Impfpflicht gescheitert Große Chance vertan, Vorsorge zu treffen
Die Einführung einer Corona-Impfpflicht ist vorerst gescheitert. Eine Niederlage mit Ansage. Denn die deutsche Pandemiepolitik ist von kurzen Sprüngen, wenig vorausschauendem Handeln und zu vielen Rollen rückwärts geprägt.
Das war eine Niederlage mit Ansage - insbesondere für Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. Sie haben es nicht geschafft, eine Mehrheit für eine Impfpflicht zu organisieren, weder aus eigener Kraft mit den Stimmen der Ampel-Koalition noch mit der Unterstützung der Opposition. Das ist bitter für Millionen von Risikopatienten, Familien, Kindern und Jugendlichen - alle, die in den vergangenen zwei Jahren besonders unter den Corona-Einschränkungen gelitten haben und zum Teil bis heute leiden.
Viel Parteipolitik und taktisches Vorgehen
Die Union scheint die Abstimmung im Bundestag genutzt zu haben, um die Ampel-Koalition vorzuführen, die bei diesem wichtigen Thema keine eigene Mehrheit zustande bekommt. Aus den Reden der Abgeordneten war heute viel Parteipolitik und taktisches Vorgehen herauszuhören und das nicht nur bei den Unionsabgeordneten.
Doch CDU und CSU hätten die Möglichkeit gehabt, über ihren parteipolitischen Schatten zu springen. Zumal sich in der Vergangenheit viele Unionspolitikerinnen und Unionspolitiker für eine Impfpflicht ausgesprochen hatten, nicht zu vergessen die Ministerpräsidenten in den Ländern, die seit Monaten für eine Impfpflicht werben.
Streit über "Klein-Klein"
Statt fraktionsübergreifend zusammenzuarbeiten, einen echten Kompromiss zu finden, das Land auf eine neue mögliche Corona-Welle im Herbst und Winter vorzubereiten, haben die Fraktionen heute im Parlament über Klein-Klein gestritten, wann wer wem ein Gesprächsangebot gemacht hat und über welchen Antrag in welcher Reihenfolge abgestimmt wird.
Von dem Schulterschluss der Parteien - wie am Anfang der Pandemie - ist nichts übrig geblieben. Und dabei geht es nicht nur um eine Impfpflicht. Hätte die Politik einen anderen Plan, die Impflücken zu schließen - dann um so besser.
Stattdessen ist die Impfkampagne fast zum Erliegen gekommen. Und was ist mit den vielen anderen Ankündigungen: der verbesserten Datenlage, der stärkeren personellen Ausstattung der Gesundheitsämter und so weiter?
Kurze Sprünge und viele Rollen rückwärts
Die deutsche Pandemiepolitik ist von kurzen Sprüngen, wenig vorausschauendem Handeln und zu vielen Rollen rückwärts geprägt. Die Impfpflicht für Ältere wäre eine Möglichkeit gewesen, Impflücken bei denjenigen zu schließen, die besonders gefährdet sind.
Nicht um die Betroffenen, die sich partout nicht impfen lassen wollen, vor einer Erkrankung zu schützen, nein, sondern um alle anderen vor neuen Einschränkungen und Schließungen zu bewahren, wenn wieder eine Überlastung der Kliniken droht.
Der Bundestag hat heute eine große Chance vertan, Vorsorge zu treffen. Denn Corona ist nicht vorbei. Und Regierung und Opposition stehen jetzt mit leeren Händen da.