Abkommen mit dem Libanon Jetzt helfen nur noch schmutzige Deals
Augen zu und durch: Die EU unterstützt jetzt auch den Libanon, damit weniger Geflüchtete nach Europa kommen. So vermeidet sie eine längst überfällige Debatte über funktionierende Asylregeln.
Tunesien, Ägypten, Marokko, Libyen, zuletzt Mauretanien - und jetzt auch noch der Libanon. Man drückt beide Augen immer fester zu, um ein einziges Ziel zu erreichen: weniger Geflüchtete in Europa.
Natürlich, die kleine Inselrepublik Zypern hat massive Probleme. Rund 4.000 Syrer sind seit Jahresbeginn vom Libanon aus per Boot übergesetzt. Die Flüchtlingslager sind heillos überfüllt, Asylanträge können nicht mehr bearbeitet werden. Und: Zypern hat das Problem, wie Italien, Malta, Griechenland, dass der Rest des EU-Clubs nicht hilft - oder zu wenig, zu langsam. Zypern steht allein da und ruft um Hilfe.
Länder leiden an totalitären Machthabern
Und das passt in das Konzept der EU-Kommissionschefin, die wie eine Handelsreisende den außereuropäischen Mittelmeerraum bearbeitet. Im Gepäck: EU-Milliarden und blumige Worte. Es gehe darum, den Libanon, der nach Besserem strebt, politisch und wirtschaftlich zu unterstützen.
Was ausgeblendet wird: Viele der Länder leiden vor allem an ihren totalitären Machthabern. So ließ sich die EU bereits mit Tunesiens Staatschef ein, der kurz nach den Familienfotos mit dem EU-Spitzenpersonal, wissen ließ: Sein Land nehme doch "nichts an, was Gnaden oder Almosen ähnelt". Zuvor schon wurde bekannt, dass er Flüchtlinge aus Subsahara-Afrika ohne Wasser in der Wüste aussetzen ließ.
Viele Kinder müssen arbeiten
Nun der Libanon: Der steckt in einer tiefen Wirtschaftskrise, die eigenen Leute rutschen in immer größere Not. Laut UNICEF sieht sich jede zehnte Familie gezwungen, ihre Kinder arbeiten zu schicken, und all das vor allem wegen jahrzehntelanger Korruption in Politik und Wirtschaft. Laut Human Rights Watch werden Syrer von libanesischen Beamten diskriminiert, zum Teil gefoltert, um sie zur Rückkehr in die Heimat zu zwingen.
Alles bekannt - die EU toleriert, dass sich andere für sie die Finger schmutzig machen. So fordert jetzt der zyprische Präsident, man müsse prüfen, ob einige Regionen Syriens - wohlgemerkt des Bürgerkriegslands, aus dem die meisten Menschen genau deshalb Bleiberecht in der EU bekommen - mittlerweile als sicher einzustufen seien und Menschen dorthin zurückkehren könnten. Das UN-Flüchtlingshilfswerk sagt "nein".
Solidarität und Asylregeln
Wenn aber der libanesische Präsident "den Job" bei sich erledigt, erspart sich die EU eine schmerzhafte Debatte. Zumal auch Tempo entscheidend ist. Europa setzt dringend auf mehr Abschottung. Bis der gerade beschlossene Asyl- und Migrationspakt wirkt, dürften noch ein bis zwei Jahre verstreichen.
Selbstverschuldetes Elend: Die EU hat es zuvor jahrelang schleifen lassen, an neuen, funktionierenden Asylregeln zu arbeiten. Genauso wie an der Solidarität unter den 27 EU-Staaten. Weil es damit auch künftig nicht weit her sein dürfte, helfen jetzt wohl nur schmutzige Deals. Die Mehrheit der EU-Staaten zumindest will es so - und sollten dann bitte nichts beschönigen.
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