Symbolbild: Der Tiergarten in Berlin. (Quelle: dpa/Muhs)

Berlin Was der Sparkurs für den Umwelt- und Klimaschutz in Berlin bedeutet

Stand: 29.11.2024 06:18 Uhr

Wenn wie geplant im Umweltsektor fast ein Viertel des Etats gekürzt wird, hat das Auswirkungen auf viele kleine und größere Projekte in Berlin. Aber es geht noch um viel mehr: Experten fürchten, dass Berlin seine Klimaziele verfehlt. Von V. Kleber und S. Müller

Unter dem Hultschiner Damm in Mahlsdorf rauscht aus einem dicken Rohr Regenwasser Richtung Elsenteich. Mit sich bringt es schädliche Stoffe wie Phosphate und Schwermetalle, die das Teichwasser und die Tiere darin belasten. Deshalb ist hier – wie auch an anderen Orten in Berlin – eigentlich ein modernes Filtersystem geplant. Allerdings sollen bei diesem Haushaltsposten fünf von sieben Millionen Euro gestrichen werden.

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„Es wäre natürlich von großem Vorteil, wenn wir den Filter haben, um die Qualität des Wassers zu steigern“, betont Nadja Zivkovic, CDU-Bezirksbürgermeisterin von Marzahn-Hellersdorf. Bisher weiß sie aber nicht, ob der Filter noch kommt.

So sehen die geplanten Kürzungen aus

Der Gewässerschutz ist einer von vielen Bereichen, in denen im Haushalt 2025 teils drastisch gespart werden soll. Geplant ist, dass Senatorin Ute Bonde (CDU) im nächsten Jahr für Umwelt- und Klimaschutz nicht wie ursprünglich geplant 350 Millionen Euro bekommt, sondern 85 Millionen weniger. Ein Minus von 24 Prozent.
 
Teilweise wird sogar deutlich mehr gekürzt als dieses knappe Viertel:
 

  • 40 Prozent weniger Geld gibt es für zwei große Klimaschutzprogramme (BENE II und BEK), mit denen unter anderem erneuerbare Energien und Gebäudesanierung für weniger CO2-Ausstoß gefördert werden. Hier sind insgesamt fast 28 Millionen Euro an Kürzungen vorgesehen.
  • 25 Prozent weniger (- 22 Mio.) bekommt die landeseigene Gesellschaft Grün Berlin, die für Parks und Grünanlagen zuständig ist. Gekürzt wird vor allem bei Investitionen, etwa in den Spreepark.
  • 21 Prozent weniger (knapp 4 Mio.) bekommt die „Strategie Stadtlandschaft“. Es wird Geld fehlen für neue Bäume in der Stadt.
  • 28 Prozent (1 Mio.) weniger gibt es für den Unterhalt der Wälder in Berlin.
  • 30 Prozent weniger bekommen freie Träger, die zum Beispiel Umweltbildung für Schulklassen anbieten.

Die Umweltverwaltung äußert sich nicht zu konkreten Einsparungen, sie schreibt dem rbb nur, es werde vor allem da gekürzt, wo bereitgestelltes Geld in den vergangenen Jahren gar nicht ausgegeben worden sei.

Die Kürzungen wären bitter im Kleinen…

Die Naturschutzstation Marienfelde hat allerdings jeden Cent der 400.000 Euro gebraucht, die sie bisher vom Land bekam. Leiter Björn Lindner schaut „schockiert“ auf die geplante 30-Prozent-Kürzung. „Das würde Konsequenzen in unserer qualitativen Arbeit haben. Es gäbe Stellenabbau“, sagt er dem rbb. Von acht bezahlten Mitarbeitenden müssten vermutlich zwei oder drei gehen, so Lindner, Öffnungszeiten und Angebote würden reduziert.

…und bitter fürs große Ganze

Der Berliner Klimaschutzrat, ein Expertengremium, das die Regierung berät, warnt mit deutlichen Worten. "Essenzielle Klimaschutzmaßnahmen" würden "erheblich kürzt", heißt es in einer Pressemitteilung, das sei eine "ernsthafte Gefährdung der Klimaschutzziele". Bis 2030 will Berlin seinen CO2-Ausstoß eigentlich um 70 Prozent reduzieren, bis spätestens 2045 klimaneutral sein. Der grüne Abgeordnete Stefan Taschner beklagt: "Was der Senat hier macht, ist ein geplanter Gesetzesbruch auf Kosten unserer Kinder und Enkelkinder."

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Hier könnte es noch Änderungen geben:

Dass Oppositionsfraktionen wie Grüne und Linke die Sparpläne scharf kritisieren, ist nicht überraschend. Erstaunlich ist, wie deutlich auch Koalitionsexpertinnen wie die SPD-Abgeordnete Linda Vierecke sagen, für wie grundfalsch sie die 85-Millionen-Sparliste halten. "Wenn ich davorsitze, sehe ich Größenordnungen von 30 bis 40 Millionen Euro, die ich gerne zurücknehmen würde", sagt Vierecke.
 
Sie weiß natürlich, dass das nicht realistisch ist. Auch weil der Koalitionspartner CDU den Vorschlag ablehnt, durch einen deutlich verteuerten Anwohner-Parkausweis viele Millionen zusätzlich in die Haushaltskasse zu spülen.

Es wird wohl darauf hinauslaufen, dass die Einsparsumme gleich bleibt und es vor allem darum geht, das weniger gewordene Geld anders zu verteilen. „Umschichten wird möglich sein“, sagt Danny Freymark von der CDU, aber auch das werde weh tun. Konkrete alternative Streichvorschläge nennt Freymark nicht. Er würde sich wünschen, dass das Wasserfilterprojekt unter anderem in Mahlsdorf kommt wie geplant. Die Filter könnten statt aus dem normalen Haushalt von den Wasserbetrieben selbst finanziert würden, schlägt er vor, mit Eigenmitteln oder durch neue Kreditaufnahme. Außerdem will Freymark, genau wie Vierecke, auf jeden Fall die Kürzungen bei den Umwelt-Bildungsangeboten abmildern. Für Natur-Ranger Björn Lindner wäre das eine gute Nachricht. „Ich will die Hoffnung nicht aufgeben“, sagt er.

Eine Partei lobt die Kürzungen

Während Grüne und Linke befürchten, dass allenfalls noch kosmetische Verbesserungen drin sind, schaut die AfD größtenteils erfreut auf die Sparliste. Beim Naturschutz würde sie zwar nicht kürzen, aber die massiven Einsparungen bei den Klimaschutzprogrammen findet sie genau richtig. "Das Klima kann man nicht schützen“, betont der Abgeordnete Frank-Christian Hansel. Sein Fazit: "Gut, dass dieser Senat jetzt kein Geld dafür hat, die Klimaziele umzusetzen.“

Sendung: rbb24 Abendschau, 28.11.24, 19:30 Uhr