Unterbringung von Geflüchteten Weil verkündet Einigung mit dem Bund
Wer kommt für die Unterbringung von Geflüchteten auf? Zwischen Bund und Ländern gibt es eine Annäherung: Man habe sich auf ein dynamisches "Pro-Kopf-System" verständigt, sagt Niedersachsens Ministerpräsident Weil. Die Höhe der Zahlungen bleibt unklar.
Es ist eine erste Annäherung im Streit über die Kostenverteilung für die Unterbringung und Versorgung von Migranten: Bund und Länder haben sich laut Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil auf ein neues System zur Verteilung der Flüchtlingskosten verständigt.
"Es gab Einvernehmen über den Einstieg in ein atmendes System für alle Geflüchteten", sagte der SPD-Politiker über eine entsprechende Arbeitsgruppe von Bund und Ländern. Mit dem "atmenden System" ist ein dynamisches Finanzierungssystem gemeint, das sich automatisch steigenden Asylsuchenden- und Migrationszahlen anpasst und nicht mit einer Pauschale abgegolten wird. Dieses Modell gab es bis Ende 2021.
Weil: Brauchen verlässliche Beteiligung des Bundes
Die Ministerpräsidentenkonferenz, deren Vorsitz Weil derzeit innehat, fordert die Wiedereinführung des "Pro-Kopf-Systems" seit Monaten. Bislang leistet der Bund Pauschalzahlungen. "Grundlage wäre eine Kopfpauschale, über deren Höhe aber noch keine Einigung erzielt werden konnte", sagte Weil.
Der niedersächsische Regierungschef erklärte, die Gespräche mit dem Bund seien so weit geführt worden, wie das auf der Ebene der Arbeitsgruppe möglich war. Nun müsse in Vorbereitung auf das Bund-Länder-Treffen mit dem Bundeskanzler am 6. November weiter zwischen den politischen Spitzen verhandelt werden. "Fakt ist, dass es zu einer namhaften und verlässlichen Beteiligung des Bundes an den Flüchtlingskosten kommen muss", betonte Weil.
Bund bat offenbar 5.000 Euro pro Geflüchtetem an
Die grundsätzliche Einigung auf das Finanzierungssystem ist ein erster Schritt aufeinander zu, nachdem am Montag ein Treffen der Arbeitsgruppe ohne Ergebnis beendet wurde. Aber noch immer sind viele Details unklar - wie die genaue Höhe der Kopfpauschale. Nach Informationen des Regionalmagazins buten und binnen, das sich auf das Bremer Finanzressort beruft, hatte der Bund bei dem Austausch angeboten, sich ab 2024 jährlich mit 5.000 Euro pro Geflüchtetem zu beteiligen.
Hamburg, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Bremen kritisierten diesen Vorschlag als deutlich zu wenig. So nannte Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) die Haltung des Bundes "inakzeptabel und der Lage völlig unangemessen". Die Kosten der zunehmenden Fluchtbewegung an Länder und Kommunen abzudrücken, sei verantwortungslos, erklärte auch Schleswig-Holsteins Finanzministerin Monika Heinold (Grüne). "Der Bund muss endlich handeln."
Teilnehmerkreise: Bund will Unterstützung reduzieren
In der Videoschalte der Arbeitsgruppe sei den Ländern am Montag nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters gesagt worden, dass der Bund ihnen und den Kommunen statt mit 3,75 Milliarden Euro - wie in diesem Jahr - im kommenden Jahr nur noch mit maximal 1,7 Milliarden Euro helfen wolle. Dies sei angesichts der steigenden Zahl von Geflüchteten und der Belastungen in den Kommunen bei den Ländern auf großes Unverständnis gestoßen und als inakzeptabel bewertet worden.
An den Kosten für diejenigen Flüchtlinge, die sich bereits seit Längerem in Deutschland befinden, wolle sich der Bund künftig ebenfalls erheblich weniger beteiligen, berichteten Teilnehmer nach der Schalte. So solle die Beteiligung des Bundes an den Kosten von Ländern, Städten und Gemeinden für die Integration, Beschulung und Betreuung von Geflüchteten aus der Ukraine entfallen. In Länderkreisen wurde gewarnt, dass der von Bundeskanzler Olaf Scholz angebotene parteiübergreifende "Deutschland-Pakt", der auch das Thema Migration umfasst, ohne eine tragfähige Lösung bei den Finanzierungsfragen nicht denkbar sei.
Inwieweit sich die Länder und der Bund beim kommenden Treffen im November einigen können, ist ungewiss. Bislang scheint es bis auf die grundsätzliche Einigung auf Pro-Kopf-Zahlungen noch viele Unklarheiten zu geben. Wegen der aktuell hitzigen Debatte über irreguläre Migration, der zugespitzten Situation in den Kommunen und den Landtagswahlkämpfen in Hessen und Bayern gilt eine Lösung der Unstimmigkeiten zwischen Bund und Ländern derzeit als Kraftakt.