Grundwasserbelastung Nitratwerte senken, Klage vermeiden
Deutschland muss mehr gegen Nitrat im Grundwasser tun. Die Ministerinnen Klöckner und Schulze versuchen heute in Brüssel, eine EU-Klage abzuwenden. Gelingt das nicht, wird es teuer.
Mit neuen Vorschlägen zu strengeren Düngeregeln für Landwirte reisen Bundesagrarministerin Julia Klöckner von der CDU und Bundesumweltministerin Svenja Schulze von der SPD nach Brüssel. Das Ziel: Ein weiteres Verfahren gegen Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof zu verhindern. Die EU-Kommission macht Druck: Deutschland muss mehr gegen Nitrat im Grundwasser tun. Das Düngen mit Gülle und Mist ist eine Hauptursache für die zum Teil viel zu hohen Werte.
Noch im Juni gaben sich beide Ministerinnen zuversichtlich, nachdem sie gemeinsame Vorschläge für verschärfte Düngeregeln vorgelegt hatten. "Insgesamt wird die Düngung in Deutschland damit nachhaltiger, der Gewässerschutz verbessert, ohne dass die Betriebe über das erforderliche Maß hinaus eingeschränkt werden", sagte damals Klöckner.
Ihre Kollegin Schulze sprach von einem guten Kompromiss: "Ich hoffe sehr, dass die Kommission anerkennt, was wir hier an Kompromiss vorlegen - und dass sie anerkennt, dass wir Nitrat wirklich reduzieren wollen."
Statt Zustimmung kam ein Mahnschreiben
Die EU-Kommission aber zeigte sich unbeeindruckt von den Vorschlägen, wonach Landwirte unter anderem in sogenannten roten Gebieten mit besonders hoher Nitratbelastung pauschal 20 Prozent weniger düngen dürfen. Statt Zustimmung kam aus Brüssel ein Mahnschreiben.
Das folgt einem jahrelangen Streit zwischen Berlin und Brüssel: Die EU-Kommission hatte Deutschland bereits wegen zu hoher Nitratwerte im Grundwasser verklagt und im vergangenen Jahr vor dem EuGH Recht bekommen. Laut Umweltbundesamt wird der Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter an rund 30 Prozent aller Messstellen, die unter landwirtschaftlicher Nutzung sind, nicht eingehalten. Die Bundesregierung hatte die Düngeverordnung zwar 2017 verschärft, Brüssel aber fordert weitere Nachbesserungen.
Nun also neue Vorschläge, die das Ergebnis eines weiteren Treffens mit Bund, Ländern und Verbänden in der vergangenen Woche sind. Darunter: neue Pflichten für Bauern, die Düngemenge zu dokumentieren, längere Sperrfristen - also Zeiten, in denen nicht gedüngt werden darf - und striktere Vorgaben an Hängen.
Auch die Länder müssen die Vorschläge mittragen
Es habe eine breite Zustimmung gegeben, hieß es von Umwelt- und Agrarressort. Jan Philipp Albrecht, Agrarminister in Schleswig-Holstein, ist aber skeptisch. Nicht nur Brüssel, auch die Bundesländer müssen die Vorschläge am Ende mittragen. "Es macht keinen Sinn, jetzt eine Verordnung auf den Weg zu bringen, von der dann klar ist, dass sie in zwei Jahren wieder gekippt wird - da schicken wir die landwirtschaftlichen Betriebe wieder in eine absolut schlechte Situation", sagte der Grünen-Politiker dem ARD-Hauptstadtstudio.
Ihm sind die Vorschläge zu unkonkret. Offen sei etwa, wie die neuen Vorgaben kontrolliert werden sollen. Außerdem müsse der Bund Betriebe, die gewässerschonend und nachhaltig wirtschaften, finanziell stärker unterstützen.
Grüne fordern anderen Angang ans Thema Düngen
Die umweltpolitische Sprecherin der Grünen Bundestagsfraktion, Bettina Hoffmann, forderte ein grundsätzliches Umsteuern. "Meines Erachtens ist es notwendig, dass wir da vollkommen andere Agrarpolitik machen und dass wir da einen Ausstieg aus der industriellen Massentierhaltung brauchen, um das Problem grundsätzlich anzugehen" sagte sie.
Ob Brüssel den neuen Vorschlägen aus Berlin zustimmt, ist offen. Bis Ende September hat die Bundesregierung noch Zeit, neue Vorschläge für eine bessere Grundwasserqualität zu machen.
Gelingt das nicht, droht eine neue Klage vor dem Europäischen Gerichtshof. Damit verbunden: hohe Strafzahlungen von bis zu 850.000 Euro pro Tag.