Bundespräsident Steinmeier "Es kommen härtere Tage auf uns zu"
Bundespräsident Steinmeier hat die Deutschen bei einem Solidaritätskonzert für die Ukraine auf langfristige Einschränkungen eingestellt. Der ukrainische Botschafter Melnyk blieb der Veranstaltung aus Protest gegen russische Künstler fern.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Menschen in Deutschland auf härtere Zeiten infolge des russischen Angriffskriegs in der Ukraine vorbereitet. Die scharfen Sanktionen führten unvermeidlich auch zu Unsicherheiten und Einbußen für uns. "Es kommen auch auf uns in Deutschland härtere Tage zu", sagte er in einer wegen seiner Corona-Erkrankung vorab aufgezeichneten Video-Botschaft für ein Konzert der Berliner Philharmoniker im Schloss Bellevue.
Wir werden bereit sein müssen, sie zu tragen, wenn unsere Solidarität nicht nur Lippenbekenntnis sein, wenn sie ernst genommen werden soll.
Diese Tage würden die Welt verändern und auch uns verändern - "vielleicht schneller, als wir es für möglich gehalten hätten", sagte Steinmeier. "Und die ganze Wahrheit ist: Viele Härten liegen erst noch vor uns." Trotz aller laufenden diplomatischen Bemühungen um eine Beendigung des Krieges gelte: "Unsere Solidarität und unsere Unterstützung, unsere Standhaftigkeit, auch unsere Bereitschaft zu Einschränkungen werden noch auf lange Zeit gefordert sein."
Der Angst etwas entgegensetzen
Steinmeier äußerte sich erschüttert über das Geschehen in der Ukraine. Der Anlass für das Solidaritätskonzert sei ein "ein brutaler, völkerrechtswidriger und menschenverachtender Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine". Der Bundespräsident beklagte die "immer blindwütigere Zerstörung, die gezielten Angriffe auf die Zivilbevölkerung". "Ich weiß wohl: Der Glaube an Freiheit und Demokratie allein hält keinen Panzer auf. Aber ich weiß auch dies: Kein Panzer kann diesen Glauben jemals zerstören", sagte Steinmeier.
Keine Armee, kein Unterdrückungsregime ist stärker als die Strahlkraft von Freiheit und Demokratie in den Köpfen und Herzen der Menschen. Nicht in der Ukraine, nicht bei uns, nirgendwo.
Der Angst angesichts des Krieges auch in Deutschland könnten die Menschen Wehrhaftigkeit und Mitmenschlichkeit, den Willen zu Frieden und den Glauben an Freiheit und Demokratie entgegensetzen, betonte Steinmeier. "Es sind furchtbare Tage und Wochen."
Melnyk: "Kein Bock auf 'große russische Kultur'"
Der ukrainische Botschafter in Deutschland hatte angekündigt, an dem Solidaritätskonzert nicht teilnehmen zu wollen. "Nur russische Solisten, keine Ukrainerinnen", twitterte Botschafter Andrij Melnyk. "Ein Affront. Sorry, ich bleibe fern."
Auf die Reaktion der Sprecherin des Bundespräsidenten mit einer Erklärung reagierte Melnyk: "Mein lieber Gott, wieso fällt es dem Bundespräsidenten so schwer zu erkennen, dass solange russische Bomben auf Städte fallen und Tausende Zivilisten Tag und Nacht ermordet werden, wir Ukrainer keinen Bock auf 'große russische Kultur' haben. Basta."
Bei dem Konzert wurden Werke ukrainischer, russischer und polnischer Komponisten aufgeführt. Musiziert wurde unter Leitung der Dirigentin Nodoka Okisawa, die wegen einer Erkrankung des Chefdirigenten der Philharmoniker, Kirill Petrenko, einsprang. Neben den Berliner Philharmonikern spielte auch der russische Starpianist Jewgeni Kissin.