Junge Südeuropäer sollen nach Deutschland kommen Schäuble wirbt um Europas Arbeitslose
Die Wirtschaftskrise in Europa hat die Ausbildungs- und Jobchancen vieler Menschen in Südeuropa ruiniert. Finanzminister Schäuble bot Interessierten nun eine Ausbildung in Deutschland an. Er sorgt sich dabei auch um die Zukunft der Demokratie in Europa.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat angesichts der Arbeitslosigkeit in Südeuropa Jugendliche zu einer Ausbildung in Deutschland ermutigt. "Ausbildungsinteressierte Jugendliche und arbeitslose Fachkräfte aus Europa sind bei uns in Deutschland herzlich willkommen", schreibt der CDU-Politiker in einem Gastbeitrag für den "Tagesspiegel". Die jungen Menschen müssten den offenen europäischen Arbeits- und Ausbildungsmarkt nutzen, appellierte er.
Die Enttäuschung von Millionen arbeitsloser Jugendlicher sei auch eine Gefahr für Demokratie und Akzeptanz Europas, erklärte Schäuble. "Wir sind im globalen Vergleich ein eher alter Kontinent, der es sich nicht leisten kann, seine Kinder an Populisten und Extremisten zu verlieren." Das wirtschaftlich wieder gesundende Europa dürfe nicht eine ganze Generation ausklammern.
Schäuble verwies darauf, dass im langfristigen EU-Haushalt sechs Milliarden Euro zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit vorgesehen seien, die zügig eingesetzt werden müssten. In der Übergangszeit sei aber Mobilität einer der Schlüssel zum Erfolg. Auch Kanzlerin Angela Merkel hatte bei einem Treffen mit dem französischen Präsidenten François Hollande vor einigen Tagen gefordert.
Wiesehügel erinnert an Deutsche ohne Ausbildung
Dagegen warnte Klaus Wiesehügel, der im Kompetenzteam von SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück den Bereich Arbeit vertritt, davor, den Blick nur auf die Arbeitslosigkeit im Ausland zu werfen. "Wir sollten uns zuerst um die Probleme im eigenen Land kümmern", sagte der frühere Bau-Gewerkschaftschef dem "Tagesspiegel am Sonntag". Es gebe in Deutschland 1,5 Millionen junge Menschen ohne Berufsausbildung. "Bevor wir Bewerber aus Europa holen, sollten wir etwas für sie tun", sagte er. Es müsse aber auch geholfen werden, die Probleme in Europa zu lösen.
Deutsch-spanische Erklärung unterschrieben
Bei der Anwerbung junger südeuropäischer Arbeitsloser könnten auch bilaterale Abkommen eine große Rolle spielen. Ende Mai hatten die Arbeitsministerinnen von Deutschland und Spanien, Ursula von der Leyen und Fátima Báñez, eine Absichtserklärung dieser Art unterschrieben. Diese sieht vor, dass jedes Jahr 5000 spanische Jugendliche in Deutschland einen Ausbildungsplatz finden sollen. Spanien leidet, wie auch Portugal, Italien und Griechenland, unter sehr hoher Jugendarbeitlosigkeit.
In den 27 EU-Mitgliedstaaten sind laut Eurostat 5,7 Millionen junge Leute unter 25 Jahren arbeitslos. Besonders dramatisch ist die Lage in den Euro-Krisenstaaten: In Griechenland ist die Jugendarbeitslosigkeit im Februar auf 64 Prozent gestiegen, in Spanien lag sie zuletzt bei 56 Prozent. Aber auch in Frankreich (26,5 Prozent) grassiert die Jugendarbeitslosigkeit. Deutschland und Österreich stehen mit 7,6 Prozent am besten da.