Rosenmontagsumzüge Vergiftete Grüße nach Moskau
Nach zwei Jahren Corona-Pause haben Hunderttausende Narren und Jecken wieder Rosenmontag gefeiert - größtenteils friedlich. Die politische Kritik der Mottowagen war gewohnt spitz. Vor allem Russlands Präsident Putin bekam sein Fett weg.
Erstmals seit drei Jahren sind zum Höhepunkt des Straßenkarnevals wieder die Rosenmontagszüge durch die närrischen Hochburgen gerollt. 2021 und 2022 waren die Züge wegen der Corona-Pandemie ausgefallen, doch jetzt fand der höchste Feiertag der Karnevalisten wieder wie gewohnt statt. Bei überwiegend sonnigem Wetter feierten Hunderttausende auf den Straßen.
Alleine in Düsseldorf waren nach einer Schätzung des Comitees Düsseldorfer Carneval rund 600.000 Menschen unterwegs. Ein Sprecher des Mainzer Carneval-Vereins ging von 550.000 Besuchern aus. Eine Sprecherin des Festkomitees Kölner Karneval meinte dagegen, es sei unmöglich, die Zuschauerzahl seriös zu schätzen. Es herrsche aber "sehr, sehr großer Andrang" - noch mehr als in den Jahren vor der Pandemie.
Auch in anderen Städten feierten Tausende Menschen, unter anderem im rheinland-pfälzischen Mainz und in Trier, im hessischen Fulda und im sachsen-anhaltischen Köthen. In Halle in Sachsen-Anhalt wurde der Zug abgebrochen, nachdem ein Mottowagen eine 21-Jährige erfasste. Sie wurde mit lebensgefährlichen Verletzungen ins Krankenhaus gebracht. Wie es zu dem Unfall kam, war zunächst unklar.
Ätzende Kritik an Putin
Die Mottowagen bei den Rosenmontagszügen waren - wie so oft im Karneval - politisch. So übten die Karnevalisten ätzende Kritik insbesondere an Russlands Präsident Wladimir Putin. In Köln etwa küsste er den Teufel und drehte als Vampir die Welt durch den Fleischwolf. In Düsseldorf nahm der russische Präsident in einer Wanne in den ukrainischen Farben Blau und Gelb ein Blutbad.
In Mainz blies Putin einen kalten Ostwind in Richtung von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die sich mit einem Schirm zu schützen versuchte. Auf einem anderen Mainzer Wagen stellte sich eine Sonnenblume einem Panzer entgegen: "F*** you, Putin!".
Ein zaudernder Bundeskanzler Olaf Scholz wurde im Düsseldorfer Zug von einem Ziegenbock auf die Hörner genommen und nach vorn gestoßen - beschriftet war das Tier mit "Strack-Zimmermann", dem Namen der energischen Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses. Der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck musste unterdessen eine Kröte nach der anderen schlucken: Atomkraft, Aufrüstung und Gas aus Diktaturen.
Mottowagen mit Woelki-Satire
Auch die katholische Kirche war wieder vertreten: Der Missbrauchsskandal in Gestalt eines Teufels wollte den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki mit sich wegziehen, doch der klammerte sich mit aller Kraft am Kölner Dom fest, wodurch er das Kirchengebäude zum Einsturz brachte.
Den Mittelpunkt des Wagens "Free Iran" bildete der Kopf einer jungen Frau, in deren wehendem Haar sich ein "Mullarsch" verfängt. "Was diese Frauen für ihre Freiheit auf sich nehmen, das ist der Wahnsinn", sagte der Düsseldorfer Wagenbauer Jacques Tilly. "Ich habe wirklich höchsten Respekt vor ihrem Mut."
Der Kölner Rosenmontagszug, der dieses Jahr sein 200-jähriges Bestehen feierte, startete erstmals im rechtsrheinischen Deutz und fuhr dann über den Rhein in die linksrheinische Innenstadt. Für TV-Moderator Johannes B. Kerner erfüllte sich ein kleiner Lebenstraum, weil er in Köln zum allerersten Mal auf einem der Wagen mitfahren durfte. Der gebürtige Rheinländer versprach, mit Kamelle nicht geizen zu wollen - als Kind habe ihn immer gestört, "dass die viel zu wenig geschmissen" hätten.