Reformpläne des Justizministers Wer mehr betreut, soll weniger Unterhalt zahlen
Justizminister Buschmann hat Eckpunkte seiner geplanten Reform des Unterhaltsrechts vorgestellt: Mütter oder Väter, die ihr Kind wesentlich mitbetreuen, sollen demnach weniger zahlen müssen. Kritik kommt von Sozialverbänden.
Unterhaltszahlungen sollen sich künftig stärker danach richten, wie sehr sich der vom Kind getrennt lebende Elternteil bei der Betreuung engagiert. Das sehen Reformpläne von Justizminister Marco Buschmann vor. Demnach könnten die Unterhaltszahlungen um rund 100 Euro im Monat sinken, wie er bei der Vorstellung der Eckpunkte sagte. Allerdings soll es auch in Zukunft überwiegend darauf ankommen, was die Eltern an Einkommen verdienen.
Bei den jetzigen Plänen geht es um Mütter oder Väter mit einer anteiligen Mitbetreuung von 30 bis 49 Prozent. Derzeit müssen diese Elternteile dem Ministerium zufolge den vollen Unterhalt mit nur sehr geringen Abschlägen zahlen. Die Reform soll demnach Anreize schaffen, sich mehr einzubringen. Grundlage für die Berechnung soll etwa die Zahl der Übernachtungen sein, möglich sind aber auch Kriterien wie Freizeitorganisation oder Begleitung bei Arzt- und Schulterminen.
Auf alle anderen Familien soll die Reform keine Auswirkungen haben. Das sind getrennte Eltern, die jeweils zur Hälfte die Kinder bei sich haben oder Alleinerziehenden-Familien, in denen die Mütter oder Väter die Kinder allein oder weit überwiegend betreuen.
"Nichts ist in Stein gemeißelt"
Buschmann betonte, dass die Reform überfällig sei und er zum Dialog bereitstehe. "Nichts ist in Stein gemeißelt", sagte er. Deshalb habe er zunächst Eckpunkte erarbeiten lassen.
Das Recht müsse aber die Lebensrealität berücksichtigen. Viele Paare wollten vor und auch nach einer Trennung die Kinder möglichst gleichberechtigt betreuen. Ein Unterhaltsrecht, wonach einer zahlt und einer betreut, werde dem nicht mehr gerecht, so der FDP-Politiker. "Für die Unterhaltspflicht des mitbetreuenden Elternteils - oft ist es der Vater - macht es oft gar keinen Unterschied, ob er sich alle zwei Wochenenden um sein Kind kümmert, oder an mehreren Tagen pro Woche. Wir wollen sicherstellen, dass das Recht die Betreuungsleistung mitbetreuender Eltern angemessen berücksichtigt, wenn sie erheblich ist."
Das Papier solle eine Diskussionsgrundlage "in der Bundesregierung, mit der Wissenschaft und mit der Rechtspraxis - und natürlich auch mit den betroffenen Trennungsfamilien" bieten. Eine offene Diskussion sei hier der beste Weg zum Ziel, so der Minister. "Die Reform solle kein Väter-Gesetz werden und kein Mütter-Gesetz - sondern ein echtes Familiengesetz - mit dem Kindeswohl als oberstem Maßstab."
Auch Pläne für Betreuungsunterhalt
Ebenfalls reformiert werden soll der Betreuungsunterhalt. Diesen zahlt ein Elternteil dem anderen, wenn die Kinder noch sehr klein sind und einer der beiden für die Betreuung seine Berufstätigkeit einschränken muss. Hier zielt die Reform laut Eckpunktepapier darauf ab, "nicht gerechtfertigte" Unterschiede zwischen dem Betreuungsunterhalt bei geschiedenen und bei nichtehelichen Paaren zu beseitigen.
Verbände warnen vor Ungerechtigkeit
Sozialverbände äußerten Bedenken. Vor allem befürchten sie Schieflagen für die hauptsächlich betreuenden Elternteile. "Fakt ist, dass Kinder, die nach altem Recht Unterhalt von dem getrennt lebenden Elternteil erhalten, nach der Reform mit hoher Wahrscheinlichkeit monatlich weniger Geld zur Verfügung haben werden als vorher", erklärte der Ehrenvorsitzende der Kinderhilfe, Rainer Becker. "Wie soll dies - auch noch unbürokratisch - aufgefangen werden?"
Die Kinderhilfe betonte, eine Betreuungsleistung dürfe nicht nur in Zusammenhang mit der Zeit, die das Kind vom anderen Elternteil betreut wird, gegengerechnet werden. Schließlich habe der mehr betreuende Elternteil gewöhnlich auch einen höheren finanziellen Aufwand etwa für Bekleidung und Schulbedarf. "Der hierfür im Eckpunktepapier veranschlagte Abschlag beim Kindesbedarf in Höhe von 15 Prozent ist aus Sicht der Deutschen Kinderhilfe viel zu gering angesetzt", hieß es.
Auch der Sozialverband Deutschland (SoVD) äußerte sich kritisch. "Alleinerziehende Mütter, die auch heute noch überwiegend die Hauptlast der Kinderbetreuung und Erziehung tragen, dürfen dadurch nicht schlechter gestellt werden", sagte SoVD-Vorstandschefin Michaela Engelmeier den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Nachteile in der Erwerbsfähigkeit und die damit verbundene ökonomische Schlechterstellung, die durch die Verteilung der Betreuung schon vor der Trennung entstanden seien, müssten ebenfalls berücksichtigt werden.