Personen gehen an Plakaten mit Bildern von den israelischen Geiseln, die von der Hamas festgehalten werden, vorbei.
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Krieg in Nahost ++ Neuer Vorschlag der Hamas für Geisel-Deal ++

Stand: 03.07.2024 21:40 Uhr

Die militant-islamistische Hamas hat offenbar einen neuen Vorschlag für ein Geisel-Abkommen und eine Feuerpause vorgelegt. In einem Einkaufszentrum in Israel wurden bei einem Messerangriff ein Mann getötet. Die Entwicklungen vom Mittwoch zum Nachlesen.

03.07.2024 • 23:12 Uhr

Ende des Liveblogs

Damit beenden wir den Liveblog für heute. Vielen Dank für das Interesse.

Israel prüft eigenen Angaben zufolge einen Vorschlag der militant-islamistischen Hamas für ein Abkommen für eine Waffenruhe sowie die Freilassung weiterer Geiseln. Die Vermittlerstaaten USA, Katar und Ägypten hätten dem israelischen Verhandlungsteam einen Entwurf der Islamistenorganisation vorgelegt, teilte das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu mit. Israel will demnach den Vermittlern nach der Prüfung des Vorschlags seine Antwort übergeben.

Die Hamas teilte mit, mit den Vermittlern "einige Ideen" auszutauschen, um ein Ende des Kriegs zu erreichen. Der Inhalt des Hamas-Vorschlags ist bisher nicht bekannt, auch nicht inwieweit er vom zuletzt diskutierten Plan abweicht.

Die israelische Armee geht nach eigenen Angaben unvermindert gegen Hamas-Ziele im Gazastreifen vor. Die "operativen Einsätze im gesamten Gazastreifen dauern an", erklärte die Armee.

Die israelische Luftwaffe habe binnen 24 Stunden "mehr als 50 Terrorinfrastruktur-Ziele" im Gazastreifen ins Visier genommen. Zudem hätten Bodentruppen "Terroristen ausgeschaltet", Tunnel lokalisiert und Waffenlager ausgehoben, die unter anderem mit Sturmgewehren vom Typ AK-47 bestückt gewesen seien.

03.07.2024 • 17:58 Uhr

Steinmeier telefoniert mit Herzog

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat mit dem israelischen Präsidenten Izchak Herzog in einem Telefongespräch über die Lage in Nahost beraten. Er habe dabei seine Sorge über die Lage an der Nordgrenze Israels zum Ausdruck gebracht, teilte das Bundespräsidialamt anschließend mit. Steinmeier habe seine Hoffnung ausgedrückt, dass die Verhandlungen über einen humanitären Waffenstillstand im Gazastreifen und die Freilassung der Geiseln wieder aufgenommen werden.

Israel hat ein Gebiet in der Größe von 12,7 Quadratkilometern im besetzten Westjordanland zu Staatsland erklärt. Laut Nachrichtenagentur AP sei eine entsprechende Bewilligung, die Ende Juni erteilt wurde, einsehbar gewesen.

Es handle sich dabei um die größte Landnahme seit den Osloer Verträgen im Jahr 1993, kritisierte die Organisation Schalom Achschaw (Frieden jetzt). Die für Palästinenserangelegenheiten zuständige israelische Behörde Cogat war zunächst nicht für einen Kommentar zu erreichen. Indem eine Fläche zu Staatsland erklärt wird, macht Israel den Weg für die Niederlassung von Siedlern dort frei. Das zusammenhängende Gebiet liegt im Jordantal nordöstlich von Ramallah, wo die Palästinensische Autonomiebehörde ihren Sitz hat.

03.07.2024 • 16:11 Uhr

Opfer von Messerattacke gestorben

Bei der Messerattacke in einem Einkaufszentrum im Norden Israels ist laut israelischen Medienberichten einer der beiden schwer verletzten Männer gestorben. Das teilte Israels Rettungsdienst Magen David Adom mit. Der 20-Jährige sei zunächst wiederbelebt worden, Medien zufolge aber später im Krankenhaus gestorben. Israelische Medien berichteten, bei dem mutmaßlichen Täter handele es sich um einen arabischen Israeli.

Bei einem israelischen Angriff im Libanon ist libanesischen Angaben zufolge ein Kommandeur der Hisbollah-Miliz getötet worden. Aus libanesischen Sicherheitskreisen hieß es, dass bei dem Drohnenangriff in Hosch nahe der Küstenstadt Tyros eine weitere Person getötet wurde. Es soll sich nach Angaben der Hisbollah um den Personenschützer des Kommandeurs gehandelt haben. Die Hisbollah bestätigte den Tod der beiden Personen, ohne weitere Details zu nennen. Das israelische Militär äußerte sich zunächst nicht.

