Duales Studium als Modellversuch Mehr Attraktivität - mehr Lehrkräfte?
Um dem Lehrermangel zu begegnen, plant die Landesregierung in Baden-Württemberg einen neuen dualen Masterstudiengang. Beginnen soll er zum Wintersemester 2024/2025 an drei Standorten für insgesamt 60 Studierende. Ein Modellfall?
Das Ziel ist klar: Junge Menschen sollen besser motiviert werden, den Beruf des Lehrers oder der Lehrerin zu ergreifen. "Mit den neuen Studiengängen wollen wir neue Zielgruppen für das Lehramt erschließen und begeistern", sagt Petra Olschowski, die Wissenschaftsministerin in Baden-Württemberg. Die Rede ist von dem neuen dualen lehramtsbezogenen Masterstudiengang, der ab 2024 landesweit starten soll. Dual heißt hier, dass Studieninhalte und Schulpraxis enger verzahnt werden sollen.
Geplant ist das Modellprojekt an drei Standorten. Ausgelegt ist das Angebot auf insgesamt 60 Studierende, die schon einen Fachbachelorabschluss in der Tasche haben. Gesetzt ist im Modellversuch immer das Fach Mathematik.
Im höheren Lehramt für berufsbildende Schulen sollen die angehenden Lehrkräfte an der Universität Stuttgart dual in Elektrotechnik oder Informationstechnik jeweils in Kombination mit Mathematik ausgebildet werden. An der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe steht für das Lehramt Sekundarstufe das Fach Mathematik und dazu entweder Physik oder Informatik auf dem Studienplan. Die Universität Freiburg bietet 20 Studienplätze für gymnasiales Lehramt ebenfalls in der Fächerkombination Physik oder Informatik plus jeweils Mathematik an.
- Hochschule Karlsruhe: Lehramt Sekundarstufe 1.Fach Informatik oder Physik, 2. Fach Mathematik
- Universität Freiburg: Lehramt Gymnasium 1. Fach Informatik oder Physik, 2. Fach Mathematik
- Universität Stuttgart: Höheres Lehramt für berufsbildende Schulen mit Fachrichtung Elektrotechnik oder Informationstechnik, 2. Fach Mathematik
Attraktivität der Ausbildung steigern
Theresa Schopper, Kultusministerin in Baden-Württemberg, sieht gute Argumente für das Modell. "Durch die starke Praxisnähe, die Vergütung bereits im Studium und die Verkürzung der Ausbildungsdauer wollen wir das Lehramt für noch mehr Studierende interessant und attraktiv machen", so Schopper.
Besonders in Fächern wie Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik sei die Auslastung der Lehramtsstudiengänge gering und da wolle man nun gegensteuern. Denn der Lehrermangel ist mittlerweile immens. Laut Kultusministerium sind derzeit über alle Schularten hinweg 565 Stellen unbesetzt.
GEW: " Ein bescheidener Modellversuch"
Der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Baden-Württemberg gehen die Pläne der Landesregierung nicht weit genug. "Es kann durchaus sein, dass durch dieses Angebot Menschen angesprochen werden, die sonst den Weg ins Lehramt nicht gefunden hätten," so Monika Stein, GEW- Landesvorsitzende. Allerdings sei der Modellversuch zum dualen Studium "mit den 60 Plätzen kein echter Beitrag zur Linderung des derzeitigen Lehrkräftemangels".
Laut Stein werden bis 2035 mindestens 16.000 Lehrer fehlen. Sie beruft sich dabei auf eine Studie des Bildungswissenschaftlers Klaus Klemm aus dem Jahr 2022. Das liege vor allem daran, dass die Landesregierungen von Baden-Württemberg an den falschen Stellen gespart, und nicht genügend Studienplätze geschaffen hätten, so Monika Stein weiter. Sie plädiert für bessere Rahmenbedingungen im Studium und im Referendariat. Außerdem müssten die Einstellungsverfahren und die Arbeitsbedingungen für Lehrer attraktiver werden.
Der neue Studiengang helfe dabei erst einmal wenig. "Man kann das schon ausprobieren" sagt Monika Stein, "der neue Modellversuch werde aber, wenn überhaupt, erst gegen den Lehrkräftemangel im nächsten Jahrzehnt helfen".
In einer früheren Version dieses Textes war von der Hochschule Karlsruhe die Rede. Es handelt sich jedoch um die Pädagogische Hochschule Karlsruhe.
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