Krieg in der Ukraine Das Unvorstellbare ist wahr geworden
Russland Angriff auf die Ukraine erschüttert die Welt. Der Krieg begann nach einer langen Phase zunehmender Verständnislosigkeit und Provokation, meint Arthur Landwehr. Waren die USA, die EU, die NATO auf dem Weg dorthin nur Zuschauer?
Das war so ein schöner Gedanke, das "Ende der Geschichte". Der Kampf der Ideologien, der den Kalten Krieg geprägt hatte, sei mit dem Untergang der Sowjetunion überwunden, schrieb Francis Fukuyama vor genau 30 Jahren. Das westliche Modell der liberalen Demokratie werde zur Grundlage kooperierender, erwachsen gewordener Gesellschaften, die an Krieg kein Interesse mehr hätten. Und jetzt das.
Ein denkbar altmodischer Krieg
Am Ende einer langen Phase zunehmender Verständnislosigkeit und Provokation beginnt ein denkbar altmodischer Krieg. Ein Land überfällt ein anderes mit Panzern und Soldaten, um es in die Knie zu zwingen. Es will sich selbst ein Stück einverleiben oder zumindest zur Einflusssphäre machen.
Natürlich hatte es nach der Neuordnung der Welt mehr als genug Konflikte und Kriege gegeben, und der "Kampf der Kulturen" schien die Wirklichkeit sehr viel besser abzubilden als das "Ende der Geschichte". Aber das, was wir jetzt mit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine sehen, war doch zum Unvorstellbaren geworden, zu etwas, das nicht mehr zu Europa passt und nicht mehr passen darf.
Aber wie konnte es dazu kommen? Versucht hier ein im alten Denken und einer Romantik vom russischen Großreich verhafteter Wladimir Putin sein Vermächtnis zu regeln, wie es immer wieder dargestellt wird? Vielleicht spielt das tatsächlich eine Rolle, es ändert aber nichts daran, dass er hier einen Angriffskrieg führt, der Tod und Leid bringt und den es einfach nicht geben darf.
Es lohnt sich aber durchaus zu fragen, warum es in Europa nicht zum Ende der Geschichte gekommen ist, warum aus der großen europäischen Revolution und der Befreiung aus dem sowjetischen Totalitarismus nicht die Gemeinschaft liberaler, demokratischer Gesellschaften geworden ist, deren gemeinsames Ziel das Wohlergehen der Menschen ist. Wie Russland sich jetzt verhält, sehen wir mit eigenen Augen. Aber waren wir, waren die USA, die EU, die NATO auf dem Weg dorthin nur Zuschauer oder haben wir etwas damit zu tun? Im Rückblick haben sich nämlich die westlichen Demokratien ebenso altmodisch und in überwunden geglaubten Verhaltensmustern bewegt.
Macht, strategische Position und Marktkontrolle
Das Ende der Geschichte hätte bedeutet, den gemeinsamen Weg zu suchen, der zu Freiheit, breitem Wohlstand und Demokratie führt. Tatsächlich aber spielten die Kategorien von Macht, strategischer Position und Marktkontrolle die entscheidende Rolle. Als sich die Sowjetunion auflöste, war das alte System bankrott und Russland blieb als geschwächtes Land zurück, nur mit Mühe lebensfähig.
Und diese Situation hat der Westen ausgenutzt, sich wirtschaftlich und sicherheitsstrategisch direkt an Russlands Grenzen positioniert, ohne dass Russland hätte etwas dagegen tun können. Das hat nicht nur die militärische Bedeutung, über die immer gesprochen wird. Russland sind mit den alten Nachbarn Lieferanten weggebrochen, die nun lieber für den Westen produzieren.
Direkter Konkurrent bei Gaslieferung
Die USA sind in den vergangenen Jahren zum Energielieferanten und damit zum direkten Konkurrenten bei dem Stoff geworden, bei dem Russland Bedeutung hat.
Und dieser Konkurrent verschafft sich in der Ukraine eine strategische Position, in der er mit der Gas-Pipeline die Lebensader unter seine Kontrolle bringt und den Bypass durch die Ostsee verhindert.
Nachdenken, wie es nach dem Krieg weiter geht
Das alles rechtfertigt keinen Krieg, rechtfertigt nicht die russische Aggression, rechtfertigt nicht den Tod unschuldiger Menschen, die Zerstörung ihrer Lebensleistung.
Es gilt aber, darüber nachzudenken, wie man nach diesem Krieg endlich die Geschichte beenden kann.
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