"Blaue Moschee" geschlossen Islamisches Zentrum Hamburg verboten
Das Bundesinnenministerium hat den schiitischen Moschee-Verein Islamisches Zentrum Hamburg verboten. Ein Vorwurf: Terrorismusunterstützung. Durchsuchungen gibt es auch in weiteren Bundesländern.
Schon im vergangenen Jahr war die Staatsmacht in der Straße "Schöne Aussicht" im Norden Hamburgs angerückt. Beamte hatten im November 2023 ein beeindruckendes Gebäude an der Außenalster durchsucht: die schiitische Imam-Ali-Moschee, auch "Blaue Moschee" genannt. Nun kam die Polizei erneut. Diesmal aber nicht nur zur Durchsuchung. Die Moschee wird nun geschlossen.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat den Verein, der die "Blaue Moschee" betreibt, das Islamische Zentrum Hamburg (IZH), verboten. Der Verein verstoße gegen die verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik und verbreite antisemitische und antiisraelische Hetze, heißt es aus dem Ministerium. Zudem hätten Vertreter der Moschee in der Vergangenheit die Gewalttaten von Terrororganisationen wie etwa der Hamas verherrlicht und verbotene terroristische Organisationen wie die Hisbollah unterstützt.
Fünf weitere Vereine verboten
Ebenfalls verboten hat Faeser auch fünf weitere Vereine, die als Teilorganisationen des IZH gelten. In acht Bundesländern gab es am Morgen Polizeieinsätze. Durchsucht wurden insgesamt 53 Objekte, darunter Moscheen und Vereinsräume. Material und Vermögen wurden beschlagnahmt.
Nach den Razzien im vergangenen Jahr hatten die Behörden unter Federführung des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) das sichergestellte Material mit Blick auf das nun umgesetzte vereinsrechtliche Verbot geprüft. Darunter waren zahlreiche schriftliche Unterlagen, Datenträger, Computer und Literatur.
Wie aus der mehr als 200 Seiten umfassenden Verbotsverfügung des Bundesinnenministeriums hervorgeht, soll das IZH einen aggressiven Antisemitismus und eine massive Israelfeindlichkeit propagieren und damit gegen den Gedanken der Völkerverständigung verstoßen. Der Verein verbreite außerdem die Ideologie des totalitären Islamismus, wie ihn das iranische Regime vertrete.
Unterstützung der Hisbollah vorgeworfen
Wesentlicher Bestandteil des Verbots ist zudem auch der strafrechtliche Vorwurf der Terrorismusunterstützung: Dem Verein wird vorgeworfen, die in Deutschland verbotene Terrororganisation Hisbollah unterstützt zu haben, etwa durch das Anwerben von Personen und durch das Sammeln von Spendengeldern.
Das Bundesinnenministerium geht außerdem davon aus, dass das IZH eine bundesweite Struktur aufgebaut hat, die den örtlichen Moscheen die politische und religiöse Richtung vorgibt und im Auftrag des iranischen Staates eine antisemitische und demokratiefeindliche Grundhaltung weiterträgt.
Die "Blaue Moschee" gilt als eines der wichtigsten Zentren der schiitischen Religionsgemeinschaft in Europa. Gegründet wurde der Verein IZH bereits 1953, damals finanziert von Exil-Iranern. Die Verbindungen in den Iran gelten als eng, insbesondere seit der Machtübernahme der religiösen Fundamentalisten in Teheran nach 1979.
Der Hamburger Verfassungsschutz beobachtet das IZH schon seit 1993 und stuft den Verein als islamistisch ein, da er die fundamentalistische Ideologie des iranischen Mullah-Regimes vertrete. Laut Verfassungsschutz handelt es sich um einen "weisungsgebundenen Außenposten Teherans".
