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Staatliche Auslandssender Wie Russland die Sperrungen umgeht

Stand: 06.04.2022 16:18 Uhr

Russische Propagandasender sind in Deutschland verboten worden. Der Kreml versucht, die Sperrungen zu umgehen - durch neue Ausspielwege, gespiegelte Inhalte und nützliche Unterstützer.

Von Patrick Gensing, tagesschau.de

Nach den Berichten über die Gräueltaten von Butscha läuft die russische Propaganda auf Hochtouren. Von inszenierten Bildern ist unter anderem die Rede. Bislang spielten die russischen Staatssender wie RT eine zentrale Rolle, um die Narrative aus dem Kreml international zu verbreiten.

RT DE - früher RT Deutsch - entwickelte sich in der Corona-Pandemie zu einem der wichtigsten Stichwortgeber für die "Querdenker"-Bewegung, wie Analysen zeigten.

Offizielle Kanäle springen ein

Doch mittlerweile herrscht Funkstille auf den bisherigen Kanälen, über die RT DE und andere Staatssender ihre Botschaften in die Welt sendeten. Stattdessen haben sich die Social-Media-Kanäle der russischen Botschaften zu wichtigen Distributionswegen entwickelt. Nachdem beispielsweise die Bilder aus Butscha international für Entsetzen gesorgt hatten, verbreiteten verschiedene Twitter-Konten des russischen Außenministeriums ihre kruden Behauptungen von inszenierten Verbrechen. Darunter waren beispielsweise die russische Botschaft in Deutschland auf Twitter und der Facebook-Account der russischen Botschaft in der Slowakei.

Konstantin von Notz fordert Konsequenzen: Die Betreiber der großen Plattformen müssten genau wie bei gezielten Falschmeldungen über Covid-19 reagieren, schrieb der Grünen-Politiker auf Twitter.

Twitter reagiert

Twitter schränkte mittlerweile die Reichweite von zahlreichen Konten der russischen Regierung ein. Dazu gehören offizielle Profile von Ministerien und Botschaften sowie die Konten hochrangiger russischer Beamter. Allerdings handelt es sich um eine vergleichsweise milde Reaktion, denn die betroffenen Konten werden lediglich nicht mehr empfohlen.

Dabei gibt es klare Verstöße gegen die Twitter-Regeln. Am 10. März behauptete beispielsweise die russische Botschaft in London, die Bombardierung einer Entbindungsklinik in der ukrainischen Stadt Mariupol sei vorgetäuscht worden. Die Behauptung war falsch. Twitter entfernte später entsprechende Tweets.

Recherchen der BBC zeigten weitere Fehlinformationen, die von offiziellen russischen Regierungskonten verbreitet wurden. Zudem handelte es sich laut BBC um koordinierte Aktivitäten über mehrere Konten, was gegen die Twitter-Regeln verstößt.

Ausweichkanäle und nützliche Unterstützer

Weiterhin versucht Russland aber auch, die Inhalte seiner Staatssender zu verbreiten. So gibt es mehrere Internet-Adressen, über die die Inhalte von RT DE ausgespielt werden. Diese ähneln den bekannten Adressen, laufen aber über andere Domains - wie beispielsweise ".team".

Diese gespiegelten Seiten werden auf großen Plattformen laut einer Auswertung mit dem Analyse-Tool "CrowdTangle" von einzelnen Nutzern immer wieder in bestimmten Facebook-Gruppen geteilt. So beispielsweise in "Friedensinitiativen" oder Gruppen, in denen sich "Mündige Bürger" versammelten.

Schiffmann verbreitet RT-Inhalte

Der bei Corona-Leugnern populäre Bodo Schiffmann übernimmt ebenfalls Inhalte von den neuen RT-Kanälen und verbreitet diese über Telegram, wo entsprechende Meldungen von Zehntausenden Nutzerinnen und Nutzern gesehen werden. Schiffmann hatte sogar vorübergehend das Programm von RT DE über Telegram durchgehend gestreamt. Das Interesse war aber offenbar gering.

Anfang Februar wurde der Sendebetrieb von RT DE wegen einer fehlenden Sendelizenz verboten. Anfang März untersagte die EU die Verbreitung von Inhalten von RT und Sputnik innerhalb der Union, "bis die Aggression gegen die Ukraine ein Ende hat und die Russische Föderation und die ihr nahestehenden Medien ihre Desinformations- und Informationsmanipulationsmaßnahmen gegen die EU und ihre Mitgliedstaaten einstellen".

Scharfe Zensur in Russland

Russland untersagte seinerseits den Sendebetrieb der Deutschen Welle - und schränkte nach dem Einmarsch in die Ukraine sowohl unabhängige Medien als auch soziale Netzwerke drastisch ein.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 06. April 2022 um 05:16 Uhr.