Linie zur Asylpolitik gefordert Berlin und Paris machen der EU Druck
Deutschland und Frankreich haben eine gemeinsame Linie der EU in der Flüchtlingskrise gefordert, etwa in der Frage, welche Herkunftsländer als "sicher" gelten sollten. Die Innenminister de Maizière und Cazeneuve mahnten zur Eile. Die EU-Kommission freut sich über die Zusammenarbeit.
Deutschland und Frankreich mahnen die EU bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise zu größerer Eile. "Es ist inakzeptabel, wenn die europäischen Institutionen in dem Tempo weiterarbeiten, wie sie das bisher tun", sagte Innenminister Thomas de Maizière am Donnerstagabend nach einem Treffen mit seinem Pariser Amtskollegen Bernard Cazeneuve in Berlin. Bereits gefasste Beschlüsse müssten endlich umgesetzt werden.
EU-Linie zu Herkunftsstaaten
Die beiden Minister pochten auf eine einheitliche Definition, welche Staaten auf europäischer Ebene asylrechtlich als "sichere Herkunftsländer" gelten sollen. "Dazu gehören insbesondere alle Beitrittskandidaten der Europäischen Union", sagte de Maizière. Deutschland hatte im vergangenen Jahr die drei Balkanstaaten Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina zu "sicheren Herkunftsländern" erklärt, um Asylbewerber von dort in einem vereinfachten Verfahren wieder in die Heimat zurückschicken zu können. Im Gespräch ist nun, auch Albanien, Montenegro und Kosovo auf diese Liste zu setzen.
Zudem solle dafür gesorgt werden, dass die geplanten sogenannten "Hotspots" für Flüchtlinge in Italien und Griechenland bis Ende des Jahres errichtet seien. Dabei handelt es sich um Aufnahmezentren, in denen Flüchtlinge durch Mitarbeiter der EU, lokaler Behörden und EU-Staaten registriert und dann nach einer europäischen Quote auf die Staaten verteilt werden sollen. Flüchtlinge ohne eine Chance auf Asyl sollen von dort in ihre Heimatländer abgeschoben werden. Klar sei, dass "relativ viel europäisches Geld dafür aufgewendet werden muss", sagte de Maizière. Deutschland und Frankreich seien auch bereit, mit Beamten und Technik Unterstützung zu leisten.
Der CDU-Politiker forderte zudem mehr Druck der EU-Kommission, damit Länder außerhalb der EU wie Tunesien, Marokko oder Senegal, wo keine Verfolgung herrscht, ihre Landsleute auch zurücknähmen. Die Bereitschaft dazu müsse mit anderen Politikfeldern, etwa mit Entwicklungshilfe, verknüpft werden. Dies bedeute dann: "Hilfe nur bei Rückübernahme."
Schengen-Abkommen nicht infrage gestellt
Beide Minister betonten, Deutschland und Frankreich stellten das Schengen-Abkommen und die Freizügigkeit durch offene Grenzen nicht infrage. Es müssten aber die damit verbundenen Regeln eingehalten werden, sagte Cazeneuve. De Maizière hatte gestern betont, kontrollfreie Grenzen könnten ohne eine wirkliche europäische Asylpolitik keinen Bestand haben.
Zahlreiche Länder sehen sich derzeit mit einer hohen Zahl von Flüchtlingen aus unterschiedlichen Staaten konfrontiert. In Griechenland sind allein im Juli 50.000 Menschen angekommen, weit mehr als im gesamten vergangenen Jahr. Deutschland rechnet dieses Jahr mit bis zu 800.000 Flüchtlingen, vier Mal so viel wie 2014. In Deutschland landen mehr als 40 Prozent aller Asylbewerber. De Maizière kündigte an, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Francois Hollande ein Treffen am Montag nutzen wollten, um über die Krise zu beraten.
EU-Kommission: Europäische Antwort ist nötig
Die EU-Kommission begrüßte die Zusammenarbeit. "Ich bin erfreut zu sehen, dass Mitgliedstaaten ihre Zusammenarbeit bei der Migration verstärken", sagte der für Flüchtlinge verantwortliche EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel. "Die Ereignisse dieses Sommers haben klar gezeigt, dass eine europäische Antwort nötig ist", sagte der aus Griechenland stammende Kommissar. Die europäische Agenda für Migration müsse schneller in die Tat umgesetzt werden. Frankreich und Großbritannien wollen mit einem gemeinsamem Kommandozentrum in Calais gegen die Flüchtlingskrise am Ärmelkanal vorgehen.