Erfolglose Klage gegen Beobachtung
Gegen die Beobachtung durch den Verfassungsschutz hatte die IZH-Leitung geklagt, allerdings erfolglos. Im Juni 2023 entschied das Hamburger Verwaltungsgericht nach zweitägiger Verhandlung, dass die Behörde den Verein weiterhin als islamistische Organisation mit verfassungsfeindlichen Zielen einstufen und im Verfassungsschutzbericht erwähnen darf. Lediglich einzelne der Aussagen zum IZH im Verfassungsschutzbericht 2019 seien rechtswidrig, erklärte das Gericht.
"Das IZH ist eine eindeutig extremistische und demokratiefeindliche Institution", hatte Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) nach dem Urteil erklärt.
Als echter Glücksfall für die Verfassungsschützer erwies sich dabei ein Zufallsfund einige Jahre zuvor. Der Imam der "Blauen Moschee", der zwischen Hamburg und Teheran pendelte, war bei der Reise aus dem Iran am Flughafen kontrolliert worden. Dabei entdeckten Bundespolizisten mehrere Notizbücher und Unterlagen, darunter auch Schriftstücke, die dem iranischen Sicherheitsapparat zugeordnet werden konnten.
Aus den Papieren ging hervor, dass die Leitung der Moschee offensichtlich über enge Verbindungen zum Mullah-Regime verfügte. In den Dokumenten wurde etwa der Leiter des IZH, Mohammad Hadi Mofatteh, in persönlichen Briefen als "Vertreter des Obersten Führers, Leiter des islamischen Zentrums Hamburg" betitelt. Der Bundesnachrichtendienst (BND) versicherte zudem in einem Behördenzeugnis, dass Mofatteh Anfang der 1990er-Jahre selbst im Korps der iranischen Revolutionsgarden gedient haben soll.
Immobilie geht offenbar in Besitz des Staates über
Das heutige Verbot des IZH geht mit einer Besonderheit einher: Die denkmalgeschützte Immobilie an der Außenalster geht nun in den Besitz des Staates über. Wie es mit den Gebäuden weitergehen soll, ist bislang unklar. In Sicherheitskreisen heißt es, die Moschee solle auch in Zukunft für religiöse Zwecke zur Verfügung stehen. Wer aber die Leitung der Moschee übernehmen soll, steht noch nicht fest.
Mit dem heutigen Verbot gegen das IZH sei ein wichtiger Schlag gegen die Aktivitäten und Strukturen des iranischen Regimes in Europa gelungen, heißt es in Sicherheitskreisen. In diplomatischen Kreisen wird damit gerechnet, dass Teheran darauf wiederum mit dem Verbot von deutschen Organisationen und Institutionen reagieren könnte. Oder sogar mit noch härteren Vergeltungsmaßnahmen.
Sorge vor Vergeltung
Nach Informationen von NDR und WDR besteht etwa große Sorge im Auswärtigen Amt, dass beispielsweise die Todesstrafe gegen den Deutsch-Iraner Jamshid Sharmahd, der im Februar 2023 wegen angeblicher Terrortaten verurteilt worden war, nun vollstreckt werden könnte. Sharmahd, der in der iranischen Exil-Opposition aktiv war, wurde im Sommer 2020 Berichten zufolge vom iranischen Geheimdienst in Dubai festgenommen und in den Iran gebracht. Seitdem ist er in Teheran inhaftiert.
Ein Revolutionsgericht hatte den 68-Jährigen unter anderem für einen Terroranschlag verantwortlich gemacht, bei dem 14 Menschen getötet worden waren. Außerdem legte ihm das Gericht die Kooperation mit ausländischen Geheimdiensten wie der US-amerikanischen CIA oder dem israelischen Mossad zur Last. Sharmahd hatte die Vorwürfe immer bestritten.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) nannte das Urteil inakzeptabel und forderte die iranische Regierung auf, es "unverzüglich rückgängig zu machen". Als Reaktion hatte die Bundesregierung zudem zwei Mitarbeiter der iranischen Botschaft in Berlin, darunter einen Geheimdienstler, aus Deutschland ausgewiesen.