Tausende fordern in Tel Aviv einen Deal mit der Hamas zur Freilassung der israelischen Geiseln
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Krieg im Nahen Osten ++ Tausende demonstrieren für Geisel-Abkommen ++

Stand: 02.06.2024 00:39 Uhr

Tausende Israelis demonstrieren erneut für eine Vereinbarung mit der Hamas, damit die verbliebenen Geiseln freikommen. Medien zufolge beraten Israel, die USA und Ägypten morgen über eine Wiedereröffnung des Grenzübergangs Rafah. Der Liveblog zum Nachlesen.

02.06.2024 • 00:39 Uhr

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Wir beenden den Nahost-Liveblog und bedanken uns für Ihr Interesse.

Israels Armee hat libanesischen Sicherheitskreisen zufolge mehrere Hisbollah-Stellungen im Norden des Libanon aus der Luft angegriffen. Dabei seien zwei Menschen verletzt worden. Unklar war zunächst, ob es sich dabei um Mitglieder der proiranischen Miliz handelte. Israels Militär sagte auf Anfrage, die Berichte zu prüfen. 

Libanesischen Angaben zufolge griff die Luftwaffe des Nachbarlandes westlich der Stadt Baalbek im Nordostlibanon an. Ziel seien auch ein Trainingsgelände und ein Waffenlager der Miliz gewesen. Zuvor hatte die Hisbollah mehrere Angriffe auf israelische Stellungen für sich reklamiert.

Das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA hat nach dem Einrücken der israelischen Armee in Rafah im südlichen Gazastreifen seine Arbeit dort ausgesetzt. "UNRWA musste in Rafah Gesundheitsdienste und andere wichtige Dienste einstellen", schrieb UNRWA-Chef Philippe Lazzarini auf der Plattform X. Das Hilfswerk arbeite nun von der Stadt Chan Yunis nördlich von Rafah sowie vom zentralen Gazastreifen aus.

"In Chan Yunis haben wir den Betrieb trotz Schäden an all unseren Einrichtungen wieder aufgenommen."  Ein Sprecher der Organisation bestätigte der Nachrichtenagentur dpa, dass die UNRWA-Mitarbeiter Rafah verlassen hätten und stattdessen ihre Tätigkeit in Chan Yunis fortsetzten.

Der israelische Finanzminister Bezalel Smotrich hat gefordert, die Gaza-Offensive fortzusetzen, bis die radikal-islamische Hamas zerstört ist und alle israelischen Geiseln befreit sind. Sollten die beiden Forderungen nicht erfüllt werden, werde er nicht in der Regierung bleiben, schreibt er auf X. Smotrich ist Chef der rechtsextremen Partei Religiöser Zionismus.

Der israelische Minister für nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, hat damit gedroht, die Regierungskoalition zu stürzen, falls Ministerpräsident Benjamin Netanyahu einem Abkommen zustimmt, das eine Beendigung des Krieges ohne die Eliminierung der Hamas vorsieht. Ein solches Abkommen wäre "töricht, ein Sieg für den Terrorismus und eine Bedrohung für die nationale Sicherheit Israels", schreibt der ultranationalistische Chef der Partei Jüdische Kraft auf X.

Ben-Gvir lehnt einen Palästinenser-Staat ab und befürwortet die Ausweitung des israelischen Territoriums ins besetzte Westjordanland. Der Parteichef ist selber Siedler im Westjordanland. Er ist in der Vergangenheit wegen Terrorismus und Hassreden gegen Araber verurteilt worden.

Nach Bekanntwerden von Details eines von Israel akzeptierten Vorschlags für ein Geisel-Abkommen haben in Israel eneut Tausende für einen solchen Deal demonstriert. Seit Monaten protestieren immer wieder etliche Menschen im Land für eine Vereinbarung mit der Hamas. Die Demonstrationen richten sich aber auch gegen die israelische Regierung.

In Tel Aviv forderten die Demonstranten lautstark Neuwahlen. Sie skandierten, die Zeit der rechts-religiösen Koalition sei vorbei. Viele Demonstranten werfen der israelischen Führung unter anderem vor, nicht genug für die Freilassung der Geiseln zu tun. Mehrere Familienangehörige von Geiseln wandten sich erneut an die Medien und forderten Israels Regierung auf, den von US-Präsident Joe Biden vorgestellten Vorschlag anzunehmen.

