Demos in mehreren Städten Ostermärsche im Zeichen der Kriege
In vielen Städten sind Menschen zu Ostermärschen auf die Straße gegangen. Im Mittelpunkt standen die Kriege im Gazastreifen und in der Ukraine. Demonstrierende forderten Waffenruhe, Verhandlungen und den Stopp von Waffenlieferungen.
Auch in diesem Jahr haben sich am Karsamstag in zahlreichen deutschen Städten wieder Menschen zu Ostermärschen versammelt. Angekündigt waren rund 70 Veranstaltungen im ganzen Land. Der Samstag galt als Hauptaktionstag der traditionellen Friedensdemonstrationen, die auch noch am Ostersonntag und Ostermontag weitergehen.
Im Mittelpunkt stehen in diesem Jahr der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und der Krieg im Nahen Osten. Ein zentrales Thema der Märsche ist die Forderung nach Waffenruhe, diplomatischen Lösungen und einem Ende der Waffenlieferungen. Außerdem fordern die Demonstrierenden atomare Abrüstung und kritisieren steigende Rüstungsausgaben.
Begleitet wurden die Veranstaltungen von eindringlichen Mahnungen von Spitzenvertretern der Bundesregierung und Opposition, die Ukraine in ihrem Abwehrkampf weiter militärisch zu unterstützen - auch mit Blick auf deutsche Sicherheitsinteressen.
Polizei: 3.500 Teilnehmer in Berlin
In Berlin zählte die Polizei am Samstag rund 3.500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, 6.000 Demonstranten waren zuvor bei der Polizei angemeldet. Gefordert wurden Friedensverhandlungen in der Ukraine und im Gazastreifen, Abrüstung und ein Ende der Debatte um die Wiedereinführung der Wehrpflicht. Unterstützt wurde der Demonstrationsaufruf von zahlreichen Gruppen und Verbänden. Die Veranstalter hatten sich im Vorfeld gegen rechts abgegrenzt.
Der Ostermarsch stand unter dem Motto "Kriegstüchtig - nie wieder". Mehrere Teilnehmer der Demonstration zeigten laut der Nachrichtenagentur dpa auf der Karl-Marx-Allee in Friedrichshain Schilder mit Aufschriften wie "Freundschaft mit Russland - Viva Palästina" und "Frieden mit Russland". Andere wandten sich gegen die Bundesregierung. Neben der Friedenstaube waren auch palästinensische Fahnen und russische Flaggen zu sehen.
Bei einer Gegendemonstration, angekündigt als alternativer Ostermarsch, forderte das Ukraine-Bündnis Vitsche Rückhalt für die Ukraine und Solidarität mit den Opfern des russischen Angriffskrieges. Das Motto der etwas mehr als 100 Teilnehmer lautete "Jetzt erst recht - Frieden muss verteidigt werden".
Kundgebungen in zahlreichen Städten
Laut einer vorläufigen Übersicht des Netzwerks Friedenskooperative gingen bundesweit mehr als 10.000 Menschen auf die Straßen. In Stuttgart waren es demnach etwa 2.000, in Bremen rund 1.000 Menschen. In Köln hätten sich etwa 700 Menschen beteiligt und in München 500. In Wiesbaden demonstrierten laut Polizei mindestens 800 Teilnehmerinnen und Teilnehmer unter dem Motto "Friede in Nahost".
In Hannover kamen laut Polizei rund 630 Menschen zusammen. In Unterlüß in Niedersachsen versammelten sich laut Polizei rund 150 Demonstrierende vor dem Gelände des Rüstungskonzerns Rheinmetall. Auch in Duisburg, Saarbrücken, Leipzig und Kassel kamen jeweils mehrere Hundert Menschen zu den Märschen. Der Sprecher der Friedenskooperative, Kristian Golla, zeigte sich zufrieden mit den Teilnehmerzahlen. Die Zahl liege etwa auf dem Niveau des Vorjahres, sagte er.
Bei der Versammlung in Köln warnte die Linken-Bundestagsabgeordnete Kathrin Vogler vor einer "Militarisierung der Gesellschaft". Der Überfall Russlands auf die Ukraine habe sie erschüttert, gleichwohl sei es ein Irrglaube der Bundesregierung sowie der Union, zu meinen, dass "weitere Kriege in Europa vor allem dadurch verhindert werden könnten, dass man maximal aufrüstet". In der aktuellen Situation sei eine Politik gefragt, die "den Frieden vorbereitet".
Die Theologin Margot Käßmann bekräftigte ihre Forderung nach einer diplomatischen Initiative zur Beendigung des Ukraine-Kriegs. Der Friedensbewegung gehe es darum, dass das Töten ein Ende finde, sagte die frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland im Inforadio des RBB. Jeden Tag würden Soldaten und Zivilisten in diesem Krieg sterben. Es dürfe nicht ständig nur über Waffen und Waffensysteme gesprochen werden, vielmehr müsse es darum gehen, wie dieser Krieg beendet werden könne: "Nur noch mehr Waffen" brächten keinen Frieden.
Scholz: "Ohne Gerechtigkeit kein Frieden"
Bundeskanzler Olaf Scholz bekräftigte in einer Videobotschaft zu Ostern die Bereitschaft zur Unterstützung der Ukraine. "Wir alle sehnen uns nach einer friedlicheren Welt", sagte er. Aber Frieden ohne Gerechtigkeit gebe es nicht, "Frieden ohne Freiheit heißt Unterdrückung". Deshalb unterstütze Deutschland die Ukraine "entschlossen und besonnen" in ihrem Kampf für einen gerechten Frieden.
Dies geschehe auch im Interesse Deutschlands. Der Frieden in Europa beruhe auf dem Prinzip, dass Grenzen nicht mit Gewalt verschoben werden dürften. Der SPD-Politiker rief zum Zusammenhalt der Deutschen auf und erklärt: "Zumal uns doch die Überzeugung verbindet, dass das Recht sich durchsetzen muss gegen die Gewalt."
Außenministerin Annalena Baerbock warnte mit Blick auf die Ostermärsche vor Einseitigkeit. Von den Friedenskundgebungen sollte die Botschaft ausgehen, dass Menschlichkeit unteilbar ist, "alles andere ist brandgefährlich", sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Menschen in Israel dürfen nicht gegen Menschen in Palästina ausgespielt werden. Und wir dürfen unseren Wunsch nach Frieden nicht gegen den Frieden in der Ukraine ausspielen." Die Sicherheit der Ukraine sei "auch die unsrige", so die Grünen-Politikerin.
Im Februar 2022 war die russische Armee in die Ukraine einmarschiert. Die Ukraine verteidigt sich seither gegen den Angriff des Nachbarlandes. Der Krieg im Gazastreifen ist eine Folge des Terrorangriffs der militant-islamistischen Hamas und anderer extremistischer Organisationen auf Israel am 7. Oktober 2023. Israelischen Angaben zufolge töteten die Terroristen dabei fast 1.200 Menschen und verschleppten etwa 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen. Israel bekämpft seither die Hamas in dem Küstenstreifen, was aber auch zahlreiche Opfer in der Zivilbevölkerung nach sich zieht. Nach Angaben der von den Hamas kontrollierten Behörden wurden mehr als 30.000 Menschen getötet. Die Zahlen können nicht unabhängig überprüft werden.