Neues Urheberrecht Ablenken vom eigenen Wortbruch
Mit der Zusatzerklärung zur EU-Urheberrechtsreform begrenzt die Regierung einen Schaden, den sie selbst mit verursacht hat, meint Marcel Heberlein. Jetzt geht es nur noch darum, die schlimmsten Auswirkungen zu verhindern.
Erinnern Sie sich noch an den Moment, als eine lose Absichtserklärung die Welt verändert hat? Nein? Ich auch nicht. Die Bundesregierung hat der murksigen EU-Urheberrechtsreform zugestimmt. Im Ministerrat hatte die deutsche Regierung die entscheidende Stimme und hätte Uploadfilter verhindern können. Sie hat es nicht getan. Das ist entscheidend.
Mit ihrer Zusatzerklärung versucht die Bundesregierung vor allem, vom eigenen Wortbruch abzulenken. Sie hatte ja mal versprochen, dass Uploadfilter mit ihr nicht zu machen sind. Vor der Europawahl will sie junge Wählerinnen und Wähler beruhigen. "Uploadfilter - ach Kids, macht euch mal keine Sorgen. Wo wir können, verhindern wir die." Was von diesen hehren Absichten in zwei Jahren noch übrig bleibt, wird sich zeigen. Bis dahin muss Deutschland die Richtlinie umsetzen.
Thema war der Koalition nicht wichtig genug
Ja, die Erklärung hat Deutschland einen kleinen Spielraum verschafft. Aber wie weit geht der? Die Grundzüge der Reform müssen in allen Staaten der EU gleich umgesetzt werden. Das ist ja der Sinn einer Richtlinie. Immerhin macht sich die Regierung ein bisschen ehrlich. Denn in der Zusatzerklärung steht: Ziel soll es sein, Uploadfilter weitgehend unnötig zu machen. Soll heißen: Ganz verhindern kann man sie nicht.
Dass es so weit gekommen ist, liegt allein daran, dass das Thema weder der Union noch der SPD wirklich wichtig war. Für die Frage, in welche Gehaltsgruppe der ehemalige Chef des Verfassungsschutzes eingruppiert wird, ob es 2500 Euro mehr oder weniger sind, dafür ging die SPD aufs Ganze, drohte mit dem Bruch der Koalition. Die Angst einer halben Generation, ihre Art von Internet zu verlieren, war ihr offensichtlich nicht so viel wert.
Selbst verursachter Schaden
Die Regierung hätte sich frühzeitig dafür einsetzen müssen, die Richtlinie aufzuspalten. Das, was jetzt Artikel 17 heißt, was sehr wahrscheinlich zu Uploadfiltern führen wird, der murksige Teil also, den hätte man trennen müssen vom sinnvolleren Rest. So aber blieb für alle nur: Friss oder stirb. Und die Regierung hat gefressen.
Jetzt kann es nur darum gehen, die nervigsten Auswirkungen der Richtlinie zu verhindern. Die Regierung will klar machen, dass die neuen Regeln nur für die größten Plattformen gelten, also YouTube, Facebook und so weiter. Das ergibt Sinn. Was sie sonst noch drehen kann, muss sie rechtlich prüfen. Am Ende aber bleibt: Die Bundesregierung begrenzt damit nur einen Schaden, den sie selbst mit verursacht hat.
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