Verteilung von Flüchtlingen Maas für "festes Kontingent an Geretteten"
Bundesaußenminister Maas hat eine Vorreiter-Initiative bei der Verteilung von Flüchtlingen angekündigt, die im Mittelmeer gerettet wurden. Deutschland sei bereit, immer ein festes Kontingent an Geretteten zu übernehmen.
Eine Flüchtlingsrettungsmission der EU im Mittelmeer scheitert zurzeit meist an der Frage, wie die Geretteten später in den Mitgliedsländern verteilt werden. Das will Bundesaußenminister Heiko Maas ändern. Er spricht sich für eine Vorreiterrolle Deutschlands und anderer aufnahmewilliger Staaten aus. Dazu kündigte er eine deutsche Initiative an.
"Wir müssen jetzt mit den Mitgliedsstaaten vorangehen, die bereit sind, Geflüchtete aufzunehmen - alle anderen bleiben eingeladen, sich zu beteiligen", sagte Maas dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Deutschland sei bereit, "einen substanziellen Beitrag zu leisten und zu garantieren, immer ein festes Kontingent an Geretteten zu übernehmen".
Bundesaußenminister Heiko Maas fordert ein "Bündnis der Hilfsbereiten für einen verbindlichen Verteilmechanismus".
Treffen der Justiz- und Innenminister in Helsinki
Maas forderte ein "Bündnis der Hilfsbereiten für einen verbindlichen Verteilmechanismus". Eine Einigung zur Seenotrettung im Mittelmeer dürfe "nicht länger am Streit um die Verteilung der Geretteten scheitern", sagte er. Er erwarte, dass die EU-Partner bei diesem Thema "in der kommenden Woche einen entscheidenden Schritt vorankommen".
Am Donnerstag treffen sich die EU-Justiz- und Innenminister in Helsinki. Bundesinnenminister Horst Seehofer hatte angekündigt, sich bei dieser Gelegenheit "entschieden für eine humanitäre und praktikable Lösung für die aktuellen Herausforderungen der Migration über das Mittelmeer" einzusetzen.
Union und AfD warnen vor neuen Anreizen
Die CDU mahnte Maas zur Zurückhaltung. "Grundsätzlich unterstützen wir die Haltung der Bundesregierung", sagte Unionsfraktionsvize Thorsten Frei (CDU). "Es gibt aber Dinge, die man tun, über die man aber besser nicht in der Öffentlichkeit reden sollte." Er warnte in der tagesschau davor, mit der Diskussion über Aufnahmekontingente neue "Pull-Faktoren", also Anreize zu schaffen. Das Ziel müsse eine gesamteuropäische Lösung bleiben.
Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Mathias Middelberg (CDU), begrüßte zwar einen möglichen verbindlichen Mechanismus, hält aber weitere Maßnahmen für nötig. "Ein stetiger Verteilmechanismus wäre sehr hilfreich, bringt allein aber keine nachhaltige Lösung", sagte Middelberg der Nachrichtenagentur dpa. Mittelfristig sei eine intensivere Zusammenarbeit mit den Herkunfts- und Transitländern nötig, um die Migration zu reduzieren und an den Mittelmeerküsten "Ausschiffungsplattformen" zu schaffen, "in denen die Migranten menschenwürdig untergebracht wären, ihre Asylverfahren bearbeitet würden und von wo aus auch Rückführungen organisiert werden könnten".
Der innenpolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Gottfried Curio, sagte, mit der Ankündigung, immer ein festes Kontingent von Migranten auf der Mittelmeer-Route aufnehmen zu wollen, betreibe Maas "das Geschäft der Schlepper und forciert die illegale Migration immer weiter". Es würde das Signal gesendet, dass wer "in das Sozialparadies Deutschland möchte, dafür nur an die Mittelmeerküste zu reisen braucht und mit bereitwilligem Weitertransport und Aufnahme rechnen kann".
Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch hält Maas' Vorschlag hingegen für "lange überfällig". Europa könne nicht zusehen, "wie der Humanismus im Mittelmeer begraben wird", sagte er. Bartsch forderte, nicht nur zu reden, sondern zügig zu handeln.
Widerspruch von Ex-Kanzler Kurz
Österreichs Ex-Kanzler Sebastian Kurz kritisierte Maas' Vorstoß. "Die Verteilung von Migranten in Europa ist gescheitert", teilte er mit. "Wir diskutieren erneut über Ideen aus 2015, die sich hinlänglich als nicht umsetzbar erwiesen haben."
Aus Sicht von Kurz sollte es einen anderen Ansatz geben. Es sei "das Gebot der Stunde", den Schleppern die Geschäftsgrundlage zu entziehen. Nach ihrer Rettung aus dem Meer müssten die Menschen "zurück in ihre Herkunfts- oder Transitländer" gebracht werden, so Kurz. Darüber hinaus sollten "Initiativen für Stabilität und wirtschaftliche Entwicklung in Afrika" gesetzt werden. "Wir dürfen keine falschen Signale aussenden und müssen es unbedingt verhindern, dass weitere Menschen ihr Leben bei der gefährlichen Überfahrt über das Mittelmeer aufs Spiel setzen."
Immer wieder Streit in Europa
Die Rettung von Flüchtlingen im Mittelmeer und die Verteilung der Menschen ruft immer wieder Streit in Europa hervor. In den vergangenen Wochen waren mehrfach Schiffe von Hilfsorganisationen mit Geflüchteten daran gehindert worden, in Italien und Malta anzulegen.
Zahlreiche Flüchtlinge ertrinken im Mittelmeer beim Untergang ihrer oft nicht seetüchtigen Boote - die meisten beim Versuch der Überfahrt von Libyen in einen EU-Staat. Das UN-Flüchtlingskommissariat UNHCR spricht von "der tödlichsten Meeresüberquerung der Welt".