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Wagenknecht zur Vereinsgründung "Viele wissen nicht mehr, was sie wählen sollen"

Stand: 23.10.2023 20:27 Uhr

Mit der Gründung einer eigenen Partei läutet Sahra Wagenknecht wohl das Ende der Linken-Fraktion ein. Die Parteispitze wirft ihr verantwortungsloses Handeln vor. Im Interview mit den tagesthemen verteidigt die Politikerin ihr Vorgehen.

Im Interview mit den tagesthemen hat die Bundestagsabgeordnete Sahra Wagenknecht ihre Beweggründe verteidigt, das "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW) und im Anschluss eine eigene Partei zu gründen: Viele Menschen hätten sie zur Parteigründung aufgefordert, so die ehemalige Linken-Politikerin. Diese Entscheidung sei für sie nicht leicht gewesen. Wagenknecht betonte aber: "Es braucht endlich in Deutschland einen politischen Neuanfang." Die Menschen wünschten sich, dass sich politisch etwas verändert.

Sahra Wagenknecht über die Gründung ihres Bündnisses

tagesthemen, 23.10.2023 22:15 Uhr

"Es gibt eine unglaubliche Repräsentationslücke"

Dem Vorwurf, die Linken-Fraktion durch die Gründung ihres Vereins zu zerstören, widersprach Wagenknecht. "Natürlich werden wir versuchen, die Fraktion jetzt so lange wie möglich aufrechtzuhalten im Interesse der Mitarbeiter", sagte sie.

Die Bundestagsabgeordnete betonte, die Frage nach der Zukunft der Linken sei auch zu klein gedacht. Es gehe jetzt darum, wohin das Land steuere. Wagenknecht habe gespürt, was die Menschen im Land ihr spiegeln: "Es gibt doch eine unglaubliche Repräsentationslücke. Viele wissen nicht mehr, was sie wählen sollen." In diesem Zusammenhang kritisierte sie die Bundesregierung als "die schlechteste Regierung der bundesdeutschen Geschichte".

Auf die Frage nach dem Misserfolg ihres 2018 gegründeten Vereins "Aufstehen" sagte Wagenknecht, dies sei etwas anderes gewesen. Die Sammlungsbewegung habe Parteien unter Druck setzen sollen. "Ich habe damals Fehler gemacht, aus denen ich gelernt habe", betonte sie.

Eine Alternative zur Alternative

Dass die linke Stimme im Bundestag durch die Gründung ihrer "BSW" leiser werde, bedauere sie, sagte die Politikerin. "Das ist der bittere Teil dessen. Ich hätte mir gewünscht, dass es anders gekommen wäre." Jetzt gehe es aber darum, nach vorn zu blicken. "Es ist mir auch von der Parteiführung im Grunde seit Monaten nahegelegt worden, genau diesen Schritt zu tun", so Wagenknecht.

Es dürften nicht immer wieder Entscheidungen getroffen werden, die das Leben der Menschen schwerer machen. Dies würde zur Zeit besonders die AfD ausnutzen: "Die AfD hat es jetzt geschafft, die Adresse der Unzufriedenen zu sein", so Wagenknecht. Die Menschen bräuchten nun eine seriöse Adresse, die nicht nur Protest gegen die Regierung artikuliere, sondern auch Konzepte hat.

Auf die Frage, wie sie in Zukunft mit ihrer Partei Politik umsetzen wolle, verwies Wageknecht auf ein erstes Grundsatzprogramm ihres Bündnisses. Konkret gehe es um Belange wie die Energiepreise, die "sehr kurzfristig" gesenkt werden müssten - aber auch um die Erhöhung des Mindestlohns, eine Reform des Rentensystems oder ein erneutes Abwägen der Wirtschaftssanktionen gegen Russland.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichteten die tagesthemen am 23. Oktober 2023 um 22:15 Uhr.