Logo und Schrift des Bundeskriminalamtes auf einer Wand mit Schattenwurf
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Cum-Ex-Steuerskandal Ermittler erhöhen Druck auf das "Phantom"

Stand: 18.06.2024 18:03 Uhr

Paul Mora wird weltweit gesucht, er gilt als Strippenzieher im Cum-Ex-Skandal. Laut WDR und SZ haben Strafverfolger einen Auslieferungsantrag an Neuseeland gestellt. Er wäre nicht der erste Geflohene, den sie doch noch vor Gericht bekämen.

Die deutsche Justiz greift nach einem Phantom im Cum-Ex-Skandal: Paul Mora. Wegen besonders schwerer Steuerhinterziehung sollte der Investmentbanker bereits im Frühjahr 2021 vor dem Landgericht Wiesbaden erscheinen. Laut Anklage soll er den Staat um 113 Millionen Euro geprellt haben. Gemeinsam mit Bankern, Beratern und Aktienhändlern soll er sich Steuern erstatten lassen haben, die zuvor nie jemand gezahlt hat. Cum-Ex tauften sie in der Branche den Griff in die Staatskasse.

Der millionenschwere Neuseeländer war jedoch gar nicht erst zum Prozess erschienen. Er zog es offenbar vor, in seiner neuseeländischen Heimat zu bleiben. Die deutsche Justiz zeigte sich wenig erfreut, sucht seitdem mit rotgerahmten Fahndungsplakaten nach Mora.

Das Gesicht des 56-Jährigen - zurückgegelte Haare, ergraute Schläfen, Pausbacken - ziert die Plakate des Bundeskriminalamtes, die auf Flughäfen und Bahnhöfen auf der ganzen Welt hängen. "Steuerfahndung" steht in dicken Lettern darüber. Zwischenzeitlich setzten die Fahnder Mora auf die "Most Wanted"-Liste von Interpol. Im Januar dieses Jahres klagte auch die Staatsanwaltschaft Köln den Banker wegen weiterer Cum-Ex-Geschäfte an.

Fahnungsfoto von Paul Robert Mora

Paul Mora auf einem Fahndungsfoto des BKA

Auslieferungsantrag an Neuseeland

All die Bemühungen, Mora vor ein deutsches Gericht zu bekommen, liefen bislang ins Leere. Doch hinter den Kulissen erhöht die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt den Druck mächtig. Nach Recherchen von WDR und Süddeutscher Zeitung haben die Strafverfolger einen Auslieferungsantrag an Neuseeland gestellt. Ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft bestätigte das auf Anfrage.

Der Ausgang ist zwar ungewiss. Neuseeland liefert seine Staatsbürger in der Regel nicht aus. Doch in Justizkreisen wächst die Hoffnung auf eine Ausnahme. Immerhin werde der Antrag nun schon seit einem Jahr bearbeitet und er sei noch nicht abgelehnt worden.

Paul Moras Anwalt ließ eine Anfrage zu den Vorwürfen und dem Auslieferungsantrag unbeantwortet. In der Vergangenheit bestritt der Angeklagte seine Schuld.

Schweiz lieferte "Mr. Cum-Ex" aus

Eine Auslieferung Moras wäre nicht das erste Mal, dass der Arm der deutschen Justiz Cum-Ex-Beschuldigte im vermeintlich sicheren Ausland zu greifen bekäme. So klingelten 2021 plötzlich Schweizer Polizisten bei der Villa des Steueranwalts Hanno Berger im idyllischen Nobelort Zuoz.

Wegen seiner zentralen Rolle bei einer Vielzahl der Geschäfte "Mr. Cum-Ex" genannt, wurde er von der Schweiz ausgeliefert. In Deutschland wurde er mittlerweile rechtskräftig zu acht Jahren Gefängnis verurteilt. Eine weitere lange Haftstrafe gegen ihn wird noch vom Bundesgerichtshof geprüft.

Auch der in Dubai lebende mutmaßliche Drahtzieher Sanjay Shah konnte der Justiz nicht entkommen. Überraschend lieferten die Vereinigten Arabischen Emirate ihn nach Dänemark aus, wo er wegen Cum-Ex vor Gericht steht. Shah beteuert dort seine Unschuld. Der Hedgefonds-Manager ist auch in Deutschland angeklagt.

Anteile an Villa beschlagnahmt

Der Neuseeländer Paul Mora wurde nach Informationen von WDR und SZ auch an einer anderen empfindlichen Stelle getroffen: seinem Vermögen. Im Februar 2024 konfiszierten Ermittler demnach seinen Miteigentümeranteil an einer Villa in der schweizerischen Gemeinde Grindelwald.

Die "Villa Flora" beeindruckt mit Bergpanorama und seiner Ausstattung: 8,5 Zimmer, knapp 250 Quadratmeter Wohnfläche, das Grundstück ist 1.300 Quadratmeter groß. Momentan steht die Jugendstilvilla von 1909 zum Verkauf. Der Preis: rund 7,8 Millionen Euro.

Doch selbst, wenn die Immobilie ihren Besitzer wechseln sollte, dürfte es noch ein weiter Weg sein, bis die Erlöse tatsächlich in die deutsche Staatskasse fließen. Denn nicht nur Angeklagte sind im Ausland schwer zu fassen - auch ihre mutmaßliche Tatbeute ist es.