Reaktionen auf Landtagswahlen Jammer bei der Ampel, Jubel bei AfD, CDU und BSW
Für die Ampel-Parteien sind die Ergebnisse in Sachsen und Thüringen eine Katastrophe - in Berlin üben sich die Parteispitzen nun in Selbstkritik. CDU, AfD und BSW präsentieren sich hingegen selbstbewusst.
Das Ergebnis war erwartet worden, doch jetzt ist es amtlich: Während die AfD - in Thüringen stärkste Kraft - und das BSW bei den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen Spitzenergebnisse einfahren, stecken die Ampel-Parteien und die Linke eine bittere Schlappe ein.
Kühnert ruft SPD zum Kämpfen auf
Dementsprechend geknickt zeigte sich der Generalsekretär der Kanzlerpartei, Kevin Kühnert, in Berlin. "Es ist kein Abend zum Jubeln", räumte er in der ARD ein. Positiv bewertete der SPD-Politiker die Tatsache, dass seine Partei überhaupt den Einzug in beide Landesparlamente geschafft hat. "Insofern liegt für meine Partei die Botschaft drin: 'Kämpfen lohnt sich'." Darum werde es auch bei der Bundestagswahl im kommenden Jahr gehen: "Wir müssen kämpfen, um wieder mehr Stärke zu gewinnen."
An die Koalitionspartner gerichtet sandte Kühnert die Warnung aus, dass sich die Regierungsarbeit im Bund ändern müsse. "Es wird für meine Partei jetzt auch darum gehen, sich stärker zu emanzipieren und deutlicher zu machen, was man nur mit der SPD bekommt und wo wir uns auch nicht mehr auf der Nase herumtanzen lassen von anderen, die krachend aus den Landtagen jetzt rausgewählt worden sind", sagte er mit Blick vor allem auf die FDP.
Selbstkritik bei der FDP
FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Saraj stellte angesichts der Tatsache, dass die Liberalen nun auch aus dem Parlament in Thüringen rausfliegen, klar: "Wir haben unsere Wahlziele heute nicht erreicht." In einem Statement vor seinen Parteikollegen räumte er ein, dass es für seine Partei im Wahlkampf sehr schwer war, Schwerpunkte zu setzen.
In der Berliner Runde im ZDF konterte er jedoch mit Blick auf die Vorwürfe, dass der viele Zwist innerhalb der Ampel die Wahlen in Sachsen und Thüringen beeinflusst habe, dass er streitloses Regieren innerhalb einer Koalition "unrealistisch" finde. Unterschiedliche Sichtweisen seien für ihn nicht problematisch, "solange es uns am Ende des Tages gelingt, gute Lösungen für das Land zu erreichen", sagte Djir-Saraj. Zugleich stellte er klar: "Die Koalition muss in der Lage sein, zentrale Probleme im Land zu lösen."
Parteichef Christian Lindner gab zu, dass ihn die Ergebnisse in Sachsen und Thüringen "schmerzen", wie er auf der Plattform X schrieb. "Aber niemand soll sich täuschen, denn wir geben unseren Kampf für liberale Werte nicht auf. Schon morgen geht es wieder weiter. Und auch für die anderen Parteien des demokratischen Zentrums gibt es viel zu bedenken."
Grüne sehen "Zäsur" im Land
Grünen-Chef Omid Nouripour gab der Ampel eine Mitverantwortung an den Ergebnissen in Ostdeutschland. Man leiste gute Arbeit und zerrede das selbst durch überflüssigen Streit, sagte er im ZDF. "Wir müssen uns natürlich selbst an die eigene Nase fassen, wie wir das bisher so haben treiben lassen, dass es so aussieht, wie es aussieht." Der Glaube, den Streit in der Ampel abgestellt zu bekommen, sei in den letzten Wochen eher nicht gewachsen.
Zur Situation der Grünen sagte Nouripour, in Sachsen sei man erleichtert, dass man es wieder in den Landtag geschafft habe. In Thüringen sei es sehr schmerzhaft. "Aber dieser Schmerz ist, ehrlich gesagt, relativ randständig, verglichen mit der Zäsur in diesem Land, dass in Thüringen jetzt eine offen rechtsextremistische Partei stärkste Kraft geworden ist", sagte der Grünen-Chef später in der ARD.
Mit Blick auf das starke Abschneiden der Partei von Sahra Wagenknecht sagte seine Co-Vorsitzende Ricarda Lang: "Wenn das BSW als populistisches Angebot, das nichts zu bieten hat für die Länder hier, so zugelegt hat, dann ist das ein Problem." Die Grünen hätten als Regierungspartei stark an Vertrauen verloren. Dass nicht die demokratische Opposition, sondern Rechtsextreme und Populisten gewählt wurden, bezeichnete Lang als "Problem für unsere Demokratie".
