Kommentar zum Brexit Mays Rücktritt ist überfällig
Dass ein Gesetz aus dem 17. Jahrhundert die Brexit-Abstimmung verhindert, ist symptomatisch: Großbritannien steckt in einer schweren demokratischen Krise. Schuld ist Premierministerin May. Ihr Rücktritt ist überfällig.
Wenn man nicht wüsste, was auf dem Spiel steht, für Großbritannien und die Europäische Union, dann könnte man sich jetzt herrlich über die Briten und ihr Parlament lustig machen. Zehn Tage vor dem Brexit weiß noch immer kein Mensch, wie es jetzt weiter geht. Da blättert der Speaker of the House, John Bercow, in den Geschichtsbüchern und findet heraus, dass nach einer Übereinkunft aus dem Jahre 1604 in dieser Woche nicht noch einmal über Theresa Mays Austrittsabkommen abgestimmt werden kann. Vielleicht ist es erst in der nächsten Legislaturperiode möglich.
Geschichte von kuriosen Entscheidungen
1604: Damals hatte gerade Jakob I. die Krone von Elisabeth I. übernommen. Von Premierministerin May konnte damals noch niemand etwas ahnen, auch die EU war unbekannt, aber Heinrich VIII. hatte ein paar Jahrzehnte zuvor immerhin schon den ersten Brexit hingelegt und sich vom Papst verabschiedet.
Es ist schon eine arge Last, wenn man ein solch altes Parlament hat. Das oberste Gericht des Landes hatte im Jahr 2017 Fälle aus dem Englischen Bürgerkrieg des 17. Jahrhunderts herangezogen, als es entschied, dass die Abgeordneten diesmal beim Brexit mitbestimmen dürfen. Kurios? Nein. Die Demokratie in einem Land ohne geschriebene Verfassung funktioniert so. Oder auch nicht.
May hat den Brexit an die Wand gefahren
Jedenfalls ist die britische Demokratie derzeit in einer schweren Krise. Man ist fast versucht zu sagen, in ihrer schwersten seit dem 17. Jahrhundert. Allerdings trifft Jakob I. daran noch die geringste Schuld. Auch John Bercow ist nicht der Verursacher dieses politischen Chaos. Die wirklich Schuldige sitzt nur wenige hundert Meter von den Houses of Parliament entfernt in 10 Downing Street.
Theresa May hat den Austritt aus der Europäischen Union so gründlich an die Wand gefahren, wie man es sich 2016 nicht einmal in seinen schlimmsten Albträumen vorstellen konnte. Die Entscheidung für den Brexit hat Großbritannien nicht zu alter Größe zurückgeführt, sondern erst einmal auf der internationalen Bühne zur Lachnummer gemacht, zu einem Land, das niemand mehr ernst nehmen kann.
Hilflos und ohne Plan
Ende der Woche fährt die Premierministerin wieder zu einem EU-Gipfel mit nichts in der Hand, hilflos und ohne Plan. Aber mit dem Wunsch, dass die anderen 27 Staats- und Regierungschefs den britischen Austritt noch einmal hinausschieben. Wozu? Mit welchem Ziel? Wie lange? Es ist Zeit, dass diese Premierministerin endlich aufhört, den Rest der EU zu nerven.
Ihr Rücktritt ist überfällig. Vielleicht findet ja eine andere Premierministerin oder ein anderer Premierminister irgendwo in der langen britischen Geschichte eine Idee, wie man elegant aus der EU herauskommt. Wenn nicht, dann sollten die britischen Politiker die Entscheidung an die Bürger zurückgeben. Sie erneut fragen, ob sie sich diesen Wahnsinn noch weiter antun oder nicht doch lieber in der EU bleiben wollen.
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