Forsa-Umfrage Immer mehr Schulen setzen auf Seiteneinsteiger
Ein Drittel der Schulen in Deutschland beschäftigt Quer- und Seiteneinsteiger als Lehrer - das sind fast doppelt so viele wie vor fünf Jahren, wie eine Forsa-Umfrage zeigt. Doch auch der Seiteneinstieg ist offenbar kein Allheilmittel.
Angesichts des Lehrkräftemangels setzen Schulen in Deutschland immer stärker auf Quer- und Seiteneinsteiger - und zwar über alle Schulformen hinweg. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstitus Forsa unter 1.310 Schulleitungen im gesamten Bundesgebiet hervor.
66 Prozent der Schulleitungen beschäftigen demnach Lehrkräfte, die keine Lehramtsqualifikation erworben haben. Der Anteil stieg in den vergangenen fünf Jahren rasant: 2018 hatten nur 37 Prozent der Schulleitungen angegeben, Seiteneinsteiger einzustellen.
Lehrermangel für 62 Prozent das größte Problem
Grund dafür dürfte vor allem der Lehrkräftemangel sein, der von 62 Prozent der Schulleitungen weiter als das größte Problem angesehen wird. Allerdings ging der Wert im Vergleich zum Vorjahr (69 Prozent) leicht zurück.
Die Hälfte der Schulleiter gab an, dass mindestens eine Lehrerstelle zu Beginn dieses Schuljahres nicht besetzt gewesen sei. An 17 Prozent der Schulen waren sogar drei oder mehr Stellen vakant.
Für den Verband Bildung und Erziehung (VBE) liegt die Erklärung auf der Hand: Es gebe Schulen in bestimmten Vierteln oder Regionen, die beliebter seien als andere und wohl auch weniger Schwierigkeiten hätten, offene Stellen zu besetzen, erklärte der stellvertretende Bundesvorsitzende Tomi Neckov. Dort, wo es die größten Herausforderungen gebe, fehlten hingegen die meisten Lehrkräfte.
Der Verband sieht die Einstellung von Seiteneinsteigern skeptisch. Teilweise würden Menschen unterschiedlichster beruflicher Hintergründe ohne angemessene Vorqualifizierung eingesetzt. Der "einzige Lichtblick" sei, dass durch Seiteneinsteiger der akute Mangel etwas eingedämmt werden könne, sagte Neckov. Mit der richtigen Qualifizierung könnten sie bereichernd sein.
Andere Probleme: Inklusion, Integration und die Arbeitsbelastung
Doch es gibt offenbar noch andere Probleme: Mehr als ein Drittel der Schulleitungen nannte der Umfrage zufolge Inklusion und Integration als größte Schwierigkeit. Jede vierte Schulleitung beklagte zudem die hohe Arbeitsbelastung und Zeitmangel.
Als sehr starke Belastung nannten 62 Prozent auch die Erwartungshaltung, dass Schule alle gesellschaftlichen Probleme lösen solle. Im vergangenen Jahr sagten das noch 55 Prozent der Befragten. Der VEB-Vorsitzende von Nordrhein-Westfalen, Stefan Behlau, mahnte: "Schule ist kein Reparaturbetrieb."
Kritisch sieht der Bildungsverband auch den künftigen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung an Grundschulen (OGS). Ein Drittel der Grundschulleitungen habe in der Umfrage angegeben, dass ihre jeweilige Kommune die Umsetzung bis zum Schuljahr 2026/27 nicht sicherstellen könne.
Trotz aller Belastungen üben aber 83 Prozent der befragten Schulleitungen ihren Beruf sehr gern oder eher gern aus - etwas mehr als im Vorjahr. Nur 16 Prozent gehen ungern zur Arbeit.