Unwetter im Westen und Südwesten Extreme Gefahr durch Hochwasser im Saarland
Dauerregen sorgt vor allem im Südwesten Deutschlands für steigende Wasserstände. Besonders betroffen ist das Saarland. Zwar kamen dort noch keine Menschen zu Schaden, aber die Behörden warnen: Es bestehe Gefahr für Leib und Leben.
Heftiger Regen sorgt derzeit vor allem im Südwesten Deutschlands für Probleme. Besonders betroffen ist das Saarland. Dort herrscht nach Angaben des Hochwassermeldezentrums eine extreme Hochwassergefahr. Es handele sich um ein Ereignis, wie es nur alle 20 bis 50 Jahre stattfinde, teilte das Landesamt für Umwelt- und Arbeitsschutz in Saarbrücken mit. Der Deutsche Wetterdienst warnte, es bestehe Gefahr für Leib und Leben. Bisher seien glücklicherweise aber noch keine Menschen zu Schaden gekommen, hieß es aus dem Innenministerium.
Die angespannte Lage beschäftigt auch Bundeskanzler Olaf Scholz. Statt Wahlkampf zu machen, will Scholz sich heute ein Bild der Überschwemmungen vor Ort machen. Das teilte der saarländische Regierungssprecher Julian Lange mit.
Amphibienfahrzeuge im Einsatz
In der Landeshauptstadt Saarbrücken wurde die Großschadenslage ausgerufen. Dort ist die Saar über die Ufer getreten. Die Bevölkerung soll wegen des anhaltenden Regens Keller, Gewässer und überflutete Gebiete zu meiden, heiß es. "Flutwellen können plötzlich kommen, Ufer können einbrechen", teilte die Stadt mit. "Es sollte unbedingt vermieden werden, überflutete Straßen zu überqueren - sowohl zu Fuß als auch mit dem Auto."
Bürgerinnen und Bürger sollten sich demnach von den betroffenen Gebieten fernhalten und gegebenenfalls woanders übernachten. Zahlreiche Keller wurden überflutet und viele Straßen gesperrt. Mehrere Gebäude im Stadtgebiet mussten laut Angaben der Stadt evakuiert werden. Für die dort lebenden Personen stünden Ausweichquartiere bereit.
Im Stadtteil Rußhütte laufen nach Angaben eines Sprechers des Innenministeriums noch die Evakuierungen. Dort seien die Helfer mit Amphibienfahrzeugen und Booten unterwegs. Ein Straßenzug sei hier besonders betroffen. Das Technische Hilfswerk postete auf der Plattform X ein Video vom dortigen Einsatz. Darin waren etwa auch ein bis zum Nummernschild im Wasser stehender Wohnwagen und ein zur Hälfte überflutetes Auto zu sehen.
Altstadt in Ottweiler unter Wasser
Ein Sprecher des Innenministeriums sagte, dass wegen des Dauerregens auch an anderen Orten die Lage "sehr kritisch" sei. Zurzeit laufen demnach noch rund 650 Einsätze im Land. Entspannungssignale gebe es aus Sankt Wendel, wo die Pegelstände etwas fallen würden, sagte der Sprecher. Auch im Saarpfalz-Kreis sei "relative Ruhe".
In der Stadt Ottweiler im Landkreis Neunkirchen dagegen gaben die Dämme nach und Wasser lief in die Altstadt. "Wir haben hier eine Großschadenslage", sagte Landrat Sören Meng in einem Video auf Facebook. Die Einsatzkräfte seien ununterbrochen unterwegs. "Die Folgen für den Landkreis sind sehr groß. Es sind fast alle Städte und Gemeinden betroffen."
Nach Angaben des Bahnunternehmens Vlexx war der Zugverkehr im Saarland stark eingeschränkt, dies galt auch für den Busverkehr. Teilweise wurden Gleise unterspült, auch in Oberleitungen gestürzte Bäume waren Ursache.
Kabinett stellt finanzielle Hilfen bereit
Die saarländische Landesregierung leitete als Reaktion auf die Überschwemmungen erste Schritte für finanzielle Hilfen ein. Es seien kurzfristig Beschlüsse gefasst worden, "durch die Hilfe bereitsteht, um entstandene Schäden zu beheben", erklärte Ministerpräsidentin Anke Rehlinger. Noch könne aber niemand konkrete Summen nennen.
