Reaktionen auf Brüsseler Einigung "Das geht zu Lasten der Flüchtlinge"
Während sich EU-Vertreter und die türkische Regierung für ihre Einigung selbst loben, ist das Echo auf den Flüchtlingspakt in Deutschland geteilt. Kanzleramtschef Altmaier spricht von einem Signal "auch an die deutsche Bevölkerung", die Grünen üben scharfe Kritik.
Der Flüchtlingspakt zwischen der Europäischen Union und der Türkei hat ein geteiltes Echo in Deutschland ausgelöst. Vor allem aus den Reihen der Grünen wird die Einigung scharf kritisiert. "Angela Merkel hat eine europäische Lösung erreicht - aber damit ihre eigene humanitäre Haltung aufgegeben", sagte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter der Zeitung "Rheinische Post". "Denn der Deal mit der Türkei geht zu Lasten der Flüchtlinge." Diese würden zur "reinen Verschiebemasse" herabgewürdigt.
"Türkei kann keine Sicherheit bieten"
"Europa versucht, sich aus seiner Verantwortung herauszukaufen", erklärte Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. Und Grünen-Parteichef Cem Özdemir sieht europäische Werte in Gefahr: "Glaubt irgendjemand ernsthaft, dass ein Land, das seine eigenen Bürger verfolgt und malträtiert, Sicherheit für Geflüchtete bieten kann?", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Zahlreiche Unions-Politiker zweifeln vor allem daran, dass die Einigung von Brüssel zu einer gerechten Verteilung der Flüchtlinge innerhalb Europas führen wird. "Unsere Einwände gegen den Türkei-Deal bleiben", erklärte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer. Er bekräftigte, die Flüchtlinge müssten in ganz Europa verteilt werden - "und nicht nur nach Deutschland". Ähnlich äußerte sich Sachsens Innenminister Markus Ulbig von der CDU. Wichtig sei, dass die syrischen Flüchtlinge, die von der Türkei umgesiedelt würden, gerecht auf alle Mitgliedstaaten der EU verteilt würden, sagte er der Deutschen Presse-Agentur.
"Starkes Signal"
Kanzleramtsminister Peter Altmaier sprach dagegen von einem starken Signal auch an die Menschen hierzulande, dass die Bundesrepublik nicht überfordert werde. Mit der Vereinbarung habe die EU den Schutz ihrer Außengrenze so organisiert, dass sie ihren humanitären Verpflichtungen gerecht werde und trotzdem illegalen Schleusern das Handwerk lege, sagte der CDU-Politiker im ZDF.
Kanzlerin Merkel hatte die Vereinbarung nach dem Ende des Gipfel in Brüssel als klare Botschaft an Migranten gewertet, sich nicht auf den Weg nach Europa zu machen. "Das heißt, wer sich auf diesen gefährlichen Weg begibt, riskiert nicht nur sein Leben, sondern hat eben auch keine Aussicht auf Erfolg", sagte sie.
Der türkische Regierungschef Ahmet Davutoglu sprach nach der Einigung von einem "historischen Tag". Er fügte hinzu: "Heute erkennen wir, dass die Türkei und die EU dasselbe Schicksal, dieselben Herausforderungen, dieselbe Zukunft haben."