Lieferkettengesetz BMW räumt Umweltprobleme in Kobalt-Mine ein
Im Umfeld einer Kobalt-Mine in Marokko kommt es offenbar zu erheblichen Umweltschäden. Das zeigt nun auch eine Überprüfung im Auftrag von BMW. Der Autobauer will dennoch aus der Mine weiterhin Rohstoffe für seine Elektroautos beziehen.
Der Münchener Autobauer BMW räumt ein, dass es im Umfeld der Kobaltmine Bou Azzer in Marokko zu Umweltproblemen kommt. Das ist das Ergebnis eines so genannten Umwelt-Audits, das BMW in Auftrag gegeben hat. Die Überprüfung weise "teilweise hohe Arsenkonzentrationen in Abfällen und Wasserauffangsystemen auf dem Minengelände selbst sowie in der unmittelbaren Umgebung nach." Ein Bezug zum Minenbetrieb hätten die Prüfer weder herstellen noch ausschließen können.
Anlass der Überprüfung war ein Bericht von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung, in dem unter anderem über massiv erhöhte Arsengrenzwerte in einem Fluss unterhalb der Mine berichtet wurde.
"Sofortiger Handlungsbedarf"
Demnach wiesen von den Reportern im Fluss entnommene Proben eine Arsenkonzentration von mehr als 18.000 Mikrogramm pro Liter auf. Der Arsen-Grenzwert der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für Trinkwasser liegt bei gerade einmal zehn Mikrogramm pro Liter. Wissenschaftler hatten damals erklärt, es bestehe "sofortiger Handlungsbedarf". BMW hatte 2020 mit dem marokkanischen Minenbetreiber Managem einen Vertrag über 100 Millionen Euro geschlossen. Dieser sieht die Lieferung von Kobalt vor, das BMW zum Bau seiner E-Auto-Batterien benötigt.
In einem Statement teilte BMW nun mit, dass der Minenbetreiber im Zuge der Berichterstattung Baumaßnahmen umgesetzt habe, um zu verhindern, dass Wasser und Staub aus der Mine in die Umwelt gelangen. Hierfür seien unter anderem neue Wasserbecken gebaut und Entwässerungsgräben gezogen worden. Auch habe man das Flussbett von Sedimenten gereinigt.
Minenarbeiter beklagten sich
Fotos, die NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung vorliegen, belegen dass das Unternehmen Managem unmittelbar nach der Berichterstattung Umbauten an der Mine vorgenommen hat, die offenbar bis heute andauern. Laut BMW ist es auch ein Ziel, den Staub zu unterdrücken, der von der Mine ausgeht. Hierfür werde unter anderem Schotter eingesetzt.
Ein weiteres Audit hatte kleinere Verstöße bei der Einhaltung von Sozialstandards ergeben. NDR, WDR und Süddeutsche Zeitung hatten gemeinsam mit französischen und marokkanischen Medienpartnern über gravierende Verletzungen von Arbeits- und Sozialstandards berichtet. Hierzu hatten die Reporter mit zahlreichen aktiven und ehemaligen Minenarbeitern und mit Gewerkschaftern vor Ort gesprochen. Laut BMW bestätigten sich diese Vorwürfe nicht.
Erhöhte Arsenwerte
Wolf von Tümpling vom Helmholtzzentrum für Umweltforschung (UFZ) erklärte, es sei kaum vorstellbar, dass die hohen Arsenkonzentrationen unterhalb der Mine nicht durch den Kobaltabbau ausgelöst wurden. "Es wäre wichtig, während und nach der nächsten Regenperiode erneut Messungen durchzuführen, um feststellen zu können, ob die verbesserten Dämme auch in der Regenzeit den notwendigen Rückhalt von Arsen gewährleisten."
Diese Daten sollten dann auch öffentlich gemacht werden. Weiter regte der Wissenschaftler an, am Fluss Hinweisschilder aufzustellen, "um die Bevölkerung gegenwärtig, bis zur definitiven Klärung, von einem Konsum als Trinkwasser abzuhalten".
Unmittelbar an der Mine leben weiterhin Dutzende Menschen. Urinproben hatten bei einem Anwohner erhöhte Arsenwerte nachgewiesen. Ob BMW oder Managem die Dorfbewohner über die Ergebnisse des Audits informiert hat, ist unklar. Eine entsprechende Anfrage von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung ließ Managem unbeantwortet. Ungeklärt ist auch, ob den Anwohnern finanziell dabei geholfen wird, in eine andere Region umzusiedeln.
Hohe Gesundheitsgefahr durch Arsen
Experten wie Miriam Saage-Maaß, die beim European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) den Bereich Wirtschaft und Menschenrechte verantwortet, gehen die Zugeständnisse von BMW nicht weit genug. Sie und andere Experten verweisen auf die hohe Gesundheitsgefahr durch Arsen.
"Die Antwort von BMW ist mir entschieden zu leichtfüßig", so Saage-Maaß. "Allein der von unabhängiger wissenschaftlicher Seite gemessene Arsengehalt im Trinkwasser ist alles andere als ein Kavaliersdelikt und deutet aller Erfahrung nach auf langjährige und strukturelle Mängel in den Umwelt- und Gesundheitsschutzauflagen der Minenbetreiber hin", so die Expertin.
Sie fordert die Offenlegung der Auditberichte. Nur so könne verlorenes Vertrauen, gerade was die Umweltstandards in den Lieferketten der deutschen Automobilindustrie angeht, wieder zurückgewonnen werden.
Ein Rückzug aus der Lieferbeziehung mit Managem in Marokko komme für BMW bislang nicht in Frage, so der Konzern. In einer Erklärung sagte BMW, ein Maßnahmenpaket zur dauerhaften Verbesserung im Bereich des Wassermanagements werde erarbeitet. Die konkrete Umsetzung werde "von der BMW Group nachgehalten".
Eine Veröffentlichung der Audits lehnt BMW ab, da diese "tiefe Einblicke in interne Geschäftsprozesse" geben würden.