Start- und Landeverbot gefordert Grüne Jugend will Privatjets stoppen
Privatjets gelten als CO2-Schleudern, doch 2022 flogen sie so oft durch Deutschland wie nie zuvor. Die Grüne Jugend fordert nun, die Maschinen von Flughäfen zu verbannen. Wie realistisch ist das?
94.000 Starts und Landungen: Im vergangenen Jahr sind mehr Privatjets durch Deutschland geflogen als je zuvor. Für den Co-Vorsitzenden der Grünen Jugend, Timon Dzienus, ein Schlag ins Gesicht der jungen Generation: "Ganz viele gerade auch junge Menschen haben Angst vor der Klimakatastrophe und tun alles mögliche, was geht", sagte er. "Und währenddessen sind die Nutzungen von Privatjets auf einem Allzeithoch."
Ein gesetzliches Verbot von Privatjets sei aber rechtlich kaum möglich, räumt auch Dzienus ein. Stattdessen solle der Staat seine Anteile an Flughäfen nutzen, um Privatjets dort Starts und Landungen zu verbieten. Ein Vorbild: der Flughafen Amsterdam-Schiphol. Dort sollen ab 2026 keine Privatflugzeuge mehr abheben.
Neue Verbote für mehr Klimaschutz: Wäre das mit der grünen Mutterpartei zu machen? Der verkehrspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Stefan Gelbhaar, will lieber auf andere Maßnahmen setzen. Etwa eine Pflicht, Jets mit synthetischen Kraftstoffen zu betanken, die mit erneuerbaren Energien hergestellt werden - sogenannte E-Fuels:
Wenn es Privatjets überhaupt geben muss, dann sollen diese doch wenigstens vorangehen und mit harten Quoten, was E-Fuels und Wasserstoff angeht, belegt werden. Gerade im Privatjet-Bereich tut das keinem weh, wenn man das konsequent durchzieht und sagt: Ja, dann liefert mal.
"Reine Symbolpolitik"
Beim Koalitionspartner FDP stoßen weder Start- und Landeverbote noch E-Fuel-Quoten auf Begeisterung. "Ich halte das für reine Symbolpolitik", sagt Bernd Reuther, verkehrspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion. "Ich glaube, jetzt hier mit Verboten entgegenzuwirken, bringt wirklich gar nichts."
Reuther betont: Privatjets seien nicht nur ein Hobby der Superreichen, sondern kämen auch in der Wirtschaft zum Einsatz. Die Grünen wüssten genau, warum sie bislang keine strengeren Auflagen durchsetzen: "Sie sind ja an vielen Landesregierungen beteiligt, sie sitzen im Aufsichtsrat von Volkswagen, die ja mit eine der größten Firmenjet-Flotten der Welt betreiben. Da bin ich dann ja mal gespannt auf die Ergebnisse."
"Pro Kopf sind das große Mengen"
Genaue Erhebungen, wie viele Privatjet-Reisen geschäftlich sind, gibt es keine. Bekannt ist dagegen die Menge des ausgestoßenen CO2: Im vergangenen Jahr waren es in Deutschland rund eine Million Tonnen. Das entspricht dem jährlichen CO2-Verbrauch von 100.000 Durchschnitts-Deutschen. Zu viel, findet Claudia Kemfert, Klimaökonomin beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung: "Was relevant ist bei Privatjets, ist die Pro-Kopf-Emission. Pro Kopf sind das eben große Mengen."
Bei Privatflügen entstehe bis zu 14 Mal mehr CO2 pro Kopf als in der Economy Class. Trotzdem: Auch Kemfert ist bei Verboten skeptisch. Sie wünscht sich stattdessen, dass der Staat Reisen im Privatjet teurer macht: "Damit man hier auch Einnahmen generiert, zum Beispiel über eine hohe Besteuerung. Und diese Einnahmen dann auch nutzt, um Bahnverbindungen schneller und attraktiver zu machen."
Ein Weg könne etwa sein, auch Privatflieger in den EU-Emissionshandel aufzunehmen. So oder so: Privatjets dürften auch künftig von deutschen Flughäfen abheben. Das weiß auch die Grüne Jugend selbst - und sagt: Der Vorschlag für ein Verbot sei eher als Anregung zu einer Debatte zu verstehen.