Brexit Johnson weiß, dass ihm das Chaos nützt
Boris Johnson ist bereit, für Macht alles zu zerstören, meint Annette Dittert. Will die Opposition ihn stoppen, muss sie die Wahl so lange hinauszögern, bis Johnson selbst die Verantwortung für das Chaos übernehmen müsste, das er angerichtet hat.
Am Ende dieser Woche ist nichts mehr wie es war in Großbritannien. Nachdem das Land unter Theresa May noch fast unmerklich in Richtung Populismus rutschte, hat Boris Johnson sich jetzt selbst zum Kopf dieser Bewegung gemacht. Mit dem Rauswurf von 21 gemäßigten Tories ist er auf dem Weg, seine Partei zu einer fanatischen Gruppe englischer Nationalisten umzubauen. Und er plant jetzt einen Wahlkampf, der die Gräben noch mehr vertiefen wird.
Denn auch wenn es im Moment so aussieht, als habe sich Johnson verzockt, noch könnte er seinen Willen bekommen. Denn er weiß intuitiv, dass ihm das derzeitige Chaos nützt - und hat deshalb nicht vor, das so tief zerrissene Land zu einen. Er will die Macht um der Macht willen, und ist offenbar bereit, dafür im Zweifelsfall alles zu zerstören.
Das klingt nach Krieg - und soll es auch
Noch nie haben reihenweise Abgeordnete ihren Premier offen einen Lügner genannt, jetzt passiert das jeden Tag. "Kapitulationsgesetz" nennt Johnson den Versuch seiner Gegner, einen chaotischen Brexit zu verhindern. Das klingt nach Krieg und Verrat - und das soll es auch. Und es könnte funktionieren.
Aber es ist riskant: Und da liegt die Chance für all die, die diesen so unbritisch rüpelhaften Premier noch stoppen wollen. Die bislang zerstrittene Opposition muss sich auf ein Wahlbündnis gegen ihn einigen, und den Wahltermin so lange herauszögern, bis Johnson selbst die Verantwortung für das Chaos übernehmen müsste, das er angerichtet hat.
Er lande lieber irgendwo im Graben als Brüssel um eine Verlängerung zu bitten, sagte Johnson heute. Was er nicht gesagt hat, ist, dass er vorhat, dabei das ganze Land mit sich zu reißen. Noch aber ist es nicht zu spät, ihm das Steuer aus der Hand zu nehmen.
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