In der Berliner Runde im ZDF warf die Bundesgeschäftsführerin der Grünen, Emily Büning, zudem der Union vor, im Wahlkampf die Grünen zum Hauptfeind gemacht und antidemokratischen Parteien nach dem Mund geredet zu haben. "Dann leistet man einen Bärendienst an der Demokratie und hilft genau denjenigen, die die Demokratie verachten."
Linkspartei gibt Ampel Mitschuld an Ergebnissen
Der scheidende Linken-Vorsitzende Martin Schirdewan gab die Verantwortung für die Erfolge der AfD unter anderem der Ampelkoalition im Bund. Etwa der groß angekündigte "Doppelwumms" sei bei den Menschen nicht angekommen, sagte Schirdewan im ZDF. Dies habe zu einer großen Entfremdung von demokratischer Politik geführt. "Wir müssen uns schon fragen, wie es zu diesen Verschiebungen im Parteiensystem kommt."
Das BSW habe die AfD zusätzlich gestärkt, sagte Schirdewan weiter. "Das BSW ist ein Geschenk für die AfD." Es habe die Linke geschwächt, die extreme Rechte aber gestärkt. Es sei extrem besorgniserregend, wenn das erste Mal seit dem Zweiten Weltkrieg eine "im Kern faschistische Partei" in Thüringen die Mehrheit erringe.
Inhaltlich habe es bei den Wahlen mit den Hauptthemen Migration und Asylrecht eine Rechtsverschiebung gegeben, analysierte Co-Chefin Janine Wissler in der ARD. Von den realen Problemen wie dem Wohnungsmangel sei abgelenkt worden. Dem habe die Linke nichts entgegenzusetzen gehabt.
Linnemann nennt CDU "Bollwerk"
Zufrieden mit den Ergebnissen zeigte sich hingegen CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann. "Wir sehen heute eine echte verbliebene Volkspartei", sagte er mit Blick auf die starke Position seiner Partei in Sachsen, wo die CDU stärkste Kraft wurde, sowie den zweiten Platz in Thüringen. "Wir sind das Bollwerk", zeigte er sich in der ARD selbstbewusst. "Unser Ergebnis ist sehr gut und die Ampel-Parteien sind abgestraft worden", sagte er.
Sehr deutlich äußerte sich Linnemann mit Blick auf den großen Erfolg der AfD in den beiden ostdeutschen Bundesländern, der ihn "umtreibe". Dass es zu einer Koalition mit der AfD kommt, schloss er kategorisch aus. "Wir haben vor der Wahl gesagt, was nach der Wahl gilt."
Weidel bezeichnet Ergebnis in Thüringen als "historisch"
"Undemokratisch" nannte diese Position die AfD-Chefin Alice Weidel. "Unter normalen Umständen, um bei den Gepflogenheiten in diesem Land zu bleiben, sondiert die stärkste Partei, und das ist die AfD", sagte sie in der ARD mit Blick auf Thüringen. "Die Wähler wollen, dass die AfD an der Regierungsbildung beteiligt wird."
Das starke Ergebnis von jeweils mehr als 30 Prozent in beiden Bundesländern nannte Weidel "historisch". "Erstmals sind wir bei einer Landtagswahl stärkste Kraft geworden."
Der parlamentarische Geschäftsführer der AfD im Bundestag, Bernd Baumann, zeigte sich angesichts der Zahlen ganz selbsbewusst: "Der heutige Abend zeigt ganz klar: Die Dominanz der links-grünen Politik und Parteien ist gebrochen, die Wähler wollen etwas ganz Neues - und dafür stehen wir", sagte er in der Berliner Runde im ZDF. Dass die "AfD wirkt", zeige unter anderem die Tatsache, dass "BSW und CDU unsere Kernforderungen etwa in der Migrationspolitik" übernommen hätten.
BSW hofft auf Regierungsbeteiligung
Aus dem Stand kommt das Bündnis Sahra Wagenknecht in beiden Bundesländern auf zweistellige Ergebnisse. Gründerin und Namensgeberin Sahra Wagenknecht beanspruchte sogleich für ihre Partei in Sachsen eine Regierungsbeteiligung: "Wir hoffen sehr, dass wir am Ende mit der CDU eine gute Regierung zustandebekommen", sagte sie in der ARD.
Mit Blick auf Thüringen schloss die ehemalige Linken-Politikerin eine Zusammenarbeit mit der AfD aus: "Höcke vertritt ein völkisches Weltbild, das ist also meilenweit von uns entfernt", sagte sie. "Wir haben immer gesagt, mit Herrn Höcke können wir nicht zusammenarbeiten." Zugleich deutete Wagenknecht an, das BSW könne einzelnen Anträgen der AfD im Landtag zustimmen, wenn sie die Inhalte teile.