Israels Ministerpräsident Netanyahu hatte dagegen erneut mitgeteilt, die Bedingungen für eine Beendigung des Krieges hätten sich nicht geändert. Voraussetzung sei die Zerschlagung der Führung und der militärischen Fähigkeiten der Hamas sowie die Rückkehr aller Geiseln, hieß es in einer Mitteilung von Netanjahus Büro. Dass Israel einem dauerhaften Waffenstillstand zustimmen werde, bevor diese Bedingungen erfüllt seien, sei ausgeschlossen. Die Hamas wiederum pocht auf ein Kriegsende, ehe sie weitere Geiseln freilassen will.

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hat eine Einladung angenommen, im US-Parlament zu sprechen. Das teilt sein Büro mit. Damit wäre er der erste ausländische Regierungschef, der viermal vor dem US-Kongress spricht. Die Spitzen beider Parteien im US-Kongress hatten Netanjahu trotz Kritik an seinem militärischen Vorgehen im Gaza-Krieg für eine Rede vor dem Parlament eingeladen. Ein Termin für die Ansprache war darin zunächst nicht genannt.

Ägypten will nach eigenen Angaben alle Bemühungen zur Beendigung des Krieges im Gazastreifen unterstützen. Das gab das ägyptische Außenministerium bekannt. Dies sei in einem Telefonat mit US-Außenminister Antony Blinken übermittelt worden. Neben Katar fungiert auch Ägypten als Vermittler im Nahost-Konflikt.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hält den Einsatz einer internationalen Schutztruppe im Gazastreifen für sinnvoll: "So wie wir in der Ukraine deutlich gemacht haben, wir stehen für Freiheit und Frieden ein, gilt das für mich auch für den Nahen Osten. Wenn es jetzt nicht nur einen Wiederaufbau braucht, sondern auch eine internationale Schutztruppe, die dafür garantiert, dass wir endllich zu Frieden im Nahen Osten kommen, dann ist das auch unser gemeinsamer Auftrag. Das ist unsere Verpflichtung", sagte Baerbock

Trotz der internationalen Kritik setzt Israels Armee die Einsätze in der Stadt Rafah fort. Soldaten hätten dabei in dem Ort im Süden des Gazastreifens zahlreiche Waffen, Tunnel und Raketen entdeckt, teilte das Militär am Samstag mit. Die Einsätze seien präzise und basierten auf geheimdienstlichen Erkenntnissen, hieß es weiter.

Auch im zentralen Gazastreifen gingen die Kämpfe demnach weiter. In den vergangenen zwei Tagen seien dort Dutzende Palästinenser getötet worden. Den Armee-Angaben zufolge soll es sich bei ihnen um Terroristen handeln. In den vergangenen Tagen seien zudem einige wichtige Hamas-Mitglieder im Gazastreifen getötet worden, darunter ein Mann, der den Angaben nach an der Planung von Terroranschlägen in Israel und im Westjordanland beteiligt war. 

Vertreter aus Ägypten, den USA und Israel wollen offenbar bereits am Sonntag über die Wiederöffnung des Grenzübergangs in Rafah zum Gazastreifen beraten. Der staatsnahe ägyptische TV-Sender Al-Kahira News berichtete unter Berufung auf eine hochrangige, nicht näher genannte Quelle, dass ein entsprechendes Treffen in Kairo stattfinden werde. Ägypten vertrete weiterhin die Position, den Grenzübergang erst dann wiederzueröffnen, wenn sich das israelische Militär vollständig von dort zurückziehe.

Zuvor hatte es in israelischen Medien Berichte über eine Wiederöffnung des Grenzübergangs gegeben. Ägypten hatte diese jedoch als falsch zurückgewiesen. Der Grenzübergang nach Ägypten in der Stadt im Süden des Küstengebiets war vor gut drei Wochen nach der Übernahme der palästinensischen Seite durch Israels Armee geschlossen worden. 

Die Hisbollah hat eigenen Angaben zufolge eine israelische Drohne über libanesischem Gebiet abgefangen. Es habe sich um eine Hermes 900 gehandelt und von einer Boden-Luft-Rakete zerstört worden, teilt die Hisbollah mit.

Angehörige der israelischen Geiseln der Hamas haben zur umgehenden Annahme des Vorschlags für eine Waffenruhe im Gaza-Krieg aufgerufen. Die Familien erklärten, die Zeit laufe ab und beide Seiten hätten die Pflicht, die Vereinbarung zu akzeptieren. Angehörige der Geiseln machen einen mangelnden Willen der Regierung, eine Einigung zu erzielen, für den Tod vieler der Verschleppten verantwortlich. Waffenruhe ins Stocken geraten, weil die Hamas Garantien forderte, dass im Gegenzug für die Freilassung der Geiseln der Krieg beendet und israelische Soldaten vollständig aus dem Gazastreifen abgezogen werden.

