Gewitterforscher Auf der Suche nach Blitz und Donner
Wie entstehen Gewitter? Um diese Frage besser beantworten zu können, forschen Meteorologen im Feld. Mit Drohnen und Lasermessgeräten messen sie vor allem die Windverhältnisse.
Normalerweise sitzt Meteorologe Daniel Klocke vor seinem Rechner in Hamburg und entwickelt Wettermodelle. Jetzt aber ist der Forscher vom Max-Planck-Institut für Meteorologie im Feld. Südöstlich von Berlin, auf dem flachen Land, versucht er von Mai bis August, gemeinsam mit vielen anderen Experten "Cold Pools" aufzuspüren.
"Cold Pools" sind kalte, schwere Luftmassen, die entstehen, wenn starke Niederschläge abregnen. Wenn diese kalte Luft auf den Boden sackt, breitet sie sich kreisförmig aus und kann neue Gewitter auslösen. "Über die Entstehung dieser neuen Gewitter wollen wir mit den unterschiedlichsten Messinstrumenten Informationen sammeln", erklärt Klocke. "Auch um zu überprüfen, ob meine Modelle der Realität standhalten."
Meteorologe Daniel Klocke im brandenburgischen Lindenberg.
Drohnen als Helfer
Heute sollen es Drohnen sein, die neue Erkenntnisse liefern - vor allem über die Windverhältnisse. Sie messen Windstärke, Windrichtung und die Temperatur. Gemeinsam mit einem Team vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt werden etwa 20 Drohnen startklar gemacht.
In einer kurzen Regenpause werden sie gestartet. Nebeneinander schweben sie in einer Höhe von 90 Metern und sammeln dort Daten. Konzentriert gehen die Forschenden ans Werk. Im Notfall können Piloten mit ihren Fernsteuerungen eingreifen. Ansonsten hat der Computer die Flugwege vorgegeben.
Für eine knappe Viertelstunde reicht der Akku. Wie angenagelt verharren die Drohnen nebeneinander in der Luft. Die Parallelmessung ist für die Forscher wichtig. Sie ergänzt die Daten des danebenstehenden Messturms, der nur an einem einzigen Punkt, dafür aber in unterschiedlichen Höhen Informationen sammeln kann. Sobald die eine Gruppe von Drohnen ihre Daten gesammelt hat, werden die nächsten in die Luft geschickt.
Besonders interessant ist für die Wissenschaftler die sogenannte Grenzschicht. Der Bereich, der die Atmosphäre mit dem Boden verbindet. Weil Hindernisse wie Häuser, Bäume oder Berge stören, ist die Crew nach Lindenberg gefahren. Hier herrschen ideale Bedingungen. Nur die Gewitter fehlen.
Drohnen vor dem Start. In 90 Meter Höhe führen sie ihre Messungen durch.
Flugzeug und Lasermessgeräte
Am nächsten Tag regnet es wieder. Unablässig fallen die Tropfen auf den Boden, der typische Landregen in Brandenburg. Die Forscher hoffen erneut auf eine Regenpause, denn viele Instrumente sind empfindlich, können nur eingesetzt werden, wenn es trocken ist. Ein kleines Flugzeug zum Beispiel, für das eine Abschussrampe immer bereitsteht.
Aber auch die am Boden verteilten Lasermessgeräte könnten besseres Wetter vertragen. Sie sollen Böen in zwei bis drei Kilometern Höhe aufzeichnen. Heute aber hängen die Wolken einfach zu tief. Doch die Wissenschaftler geben die Hoffnung nicht auf. Bis August werden die Messungen durchgeführt. Bis dahin werden genügend Daten in der Kampagne zusammenkommen - wie die Untersuchung im Fachjargon genannt wird.
Klocke mit Karsten Schwanke.
"Besser vor schweren Unwettern warnen"
"Das Ziel ist, meine Wetterberichte zu unterstützen und besser vor schweren Unwettern warnen zu können", erläutert Karsten Schwanke aus der ARD-Wetterredaktion. Er hat Ende der 1980er-Jahre selbst in Lindenberg am Observatorium gelernt. Das Institut hat eine lange Geschichte. 1905 wurde es von Kaiser Wilhelm II. persönlich eingeweiht, später vom Wetterdienst der DDR genutzt. Mittlerweile wird es vom Deutschen Wetterdienst betrieben.
Für ihre Forschungen schicken die Meteorologen nun einen Wetterballon in bis zu 20 Kilometer Höhe. Seine Radiosonde liefert wertvolle Informationen über die Windverhältnisse in der Atmosphäre. Doch das Wetter bleibt schwierig für die Gewitterforscher: Heute wird es kein Donnergrollen geben, keine Blitze werden am Himmel zucken - das ist Alltag für Klocke: "Manchmal sieht man die Unwetter rechts und links an einem vorbeiziehen. Das ist natürlich frustrierend, denn wir sind ja hier, um Gewitter zu untersuchen", seufzt er. "Aber ab und zu ist ein Tag Ruhe ja auch ganz schön."
Genug zu tun hat der Forscher aus Hamburg ohnehin: Bis alle Daten der Messungen in Brandenburg ausgewertet sind, können Wochen und Monate vergehen. Denn zwischendurch müssen die Gewitterforscher oft spontan raus. Morgens früh um fünf Uhr aufs Feld - wenn die Wetterlage eben passt. Sonden starten oder Drohnen fertig machen. Denn das nächste Gewitter kommt bestimmt.