Aussage zu "Sozialtourismus" Friedrich Merz weiß, was er sagt
Flüchtlinge aus der Ukraine als "Sozialtouristen"? Nicht zum ersten Mal rutscht der CDU-Vorsitzende Merz in den Populismus ab. Das ist kein Versehen.
Wenn ein Tourist in ein anderes Land fährt, ist das etwas Schönes. Urlaub, Sonne, Ruhe und Entspannung. Wenn jemand aber vor einem Krieg flieht, ist es das komplette Gegenteil. Familien lassen oft alles zurück. Ihre Häuser, ihre Ehemänner und Väter. Ihr Leben. Dass Menschen das tun, um in Deutschland etwas Geld abzustauben, ist absurd. Es ist zynisch. Krieg und Tourismus passen nicht zusammen. Das weiß Friedrich Merz natürlich und das macht es umso schlimmer. Denn dass ihm eine Aussage über einen angeblichen "Sozialtourismus" so rausrutscht, fällt schwer zu glauben.
Merz belegt nicht, was er sagt. Dabei erhebt er schwere Vorwürfe: "Wir erleben mittlerweile einen Sozialtourismus dieser Flüchtlinge: Nach Deutschland, zurück in die Ukraine, nach Deutschland, zurück in die Ukraine."
Merz glaubt, dass die Menschen die Grundsicherung - also etwa den Hartz-IV-Satz - gerne mitnehmen - etwas mehr Geld als einem Asylbewerber zusteht. Wer dem CDU-Chef zuhört, sieht einen Mann, der an seiner Aussage keine Zweifel zulässt. Doch so sicher er sie vorträgt, so wenig belegt er den Satz. Fragen drängen sich auf: Wie viele Menschen sind das? Wie oft kommt das vor? Gibt es Zahlen der Behörden? Das sagt Merz nicht. Aber er müsste das tun, denn er spricht als Oppositionsführer und CDU-Chef. Das ist eines der wichtigsten politischen Ämter.
Die Realität ist komplizierter
Auf die heftige Kritik reagiert Merz, braucht dafür aber schon drei Tweets. Er schreibt plötzlich von Einzelfällen und bittet um Entschuldigung, wenn er jemanden verletzt habe. Belege liefert er wieder nicht. Ja, auch unter Flüchtlingen gibt es Leute, die sich nicht an Regeln halten. Darüber muss man auch reden. Aber die Realität ist komplizierter und grauer. Und populistische Schlagwörter wie "Sozialtourismus" treffen eben nicht ins Schwarze, sondern weit daneben.
Es ist nicht das erste Mal, dass der CDU-Chef so handelt. Seine Sätze sind zuletzt häufig nah am Populismus gebaut. Ständig erzählt er, Deutschland habe andere Probleme als das Gendersternchen. Setzt dann aber eine Gender-Debatte auf dem CDU-Parteitag an. Er raunt, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht objektiv berichtet - wieder ohne sich die Mühe zu machen, das zu belegen.
Zu schlau für billigen Populismus
So etwas ist gefährlich. Ein Oppositionsführer muss mehr bieten. Seine Kritik soll hart sein, aber fair und besonnen. Vor allem braucht es eine Union, die Brandmauern zu den Extremen aufrechterhält. Das führt am Ende vielleicht zu weniger Schlagzeilen, tut aber der Demokratie gut.
Merz ist eigentlich viel zu schlau für billigen Populismus - auch noch auf dem Rücken von Kriegsflüchtlingen. Und doch lässt er sich hinreißen. Liegt es an der bevorstehenden Wahl in Niedersachsen? Auch das könnte er besser wissen. Dass es der Union wenig bringt, den populistischen Sound zu kopieren, könnte ihm sein Kollege Markus Söder erklären - der auch einmal von "Asyltourismus" sprach. Wahlerfolge hat das seiner CSU nicht beschert.
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