EU-Gipfel Der Preis des Krieges
Die EU-Staats- und Regierungschefs haben die Weichen dafür gestellt, dass die Ukraine Zinserträge aus russischem Vermögen in Europa erhält. Das ist eine vernünftige Idee. Aber auf Europa kommen ganz andere Kosten zu.
Hinter den Europäern liegt ein schwieriger Gipfel - aber ein Gipfel, bei dem am Ende Erfolge erzielt werden konnten. An erster Stelle die gemeinsame und einstimmige Erklärung zum Krieg in Nahost. Beide Seiten, die Hamas und Israel, werden aufgefordert, sofort die Waffen niederzulegen. Und ganz konkret wird Israel vor einer Bodenoffensive in Rafah gewarnt.
So klare Worte hat es bei Gipfeln noch nicht gegeben, das scheiterte immer am Tauziehen zwischen den Ländern, die eher an der Seite der Palästinenser stehen, und jenen, die - wie Deutschland - traditionell an der Seite Israels stehen.
Dass beide Seiten sich jetzt aufeinander zubewegen, ist ein Fortschritt. Der könnte dazu führen, dass die Europäer im Nahen Osten wieder stärker als Vermittler akzeptiert werden, als ehrliche Vermittler. Darauf wird es ankommen.
EU will der Ukraine russische Zinsen zur Verfügung stellen
Fortschritte gab es in Brüssel auch bei einem ganz anderen Thema, das allen Staats- und Regierungschefs unter den Nägeln brennt: Die Frage, wie das Überleben der Ukraine gesichert werden kann. Und ganz konkret: Wie man mehr Waffen und Munition finanzieren kann.
Was wäre da sinnvoller, als den Zinsertrag aus dem Milliardenvermögen heranzuziehen, das der russische Staat vor dem Krieg auf europäischen Banken geparkt hat? Die Idee ist vernünftig. Es ist eine gute Nachricht, dass der Gipfel dafür die Weichen gestellt hat. Bei diesen Zinserträgen geht es immerhin um zwei oder sogar drei Milliarden Euro pro Jahr. Das ist kein Kleckerbetrag. Aber das wird nicht ausreichen. Auf Europa kommen ganz andere Kosten zu.
Warum es für Europa teurer wird als gedacht
Der Krieg wird teurer als gedacht - diese nüchterne Einsicht teilten beim Gipfel viele. Der Bundeskanzler hat zwar Recht, wenn er die anderen großen EU-Länder drängt, mehr zu tun - die halten sich bisher erstaunlich zurück.
Frankreich, Spanien und Italien geben zusammengerechnet nur einen Bruchteil der Militärhilfe, die Deutschland leistet. Das ist peinlich, wird sich aber wahrscheinlich nicht ändern. Denn diese Länder sind so hoch verschuldet, dass sie kaum noch Spielraum für große Milliardenüberweisungen nach Kiew haben.
Scholz sollte über seinen Schatten springen
Eine Lösung für das Problem gibt es, man hat sie sogar schon mal in der Corona-Krise ausprobiert. Damals nahmen die Europäer gemeinsam Schulden auf, mehrere hundert Milliarden Euro, um den Absturz der Wirtschaft zu verhindern. Aus deutscher Sicht sollte das eine einmalige Ausnahme bleiben, aber das ist Vergangenheit.
Die Sicherheit Europas vor Putins Eroberungspolitik ist eine Ausnahme wert. 100 Milliarden Euro-Bonds würden wirklich weiterhelfen bei der Finanzierung der Ukraine-Hilfe - da sollte der Kanzler noch mal über seinen Schatten springen, so wie er das als Finanzminister in der Corona-Krise auch gemacht hat.