Israels Premierminister Benjamin Netanyahu hat sich zu einem möglichen Waffenstillstand im Gazastreifen geäußert. Demnach werde es keine dauerhafte Waffenruhe geben, solange die militärischen Kapazitäten der Hamas und deren Fähigkeiten zum Regieren nicht zerstört seien. "Israels Bedingungen für die Beendigung des Krieges haben sich nicht geändert", sagt Netanyahu. Dazu gehörten auch die Freilassung aller Geiseln und die Sicherstellung, dass der Gazastreifen keine Bedrohung mehr für Israel darstelle. "Israel wird weiterhin darauf bestehen, dass diese Bedingungen erfüllt werden, bevor ein dauerhafter Waffenstillstand in Kraft gesetzt wird." Die Vorstellung, Israel werde vorher einem dauerhaften Waffenstillstand zustimmen, habe keine Perspektive.

Bei israelischen Luftangriffen im Libanon ist nach libanesischen Angaben eine Person getötet worden. Die staatliche Nachrichtenagentur NNA berichtete, dass es bei den Angriffen auf verschiedene Orte im Südlibanon in der Nacht zu Samstag auch Verletzte gegeben habe. Laut Israels Armee soll es sich bei den beiden um Mitglieder der proiranischen Schiitenmiliz Hisbollah handeln. Das israelische Militär teilte außerdem Reaktion auf vorige Abschüsse in Richtung Nordisrael in der Nacht Hisbollah-Ziele unter anderem in den Gegenden um Adlun, Kana und Hmaileh angegriffen zu haben.

Der designierte indonesische Präsident Prabowo Subianto erklärt, sein Land sei bereit, bei Bedarf Friedenstruppen zur Durchsetzung eines Waffenstillstands im Gazastreifen zu entsenden. Prabowo sagt zudem auf dem "Shangri-La-Dialog", der wichtigsten Sicherheitskonferenz Asiens, der Vorschlag von US-Präsident Joe Biden für einen Waffenstillstand in Gaza sei ein Schritt in die richtige Richtung.

Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock begrüßt den israelischen Vorschlag für eine Waffenruhe. "Das israelische Angebot, das US-Präsident Biden heute erläutert und bekräftigt hat, ist ein Hoffnungsschimmer und kann einen Weg aus der Sackgasse des Krieges weisen", teilt die Außenministerin auf X mit. Die Vermittlungsbemühungen der USA, Katars und Ägyptens hätten die volle Unterstützung der deutschen Regierung. Die Hamas müsse jetzt beweisen, dass sie den Konflikt beenden wolle. Jeder Tag, an dem Geiseln weiter in Hamas-Gefangenschaft sind und palästinensische Zivilisten in Gaza sterben, sei einer zu viel, so Baerbock.

Nach Angaben des US-Militärs haben die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen am Freitag zwei ballistische Anti-Schiffs-Raketen und eine Drohne über den Golf von Aden sowie vier Drohnen Richtung Rotes Meer abgeschossen. Dem US-Zentralkommando (Centcom) wurden drei der über dem Roten Meer abgefeuerten Drohnen von den US-Streitkräften zerstört. Eine Drohne sei ins Meer gestürzt. Auch die über dem Golf von Aden abgefeuerte Drohne wurde laut Centcom abgefangen. Es seien keine Schäden oder Verletzungen durch die Anti-Schiffs-Raketen gemeldet worden.

Die Huthi hatten zuvor damit gedroht, ihre Angriffe auf Schiffe im Roten Meer zu verstärken, nachdem britische und US-Streitkräfte Ziele im Jemen angegriffen hatten. Dabei seien 16 Menschen getötet worden, hieß es von der Rebellen.

01.06.2024 • 06:33 Uhr

Neuer Vorschlag für Waffenruhe

In den festgefahrenen Verhandlungen über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg hat US-Präsident Joe Biden überraschend einen neuen Vorschlag präsentiert und zu einer Einigung aufgerufen. Israel habe unter Vermittlung der USA, Katars und Ägyptens einem umfassenden neuen Entwurf zugestimmt, der drei Phasen vorsehe und an die Hamas übermittelt worden sei. Der Vorschlag ziele auf einen dauerhaften Waffenstillstand und die Freilassung aller Geiseln ab.

Jordanien richtet einen internationalen Gipfel aus, um die humanitäre Hilfe für die Menschen im Gazastreifen zu organisieren. Das israelische Militär hat nach eigenen Angaben seinen Einsatz in Rafah ausgeweitet. Die Entwicklungen im Liveblog zum Nachlesen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 01. Juni 2024 um 09:00 Uhr.