Geflüchtete in Deutschland Große Hilfsbereitschaft
Wie viele Ukraine-Geflüchtete in Deutschland Schutz suchen werden, ist bislang nicht absehbar. Die Hilfsbereitschaft ist jedenfalls groß - in vielen Orten werden Spenden gesammelt und Schlafplätze vorbereitet.
Hunderttausende Menschen aus der Ukraine suchen Schutz vor dem Krieg. Allein bis Dienstag flohen nach Angaben der Vereinten Nationen 677.000 Menschen vor den russischen Angriffen aus dem Land. Das Flüchtlingshilfswerk UNHCR rechnet aber mit bis zu vier Millionen Menschen. Nicht alle wollen in den Nachbarländern bleiben.
Offiziell sind in Deutschland bisher nur rund 5000 Kriegsflüchtlinge angekommen. Da die EU-Binnengrenzen nicht kontrolliert werden, könnten es aber auch wesentlich mehr sein, heißt es vom Bundesinnenministerium. Wie viele es werden könnten, könne derzeit niemand seriös voraussagen.
In der Bevölkerung wächst die Solidarität
Hilfsgüter Decken, Hygieneartikel, Kleider - vielerorts sammeln Hilfsorganisationen und private Initiativen Sachspenden. "Seit unserem Aufruf am Freitag bis heute sind Hunderte Kisten mit dringend benötigten Lebensmitteln, Medikamenten, Hygieneartikeln, Einweg-Geschirr, Kleidern und mehr zusammengekommen", schreibt etwa der Awo-Bezirkverband in Potsdam.
Im bayerischen Moosinning soll am Mittwoch ein Konvoi aus rund 40 Fahrzeugen mit gut 100 Helfern voraussichtlich zur polnisch-ukrainischen Grenze aufbrechen, wie Helfer des Vereins Helferschwein mitteilten. Daneben hatten sich in Bayern mehr als 50 Busunternehmer gemeldet, um gesammelte Hilfsgüter in ukrainische Nachbarländer zu bringen.
In Ulm luden am Dienstag Dutzende Menschen Hilfsgüter für Geflüchtete in Busse. Hunderte Tüten mit Kleidung, Toilettenpapier und Decken stapelten sich vor dem Ulmer Münster und auf dem Münsterplatz. Mit vier Bussen sollten die Hilfsgüter an die Grenze zur Ukraine in die Slowakei gebracht werden, wie die SPD-Bundestagsabgeordnete Hilde Mattheis sagte. Auf dem Rückweg sollen mit den Bussen Geflüchtete aus der Ukraine nach Ulm gebracht werden.
Unterkünfte für Hunderte Menschen
Viele Städte richten Sammelunterkünfte ein. In Schwerin zum Beispiel sind ukrainische Frauen und Kinder überwiegend in einer Jugendherberge untergekommen. In Hannover wird eine Messehalle als Notunterkunft eingerichtet. Zunächst sollen 800 Menschen darin Platz finden, später dann 400 weitere.
In Berlin sollen laut Sozialsenatorin Katja Kipping im Laufe der Woche neue Unterbringungsmöglichkeiten entstehen, etwa in einem sanierten Haus, das für die Unterbringung von Saison-Arbeitskräften gedacht war.
Kostenlose Bahnfahrten - Hilfe auf dem Bahnsteig
Die Deutsche Bahn erlaubt Geflüchteten mit ukrainischem Pass oder Personalausweis, kostenlos alle Fernzüge aus Polen in Richtung Deutschland zu nutzen. Rund 1300 Menschen kamen so mit mehreren Zügen am Dienstagabend in Berlin an. Helfer versorgten die Menschen am Bahnhof mit Lebensmitteln, Wasser, Masken und Hygieneartikeln.
Eine Frau mit ukrainischer Fahne begrüßt in Berlin Ankommende aus Kiew.
Freiwillige organisieren auch Fahrten zu anderen Zielen, in Ankunftszentren oder zu Privatleuten. Am Frankfurter Hauptbahnhof erwarteten am Dienstag Mitarbeiter des Jugend- und Sozialamts, des Gesundheitsamts, der Bundespolizei und der Bahnhofsmission die Geflüchteten. Der Sportverein Makkabi Frankfurt hatte angekündigt, Eintreffende in Hotels unterbringen und verpflegen zu wollen.
Wie viele Menschen werden kommen?
"Wir können im Moment nichts zu den erwarteten Zahlen in Deutschland sagen", sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser bei "Markus Lanz". Die Innenminister der Länder signalisierten am Dienstag nach einer Besprechung eine große Bereitschaft, die Menschen aufzunehmen.
Am Donnerstag treffen sich die EU-Innenminister, um über die Flüchtlinge und ihren Status zu beraten. Faeser plädierte dafür, eine EU-Richtlinie für den Fall eines "Massenzustroms" von Vertriebenen in zu nutzen. Damit könnte den Menschen ohne langes Asylverfahren sofort ein vorübergehender Schutz gewährt werden.
Am Mittwochmorgen twitterte Faeser, dass Geflüchtete aus der Ukraine kein Asylverfahren durchlaufen müssten und für bis zu drei Jahre Schutz in der EU bekommen. Außerdem wolle man schnell dafür sorgen, dass sie auch Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten und krankenversichert werden.