude", sagte Wolodymyr Selenskyj am Abend in seiner täglichen Videoansprache. "Aber unsere Emotionen müssen zurückgehalten werden - gerade während des Krieges." Selenskyj verwies darauf, dass der Rückzug der russischen Besatzer in erster Linie den Erfolgen der ukrainischen Streitkräfte zu verdanken sei. "Der Feind macht uns keine Geschenke, macht keine Gesten des guten Willens."

Konfliktparteien als Quelle
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Sowohl Russland als auch die Ukraine verzeichnen laut dem obersten US-General mindestens 100.000 getötete und verwundete Soldaten. "Wir haben es mit weit über 100.000 getöteten und verwundeten russischen Soldaten zu tun. Das Gleiche gilt wahrscheinlich für die ukrainische Seite. Es gibt viel menschliches Leid", sagt US-Armeegeneral Mark Milley in einer Rede in New York. Zudem seien seit Beginn der russischen Invasion im Februar bis zu 40.000 ukrainische Zivilisten in dem Konflikt ums Leben gekommen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 10. November 2022 um 06:00 Uhr in den Nachrichten.