Drei Jahre Mietpreisbremse Kein Allheilmittel
Seit drei Jahren gibt es die Mietpreisbremse in rund 300 deutschen Städten und Kommunen. Bisher blieb sie allerdings weitgehend wirkungslos. Mit den Plänen der Großen Koalition soll sich das nun ändern.
21 Euro Nettokaltmiete pro Quadratmeter. Für eine 3-Zimmerwohnung im Münchner Stadtteil Trudering, am östlichen Rand der Stadt. Nicht gerade Bestlage, Erdgeschoss, von Luxus weit entfernt. Das ist zwar selbst für München weit über dem Durchschnitt, aber eine Totalausnahme ist es nicht.
Seit Jahren klettern die Angebotsmieten in Ballungsräumen immer rasanter nach oben. Seit 2010 stiegen sie laut Forschungsinstitut Empirica im Bundesdurchschnitt um 25 Prozent. Ein Ende ist nicht in Sicht.
Barley: "Soziale Frage des 21. Jahrhunderts"
"Bezahlbares Wohnen wird die soziale Frage des 21. Jahrhunderts werden", sagt Bundesjustizministerin Katarina Barley, SPD, in der ARD-Sendung Hart aber fair. "Wir haben jede Menge Normalverdiener, die ein Drittel ihres Lohns für Miete ausgeben müssen. Das Problem ist gewaltig und wir müssen etwas dagegen tun."
Eines der Instrumente, um dieses Problem anzugehen, soll die Mietpreisbremse sein. Seit genau drei Jahren gibt es sie nun in rund 300 deutschen Städten und Kommunen. Dort, wo sie gilt, darf die Miete bei Neuvermietung nicht mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Eine schöne Idee, doch gebremst hat das bislang auf dem Mietmarkt gar nichts. Geholfen hat sie allenfalls in Einzelfällen.
Barley: "Viele Normalverdiener geben ein Drittel des Lohns für Miete aus."
Mietpreisbremse bislang wirkungslos
Das Problem: Wenn die vorherige Miete bereits über der ortsüblichen Vergleichsmiete lag, darf der Vermieter auch künftig diese im Vergleich zu hohe Miete verlangen. Doch für Mieter, die sich für eine Wohnung interessieren, ist es bislang nicht nur sehr schwer, die Höhe der Vormiete herauszufinden. Fraglich ist auch, ob man mit dem neuen Vermieter gleich zu Beginn des Mietverhältnisses einen Rechtsstreit beginnen will.
Zumindest hier will die Große Koalition durch eine Verschärfung der Mietpreisbremse nun Abhilfe schaffen. Der Gesetzesentwurf ist zwar noch nicht bekannt, er sei aber fertig und gehe bald in die Ressortabstimmung, heißt es aus dem zuständigen Justizministerium. Künftig muss der Vermieter vor Vertragsabschluss ankündigen, wenn er mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete fordert und muss die Vormiete entsprechend offenlegen. Tut er das nicht, kann er sich hinterher auch nicht mehr darauf berufen.
"Schritt in die richtige Richtung"
Der Mieter kann dann formlos die unzulässig hohe Miete rügen. Auch hier soll es eine Vereinfachung geben: Bislang müssen Mieter noch sehr genau begründen, wo die Rechtsverletzung des Vermieters liegt. Künftig soll ein einfacher Satz ausreichen: "Ich rüge die Verletzung der Mietpreisbremse." So erklärt die Ministerin die Pläne in der ARD.
Ein Schritt in die richtige Richtung sei das zwar, sagt Ulrich Ropertz, Geschäftsführer des Deutschen Mieterbunds im Gespräch mit tagesschau.de. "Es ist aber nur ein kleines Mosaiksteinchen, um die Situation der Mieter ein wenig zu verbessern. Im Großen und Ganzen bleibt die Mietpreisbremse kompliziert, schwierig anzuwenden und es gibt zu viele Ausnahmen, als dass sie wirklich wirkungsvoll sein könnte."
