Schwerbehinderte am Arbeitsmarkt Besser qualifiziert, länger ohne Job
Schwerbehinderte haben es auf dem Arbeitsmarkt weiter schwerer als Nichtbehinderte. Laut der Bundesagentur für Arbeit sind sie in der Regel besser qualifiziert als nichtbehinderte Arbeitslose, aber dennoch deutlich länger ohne Job.
Wenn Sabine Zimmermann auf die Zahlen schaut, ärgert sie sich. Der Aufschwung gehe an den schwerbehinderten Menschen vorbei, sagt die Politikerin der Linkspartei. Die Arbeitslosigkeit von Schwerbehinderten habe in den vergangenen Jahren um sieben Prozent zugenommen, während die Arbeitslosigkeit insgesamt um zehn Prozent zurückgegangen sei. Die gesetzlich vorgeschriebene Beschäftigungsquote für Schwerbehinderte von fünf Prozent werde seit Jahren verfehlt.
Für Zimmermann ist deshalb klar, dass es eine gewisse Ablehnung dagegen gebe, Menschen mit Behinderungen einzustellen. Und sie sieht auch keine Anzeichen dafür, dass sich etwas ändern könnte. Die Zahlen, die die Bundesagentur für Arbeit in Zimmermanns Auftrag zusammengestellt hat, zeigen: Schwerbehinderte sind deutlich länger ohne Job als nichtbehinderte Arbeitslose. Und sie sind öfter langzeitarbeitslos.
Besser qualifiziert
Die Zahlen belegen auch: Schwerbehinderte Arbeitslose sind in der Regel besser qualifiziert als nichtbehinderte. Trotzdem finden sie seltener einen Job am ersten Arbeitsmarkt. "Hier haben wir ein Potenzial, worauf man nicht zurückgreift bei den Arbeitgebern", so Zimmermann. Da müsse noch ein Umdenken in der Gesellschaft passieren, "dass Menschen mit Behinderung gleichwertig sind und sehr gute Arbeit machen".
Den Arbeitgebern wirft Zimmermann vor, oft nur die Probleme zu sehen. Dabei könnten Unternehmen finanzielle Unterstützung vom Integrationsamt bekommen. Zum Beispiel für die Einrichtung eines behindertengerechten Arbeitsplatzes. Viele Arbeitgeber würden trotzdem davor zurückschrecken, Schwerbehinderte einzustellen, sich gleichzeitig aber über den Fachkräftemangel beschweren.
Zimmermann fordert die gesetzliche Beschäftigungsquote für Schwerbehinderte wieder anzuheben - von fünf auf sechs Prozent. Und auch die Ausgleichsabgabe zu erhöhen, die Unternehmen zahlen müssen, wenn sie zu wenige Schwerbehinderte beschäftigen.
Arbeitgeber fordern weniger Bürokratie
Die Arbeitgeber sehen das Thema naturgemäß ganz anders. Bei der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände BDA heißt es: "Wir setzen uns aktiv für die berufliche Integration behinderter Menschen ein." Die Arbeitslosenstatistik der Vergangenheit täusche wegen statistischer Effekte. Seit einigen Jahren gehe die Arbeitslosigkeit schwerbehinderter Menschen sogar leicht zurück.
Aber auch die Arbeitgeber haben Forderungen an die Politik. Weniger Bürokratie, zum Beispiel beim gesetzlich vorgeschriebenen Eingliederungsmanagement für Behinderte in den Betrieben. In einem Positionspapier der BDA heißt es: "Die vielen, gut gemeinten Sonderregelungen für schwerbehinderte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erschweren es, Unternehmen zu mehr Einstellungen schwerbehinderter Menschen zu ermutigen."
Koalition will Gesetz zur Teilhabe
Das Thema bleibt auf der politischen Agenda. Im Koalitionsvertrag haben Union und SPD ein sogenanntes Bundesteilhabegesetz vereinbart, das die Rechte von Behinderten stärken soll. Für übernächstes Jahr haben Bund und Länder neue Regelungen in Aussicht gestellt. Behindertenverbände haben erst kürzlich gefordert, das Gesetz schnell anzugehen. Es sei eines der wichtigsten sozialpolitischen Projekte in dieser Wahlperiode.