Ostermärsche gegen Krieg Politiker warnen vor einseitigen Forderungen
Die Ostermärsche stehen im Zeichen der Kriege in der Ukraine und in Nahost. Mit Friedensforderungen allein sei es aber nicht getan, betonen mehrere Spitzenpolitiker. Der Bundeskanzler verteidigte die Unterstützung der Ukraine.
Bundesweit wollen die Teilnehmer der traditionellen Ostermärsche auch in diesem Jahr ein Zeichen für Frieden und gegen Krieg setzen. Hauptaktionstag ist der heutige Karsamstag, für den rund 70 Veranstaltungen in Deutschland angekündigt sind.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bekräftigte anlässlich der Osterfeiertage erneut die deutsche Unterstützung für die Ukraine und begründete das auch mit deutschen Sicherheitsinteressen. Auch Vizekanzler Robert Habeck, Außenministerin Annalena Baerbock (beide Grüne) und CDU-Chef Friedrich Merz veröffentlichten Botschaften zu Ostern.
Scholz: Frieden ohne Freiheit heißt Unterdrückung
Scholz sagte in einer Videobotschaft: "Wir alle sehnen uns nach einer friedlicheren Welt." Aber Frieden ohne Freiheit heiße Unterdrückung, Frieden ohne Gerechtigkeit gebe es nicht. "Deshalb unterstützen wir die Ukraine in ihrem Kampf für einen gerechten Frieden - solange, wie das nötig ist. Wir tun das auch für uns, für unsere Sicherheit."
Scholz warf Russland unter Präsident Wladimir Putin vor, ein seit Jahrzehnten geltendes zentrales Prinzip gebrochen zu haben: Dass Grenzen nicht mit Gewalt verschoben werden dürften. "Aber wir haben es in der Hand, diesem Prinzip wieder Geltung zu verschaffen. Indem wir eben die Ukraine weiter unterstützen - entschlossen und besonnen."
Habeck: Deutschland muss sich vor militärischen Angriffen schützen
Bereits am Abend veröffentlichte Vizekanzler Habeck ein Video zu Ostern auf der Plattform X. Darin sagte er: "Wir sehnen uns nach Frieden. Ja. Aber die ehrliche, die bittere Antwort ist: Es wird vermutlich kein rasches, gutes Ende geben, auch wenn wir uns anderes wünschen."
Angesichts der russischen Aggression betonte er: "Wir müssen uns auf die Bedrohungslage einstellen. Alles andere wäre naiv." Deshalb sei Deutschland gut beraten, mehr in die eigene Sicherheit zu investieren. "Wir, Deutschland, die Europäische Union, wir müssen uns schützen rundum, auch vor militärischen Angriffen."
In Deutschland sei in den letzten Wochen über die Art und den Umfang der Unterstützung für die Ukraine gestritten worden, "teils erbittert und teils auch verletzend", sagte Habeck. "Ich habe mich früh für die Waffenlieferung an die Ukraine ausgesprochen, und ich trete auch jetzt dafür ein, dass wir sie weiter mit mehr und mit weiterem militärischem Material unterstützen."
Er habe aber Respekt vor einer Position, die aus prinzipiellen moralischen Gründen oder religiösen Überzeugungen beim Thema Waffenlieferungen an die Ukraine zu einem anderen Schluss komme als er. "Ich verstehe auch nur zu gut, dass Menschen Angst vor einer Eskalation des Krieges haben. Auch ich bin in Sorge."
Gegen ein "Einfrieren des Krieges"
Die Frage sei, was notwendig sei, um dieser Bedrohungslage zu begegnen, so Habeck. Damit müsse sich die Regierung fortwährend auseinandersetzen. Habeck wandte sich gegen ein "Einfrieren des Krieges". "So sehr ich verstehe, dass angesichts der hohen Opferzahlen von einem Einfrieren des Krieges gesprochen wird, so sehr blendet diese Position aus, dass nur die Ukrainerinnen und Ukrainer entscheiden können, welchen Preis sie zu zahlen bereit sind und zu welchen Bedingungen sie einen Waffenstillstand erreichen oder den Krieg beenden wollen", sagte der Vizekanzler.
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hatte kürzlich ein "Einfrieren" des Konflikts ins Gespräch gebracht - also eine Waffenruhe, um eine Verhandlungslösung zu ermöglichen. Dafür hatte er viel Kritik geerntet.
Baerbock mahnt vor einseitiger Parteinahme
Außenministerin Annalena Baerbock warnte mit Blick auf die Ostermärsche der Friedensbewegung vor einseitiger Parteinahme in Konflikten. "Menschlichkeit ist unteilbar. Alles andere ist brandgefährlich", sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Menschen in Israel dürfen nicht gegen Menschen in Palästina ausgespielt werden. Und wir dürfen unseren Wunsch nach Frieden nicht gegen den Frieden in der Ukraine ausspielen."
Die Sicherheit der Ukraine "ist auch die unsrige". Hoffnung an diesem Osterfest machten ihr "all die Menschen, die sich in dieser brutalen Zeit gerade nicht Populismus und Schwarz-weiß-Denken hingeben", sagte Baerbock weiter. Angesichts des Leids und der Ängste sei es manchmal einfacher, eine Seite oder ein Leid einfach auszublenden. Davon gehe die Brutalität des Krieges jedoch nicht weg. "Wir dürfen die Hoffnung niemals aufgeben, weil sich ansonsten die Ruchlosigkeit in der Welt durchsetzt", forderte die Grünen-Politikerin. Entscheidend sei, "dass wir jeden Tag versuchen, einen Schritt voranzukommen in Richtung Sicherheit und Frieden - sei es im Nahen Osten, sei es in der Ukraine".
Merz: Friedfertigkeit allein reicht nicht aus
Der CDU-Vorsitzende Merz schrieb in einer E-Mail an seine Anhänger, die Friedenssehnsucht vieler Menschen im Land dürfte in diesem Jahr besonders ausgeprägt sein. Für den Frieden zu demonstrieren, sei alles andere als verwerflich. Aber über die Voraussetzungen für einen dauerhaften Frieden müsse man schon noch sprechen. "Und da ist Friedfertigkeit allein keine ausreichende Antwort."
Es wäre laut Merz sehr zu wünschen, wenn sich die Ostermarschierer in diesem Jahr vor allem an Putin richteten und ihn aufforderten, den Angriffskrieg gegen die Ukraine sofort zu beenden.