Panzerlieferungen an die Ukraine SPD-Führung verteidigt abwägenden Kurs
Der Streit um Panzerlieferungen in die Ukraine geht weiter: Während einige Unionspolitiker FDP und Grüne zum Koalitionsbruch aufrufen, stellt sich SPD-Chef Klingbeil hinter Kanzler Scholz - und legt Kritikern parteiinterne Interventionen nahe.
Die SPD-Führung stellt sich in der Debatte über mögliche Lieferungen von Kampfpanzern an die Ukraine hinter Bundeskanzler Olaf Scholz. In der SPD gebe es "volle Rückendeckung" für den Grundsatz des Kanzlers, sich in der Frage eng international abzustimmen und darauf zu achten, "dass wir selbst nicht Kriegspartei werden", sagte SPD-Chef Lars Klingbeil.
Das SPD-Präsidium habe heute das Vorgehen von Scholz nochmals "zu hundert Prozent" unterstützt. Klingbeil wies Kritik aus den Koalitionsparteien FDP und Grüne an einer zu zögerlichen Haltung von Scholz in der Panzerfrage zurück. "Ich rate dazu, dass wir solche öffentlichen Diskussionen auch in der Koalition nicht führen", sagte der SPD-Chef.
Klingbeil: Entscheidung historischen Ausmaßes
Die "aufgeregten Debatten" der vergangenen Tage würden nicht weiterhelfen, so Klingbeil. "Der größte Gefallen, den wir Wladimir Putin tun können, ist, dass wir uns im westlichen Bündnis, in der deutschen Politik gerade auseinanderdividieren."
Scholz müsse in der Panzerfrage eine Entscheidung "von historischem Ausmaß" treffen, sagte der Parteichef. Es habe seine volle Unterstützung, wenn der Kanzler noch Zeit brauche, um sich mit internationalen Partnern abzustimmen und sich nicht öffentlich unter Druck setzen lassen wolle. "Da setze ich keine Deadlines", sagte der SPD-Vorsitzende auf eine Frage nach dem Zeitpunkt der erwarteten Entscheidung von Scholz.
Hebestreit: Scholz lässt sich nicht beirren
Dem FDP-Vorsitzenden Christian Lindner legte Klingbeil indirekt nahe, ein klärendes Wort mit der Bundestagsabgeordneten Marie-Agnes Strack-Zimmermann zu führen. Diese hatte am Freitag und Samstag sowohl Kanzler Scholz als auch SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich in der Panzerdebatte hart persönlich angegriffen. "Ich weiß, was ich als Parteivorsitzender machen würde, wenn aus meiner Partei andauernd solche Querschüsse kämen", sagte Klingbeil, ohne allerdings Namen zu nennen. "Es wirft kein gutes Licht auf die eigene Parteiführung, wenn da welche andauernd so unterwegs sind." Er rate allen in der Ampel-Koalition, die öffentlichen gegenseitigen Angriffe einzustellen.
In der Bevölkerung gebe es große Unterstützung für Scholz vorsichtigen Kurs, so Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Er verwies auf die öffentlichen Gespräche und Kontakte des Regierungschefs sowie auf E-Mails, Telefonate und Briefe, die im Kanzleramt eingingen. Viele der Rückmeldungen brächten einen großen Rückhalt für die humanitäre, finanzielle und militärische Hilfe zum Ausdruck. Von der anhaltenden Kritik aus der Koalition lasse sich Scholz nicht beirren. Er sei Druck gewohnt und zudem jemand, "der sich dann eher bestätigt fühlt, dass er sich nirgendwo hindrängen lässt, wohin er nicht will", so Hebestreit.
Unionspolitiker fordern Bruch der Ampel-Koalition
Mehrere Unionspolitiker hatten am Morgen FDP und Grüne zum Bruch der Koalition aufgefordert. Die beiden kleineren Ampelpartner müssten wegen der Differenzen mit der SPD in der Ukraine-Politik "endlich konsequent handeln und einen Neuanfang unter veränderten Vorzeichen suchen", sagte CDU/CSU-Parlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei der "Bild". Er schlug eine Jamaika-Koalition unter Führung der Union vor: "Wir stehen jedenfalls parat, Verantwortung zu übernehmen."
Der CDU-Politiker verwies auf den offenen Streit der Koalitionsparteien über Panzerlieferungen an die Ukraine. "Die Szenen, die sich gerade in der Ampel-Koalition abspielen, erinnern an ein Scheidungsverfahren", sagte er.
Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen forderte Grüne und FDP ebenfalls zum Bruch des Ampel-Bündnisses auf. "FDP und Grüne müssen sich fragen, ob sie bereit sind, gegen ihre eigene Überzeugung die Verantwortung für dieses Versagen mit zu übernehmen", sagte er der "Bild". Die Politik von Scholz und der SPD bedeute, "dass Deutschland in einer historischen Bewährungsprobe des Krieges in Europa an einem entscheidenden Punkt versagt".