Reaktionen auf EU-Gipfel Positiv, halbgar oder Schande?
Der EU-Gipfel galt als entscheidend für den deutschen Asylstreit. Nach harten Verhandlungen liegen die Beschlüsse vor. Und jetzt? Von der CSU kommt vorsichtige Zustimmung. Andere sehen dagegen eine "Bankrotterklärung".
In ersten Reaktionen haben CSU-Politiker die Beschlüsse des EU-Gipfels zur Migrationspolitik als "positives Signal" begrüßt. CSU-Vize Manfred Weber sprach von einem "großen Schritt hin zu einer besseren Migrationspolitik". Europa stehe für Humanität gegenüber Menschen in Not, Entschiedenheit im Außengrenzenschutz und bei Bekämpfung illegaler Migration sowie für Solidarität untereinander", ergänzte der EVP-Fraktionschef im EU-Parlament.
Die europäischen Staats- und Regierungschefs hatten sich unter anderem auf eine Stärkung der EU-Grenzschutzbehörde Frontex geeinigt, und sie unterstützten auch die Möglichkeit von Aufnahmezentren für Flüchtlinge in Afrika. Das Hauptankunftsland Italien bekam zumindest grundsätzlich Aufnahmelager auch in anderen EU-Mitgliedstaaten zugesagt.
Zwischen CSU und CDU war zuvor ein harter Streit um die von CSU-Chef und Bundesinnenminister Horst Seehofer geforderten Zurückweisungen bestimmter Asylbewerber an der deutschen Grenze ausgebrochen. Bundeskanzlerin Angela Merkel lehnt dies ab und setzt auf europäische Lösungen.
"Positives Signal"
Der CSU-Vorstandsmitglied Hans Michelbach nannte sie im ARD-"Morgenmagazin" ein "positives Signal". Michelbach wollte aber noch keine Einschätzung abgeben, ob sie für die CSU ausreichend seien, um auf sofortige Zurückweisungen an der Grenze zu verzichten. CDU und CSU müssten jetzt darüber reden. "Wir werden das natürlich auch prüfen und analysieren", sagte Michelbach. Aufnahmezentren innerhalb und außerhalb Europas seien "schwer umzusetzen".
Michelbach verwies aber auf den der Öffentlichkeit noch weitgehend unbekannten "Masterplan Migration" von Bundesinnenminister und CSU-Chef Horst Seehofer. An dem hatte sich allerdings der Streit in der Union entzündet, da er die Forderung nach Zurückweisungen enthält.
Auch Unionsfraktion und SPD zufrieden
Die Unionsfraktion im Bundestag schrieb, mit den Beschlüssen sei dank Merkels Verhandlungsgeschicks die Grundlage geschaffen worden, "die Migrationsbewegungen besser zu ordnen, zu steuern und letztlich auch zu begrenzen". Fraktionsvize Johann Wadephul erklärte weiter, es sei immer klar gewesen, dass es eine "eine nachhaltige Lösung dieser Schicksalsfrage für unseren Kontinent" nur in der EU und mit Afrika zu erreichen sei
Auch von den Sozialdemokraten kommt Zustimmung: Vizekanzler Olaf Scholz nannte die Beschlüsse einen "großen Fortschritt und einen guten Erfolg für uns alle".
Kritik von der Opposition
AfD-Fraktionschefin Alice Weidel kritisierte die Beschlüsse als "halbgar". Ein echter Grenzschutz soll bis 2020 durch Frontex geleistet werden, so dass die EU weitere zwei Jahre wie ein Scheunentor offen steht." Man denke außerdem lediglich über Flüchtlingslager in Nordafrika nach, statt Fakten zu schaffen. Merkels "starrsinniges Beharren" auf eine europäische Lösung habe die Kanzlerin erpressbar gemacht: "Die 'Festung Europa' ist die einzige 'europäische Lösung', die realistisch zu erreichen ist."
Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner nannte die Beschlüsse "vage und unkonkret". Der Gipfel sei "leider kein Durchbruch", sondern nur ein Schritt hin zu einem europäischen Asylsystem: "Mit vagen Ankündigungen, mit abstrakten Zielbeschreibungen und mit der Methode der Freiwilligkeit wird man nicht die Ordnung in Europa erreichen", die notwendig sei, "um unsere Freiheit ohne Schlagbäume auf diesem Kontinent zu sichern".
Linkspartei-Chef Bernd Riexinger sprach hingegen von einer "Bankrotterklärung der Menschenrechte": "Die Doppelmoral von Angela Merkel und den EU-Staatschefs ist wirklich eine Schande", sagte er der Nachrichtenagentur AFP. Als Beispiel nannte er "Internierungslager" in Afrika und in EU-Staaten, "Milliarden" für den türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan "und weitere Abschottung an den Außengrenzen". Merkel betreibe "auf EU-Ebene das Geschäft der CSU". Aber vermutlich würden auch die Gipfel "den Möchtegern-Monarchen Markus Söder nicht zufriedenstellen".