In einer Schalte am späten Freitagabend habe der Ministerrat ein sogenanntes Elementarereignis von überörtlicher Bedeutung festgestellt. Damit können laut Staatskanzlei Hilfen des Landes fließen. Zudem könnten Kommunen wegen der außergewöhnlichen Notsituation von Regelungen des Haushaltsausgleichs abweichen.
100 Liter Regen pro Quadratmeter binnen 24 Stunden
Der Deutsche Wetterdienst (DWD) maß stellenweise mehr als 100 Liter Regen pro Quadratmeter in nicht einmal 24 Stunden. Für diesen heftigen Regen seien Flüsse und Infrastruktur nicht ausgerichtet, sagte eine DWD-Meteorologin.
Zum Vergleich: Im gesamten vergangenen Monat April waren im Saarland rund 74 Liter Regen pro Quadratmeter gemessen worden - und dies war ein Sechstel mehr Niederschlag als normalerweise in jenem Monat.
Bis Freitag 19 Uhr fielen laut DWD in Saarbrücken-Ensheim und Berus im Landkreis Saarlouis 107 Liter pro Quadratmeter. Verbreitet seien im Saarland 60 bis 100 Liter pro Quadratmeter gemessen worden. Die Flusspegel seien dadurch rasch gestiegen. Der Deutsche Wetterdienst warnte bis in die Nacht vor allem in den Gebieten westlich des Rheins vor ergiebigem Dauerregen.
1.000 Helfer im Kreis Trier-Saarburg im Einsatz
Auch in Rheinland-Pfalz gab es Überflutungen. Besonders der Kreis Trier-Saarburg sowie die Südpfalz und die Städte Trier, Zweibrücken und Ludwigshafen waren von dem Dauerregen betroffen. Keller und Straßen liefen voll und Bäume stürzten um, wie die Koordinierungsstelle der Aufsichts- und Dienstleistungsbehörde (ADD) berichtete. Verletzt wurde zunächst niemand. Viele kleinere Bäche und Flüsse traten über die Ufer.
Der Landkreis Trier-Saarburg teilte mit, dass sich die Lage inzwischen beruhigt habe. "Die Pegel der Saar und anderer Gewässer erreichen ihren Scheitelpunkt beziehungsweise beginnen zu sinken", teilte die technische Einsatzleitung des Landkreises mit.
Bis zu dem Zeitpunkt hatte sich die Lage demnach seit einigen Stunden nicht weiter verschlimmert. Sie sei aber nach wie vor arbeitsintensiv. Die Evakuierung der tiefer gelegenen Ortsteile in Schoden an der Saar war bis zum frühen Morgen erfolgreich abgeschlossen. 220 Menschen wurden laut Kreisverwaltung in einer Turnhalle in Saarburg-Beurig untergebracht.
In Saarburg wurde außerdem ein Seniorenheim evakuiert, in Trittenheim an der Mittelmosel ein Hotel. Davon waren etwa 50 Menschen betroffen, die in einer Turnhalle untergebracht wurden. Rund 1.000 Kräfte waren in der Nacht im Einsatz, wie es in der Mitteilung der Kreisverwaltung weiter hieß. Aus den benachbarten Landkreisen war zusätzliche Verstärkung und Unterstützung eingetroffen.
Unwetterwarnung für weite Teile Süddeutschlands
Im Südwesten und Westen Deutschlands hatte es bereits in der Nacht von Donnerstag auf Freitag stark geregnet - ebenso im nördlichen Bayern. Besonders traf es hier Nürnberg: Laut Polizei liefen hier innerhalb kürzester Zeit mehrere Unterführungen mit Wasser voll. Innerhalb von drei Stunden gab es etwa 300 Einsätze der Feuerwehren.
So wurden etwa zwei Menschen am Abend vom Dach ihres Autos gerettet, nachdem sie in einer gefluteten Unterführung stecken geblieben und auf das Autodach geklettert waren. Beide blieben unverletzt, wie die Feuerwehr mitteilte.
In Baden-Württemberg herrscht nach schwerem Regen und Hagel in der Nacht zum Freitag ebenfalls Hochwassergefahr. Der DWD rechnet dort für die nächsten Tage ebenfalls mit mehr Regen. Tief "Katinka" könne örtlich bis zu 100 Liter Niederschlag pro Quadratmeter, stürmische Böen und Hagel bringen.
In Hessen gilt für die Landkreise Groß-Gerau, Darmstadt-Dieburg, Bergstraße und Odenwald bis in die Nacht eine Unwetterwarnung des DWD.