Im Gazastreifen sind nach Angaben der von der Terrororganisation Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde seit Beginn des Krieges mindestens 37.953 Menschen durch israelischen Beschuss getötet worden. 87.266 Palästinenser seien verletzt worden. Die Zahlen könnten noch höher sein, da viele Menschen vermisst werden und zahlreiche Tote unter den Trümmern zerstörter Häuser begraben liegen.

Im Süden des Gazastreifens suchen zahlreiche Palästinenser Schutz vor neuen Angriffen. Israelische Streitkräfte hätten sich in der Nacht an zwei Stellen in Rafah Kämpfe mit palästinensischen Militanten geliefert, berichten Anwohner. Mindestens zwölf Menschen wurden nach Angaben der von der Hamas geführten Gesundheitsbehörde bei Beschuss im Zentrum und Norden des Gazastreifens getötet. Panzer nahmen in den vergangenen Tagen mehrere Bezirke ein und rückten weiter westlich und nördlich der Stadt vor. Das israelische Militär erklärt, man habe die gezielten Militäroperationen in Rafah fortgesetzt, mehrere Militärstützpunkte zerstört und palästinensische Militante getötet.

Im Flüchtlingslager Maghasi im Zentrum des Gazastreifens wurden laut Gesundheitsbehörde durch zwei israelische Luftangriffe fünf Palästinenser getötet. In Schedschaia, einem östlichen Vorort von Gaza-Stadt, seien durch einen Luftangriff vier Menschen getötet und 17 verletzt worden. Ein weiterer Luftangriff habe ein Auto in der südlichen Stadt Deir Al-Balah getroffen und drei Menschen getötet.

Bei einem Messerangriff in einem israelischen Einkaufszentrum sind nach Angaben der Polizei zwei Menschen verletzt worden. Mutmaßlich handele es sich um einen Terroranschlag, erklären die Behörden. Der Angreifer sei "neutralisiert" worden. Damit ist zumeist gemeint, dass die Person getötet wurde. Tatort sei ein Einkaufszentrum in Karmiel im Norden Israels.

Laut der Nachrichtenagentur Reuters zeigten Videoaufnahmen vom Tatort, die in den sozialen Medien geteilt wurden, zwei Männer, die regungslos auf dem Boden des Einkaufszentrums lagen, während Menschen versuchten, sie medizinisch zu versorgen. Einer der Männer trage ein grüne Uniform.

Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen hat erneut einen Waffenstillstand im Gazastreifen gefordert. Deutschland-Geschäftsführer Christian Katzer sagte dem Bayerischen Rundfunk: "Wir hören immer wieder von unseren Mitarbeitern, dass die gesamte Situation gelinde gesagt ein Alptraum ist. Es fehlt an allem: an Sicherheit, an Nahrung, an medizinischer Versorgung." Daher brauche es "grundsätzlich einen sofortigen und dauerhaften Waffenstillstand".

Seine Kollegen und Kolleginnen im Gazastreifen berichteten häufig, "dass es sie besonders belastet, dass es keinen sicheren Ort gibt, dass man sich auf die eingerichteten Schutzzonen nicht verlassen kann, dass die Arbeitsstelle 'Krankenhaus' nicht sicher ist", ergänzte Katzer. Deshalb fordere man alle kämpfenden Parteien auf, "das humanitäre Völkerrecht zu respektieren und die Sicherheit von medizinischem Personal und Gesundheitseinrichtungen zu gewährleisten".

Ärzte ohne Grenzen habe seit Ende Mai keine Hilfslieferungen mehr über den Grenzübergang Rafah bekommen, fügte Katzer hinzu. "Wir borgen uns momentan Material vom Gesundheitsministerium, um arbeiten zu können." Er kritisierte, es stünden Hunderte Laster auf der ägyptischen Seite bereit. Die Versorgung des ins Mittelmeer gebauten Piers funktioniere nicht. "Und auch über die anderen Grenzübergänge kommt einfach viel zu wenig, das muss dringend ausgeweitet werden."

Am deutschen Umgang mit verletzten Kindern aus dem Gazastreifen gibt es deutliche Kritik. Wie das ARD-Morgenmagazin berichtet, hatten sich mehrere Kliniken dazu bereit erklärt, die Kosten für Behandlungen in Deutschland zu übernehmen. Doch die Bundesregierung lehnt bislang Visa für eine Begleitperson, die unterstützen könnte, ab. Kinder unter zwölf Jahren dürfen mit medizinischem Personal alleine zur Behandlung einreisen.

Auf Anfrage heißt es aus Regierungskreisen, dass Sicherheitsprüfungen deutlich gemacht hätten, dass "extremistische Einstellungen - etwa unter dem Gesichtspunkt der Hamas-Mitgliedschaft oder als deren möglicher Sympathisant - vorkommen können". Ein mögliches Risiko könnte später auch vom Familiennachzug ausgehen.