Nach wie vor zu viele Ausnahmen
Ausnahmen gelten generell für den Erstbezug von Neubauten, für Mietsteigerungen nach Modernisierungen und eben für den Fall, dass die Vormieter bereits "Wuchermieten" zahlen mussten, wie Ropertz sagt. Ein Grundproblem sieht er außerdem darin, dass es nach wie vor keine Sanktionen für Vermieter geben soll. Auf Strafen konnte sich die Große Koalition nicht einigen.
"Der Vermieter hat nichts zu befürchten, wenn er die gesetzliche Regelung umgeht, außer, dass er ab dem Zeitpunkt der Rüge, die Miete anpassen muss." Kein Ordnungsgeld, nichtmal die Rückzahlung der zu viel genommenen Miete seit Vertragsabschluss wird verlangt. Da sei die Haltung 'ich probier mal, ob ich damit durchkomme' doch sehr naheliegend.
Dass die Mietpreisbremse - auch nach der Verschärfung - kein Allheilmittel ist, sondern lediglich die explosionsartige Entwicklung der Mieten ein wenig dämpfen kann, ist auch der Ministerin klar. "Die Mietpreisbremse ist nur ein Weg und wir werden die Mieten damit auch nicht runterkriegen. Das schaffen wir nur mit mehr sozialem Wohnungsbau und Wohnungsneubau," sagt Barley.
"Problem an den Wurzeln packen"
"Die Wohnraumoffensive muss ganz klar im Vordergrund stehen", sagt auch der Obmann der Unionsfraktion im Ausschuss für Rechts- und Verbraucherschutz, Jan-Marco Luczak. "Wir haben die Mietpreisbremse mitbeschlossen, weil auch wir die Mieter schützen wollen. Doch wirklich lösen wird sie die Mietproblematik nicht." Sehr überzeugt klingt das nicht. Stattdessen, meint Luczak im Gespräch mit tagesschau.de, müsse man das Problem an den Wurzeln packen: "Wir müssen in erster Linie schneller und kostengünstiger bauen."
Es ist kein Geheimnis, dass die SPD bei den Koalitionsverhandlungen in Sachen Mieterschutz mehr rausholen wollte, beispielsweise die Rückzahlpflicht ab Vertragsabschluss. Doch mit der Union war das nicht zu machen. Einiger scheinen sich die Koalitionspartner beim Thema Modernisierungsumlage zu sein. Denn dass Mieter durch Luxusmodernisierungen mit absurden Mieterhöhungen konfrontiert und häufig gezielt verdrängt werden, ist ein enormes Problem gerade in Großstädten. Bisher konnten Vermieter elf Prozent der Modernisierungskosten auf den Mieter umlegen, künftig sollen es nur noch acht Prozent sein. Und: Es soll eine Kappungsgrenze von drei Euro pro Quadratmeter geben, das heißt, mehr als diese drei Euro/qm darf die Miete nach Modernisierung in keinem Fall steigen, acht-Prozent-Umlage hin oder her.
"Immer noch ein dickes Geschäft"
Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund begrüßt die Verschärfung zwar. Doch sie geht ihm nicht weit genug. "Acht Prozent Modernisierungsumlage sind immer noch ein dickes Geschäft für Vermieter. Unseres Erachtens wären vier Prozent sachlich angemessen und ausreichend." Und auch die drei Euro Kappungsgrenze hält er für zu kurz gegriffen. "Wenn man bedenkt, dass Mieten im Bundesdurchschnitt aktuell zwischen sechs und sieben Euro kalt liegen, dann sind drei Euro Mieterhöhung pro Quadratmeter in vielen Fällen eine Steigerung von 50 Prozent."
Darüber hinaus gibt es noch eine ganze Reihe anderer Maßnahmen, mit denen die Koalition das Problem des bezahlbaren Wohnraums angehen will. 1,5 Millionen neue Wohnungen sollen in der laufenden Legislaturperiode gebaut werden. Bis 2021 sollen Investoren, die bezahlbare Mietwohnungen bauen zusätzliche Steuervorteile bekommen. Und beispielsweise jungen Familien soll ein Baukindergeld den Erwerb von Wohneigentum erleichtern.