Von dieser Antwort zeigen sich die Deutsche Gesellschaft für Plastische Chirurgie und Hilfsorganisationen wie die Kölner Refugees Foundation massiv enttäuscht. Sie hätten die Betten für die Kinder und auch die Übernahme der Flugkosten organisiert. "Mir ist einfach unerklärlich, warum andere Länder das hinkriegen und wir in Deutschland daran kapitulieren", sagte Daniela Neuendorf von Refugees Foundation im ARD-Morgenmagazin.

Kritik am deutschen Umgang mit verletzten Kindern aus Gaza

Cosima Gill, WDR, Morgenmagazin, 03.07.2024 05:30 Uhr

Die libanesische Hisbollah-Miliz hat einen Waffenstillstand im Gazakrieg als den einzig sicheren Weg zu einer vollständigen Waffenruhe an der israelisch-libanesischen Grenze erklärt. Die Hisbollah unterhalte eine Unterstützungsfront für die mit ihr verbündete Hamas im Gazastreifen, sagte Hisbollah-Vize Scheich Naim Kassem in einem Interview der Nachrichtenagentur AP. "Wenn der Krieg gestoppt wird, wird es diese militärische Unterstützung nicht mehr geben", sagte er.

Im Westjordanland sind palästinensischen Angaben zufolge vier Palästinenser bei einem israelischen Angriff getötet worden. Der Angriff habe sich gegen die Flüchtlingssiedlung Nur Schams nahe der Stadt Tulkarm im Nordwesten gerichtet, erklärte das Gesundheitsministerium der palästinensischen Autonomiebehörde. Die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa meldete, bei den Toten handele es sich um Männer im Alter zwischen 20 und 25 Jahren.

Bei einem israelischen Luftangriff im Gazastreifen ist eine neunköpfige palästinensische Familie getötet worden. Bei den Toten handelt es sich nach Angaben des Al-Aksa-Märtyrerkrankenhauses um einen 62-jährigen Mann, dessen Frau, Sohn und Schwiegertochter, vier Enkelkinder im Alter zwischen drei und fünf Jahren, sowie eine weitere Angehörige. Ein weiterer Mann und dessen fünfjähriger Sohn wurden ebenfalls getötet. Außerdem gab es zehn Verletzte, darunter Kinder.

Eine Verwandte sagte der Nachrichtenagentur AP, die Familie sei am Montag aus Chan Yunis geflohen, nachdem Israel dort eine Evakuierung angeordnet hatte. Insgesamt seien 15 Angehörige bei ihr in Deir al-Balah, das nördlich von Chan Yunis liegt, angekommen. Ihr Haus stehe in einem von Israel im Mai zu einer humanitären Zone erklärten Gebiet. Nach dem Angriff am Dienstagnachmittag war ein ganzes Stockwerk ausgebrannt, wie ein Video der AP zeigt. "Fast alle Bewohner wurden getötet, nur zwei oder drei überlebten", so die Verwandte.

Das israelische Militär äußerte sich zunächst nicht zu dem Angriff. Es hatte die Menschen im Ostteil von Chan Yunis am Montag aufgefordert, die Gegend zu verlassen.

Israels Armeechef Herzi Halevi rechnet mit einer langen Schlacht gegen die islamistische Hamas. Es sei eine lange Schlacht, aber mit "Entschlossenheit und Ausdauer" werde Israel seine Aufgaben erfüllen, sagte Halevi vor Truppen. "Mehr als 900 Terroristen" seien bei Kämpfen in der Region Rafah im Süden des Gazastreifens getötet worden.

Zuvor hatte die New York Times unter Berufung auf israelische Sicherheitskreise berichtet, dass hochrangige Generäle eine Waffenruhe als besten Weg ansehen würden, um die Freilassung verbleibender Geiseln zu erreichen - auch wenn dies bedeute, nicht alle Kriegsziele zu erreichen.

Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu trat dem jedoch entgegen. "Ich bin hier, um unmissverständlich klarzumachen: Das wird nicht passieren", so der Premier. Der Krieg werde enden, "wenn Israel alle seine Ziele erreicht hat, einschließlich der Zerstörung der Hamas und der Freilassung aller unserer Geiseln". Die Armee verfüge über alle Mittel, um die Ziele im Gazastreifen zu erreichen.

Laut UN sind im Gazastreifen fast zwei Millionen Menschen auf der Flucht. Im Süden des Libanon ist nach libanesischen Angaben ein Zivilist bei einem israelischen Luftangriff getötet worden.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichteten die tagesthemen am 03. Juli 2024 um 22:15 Uhr.