Dietmar Woidke, Boris Rhein, Stephan Weil, Manuela Schwesig und Karl Lauterbach (v.l.)

"Wachstumschancengesetz" gestoppt Länderkammer ruft Vermittlungsausschuss an

Stand: 24.11.2023 14:47 Uhr

Der Bundesrat hat das Wachstumspaket der Ampelkoalition vorerst gestoppt. Wegen der aus ihrer Sicht unfairen Verteilung der Kosten rief die Länderkammer den Vermittlungsausschuss an.

Der Bundesrat fordert deutliche Nachbesserungen am "Wachstumschancengesetz" der Ampel-Regierung und hat daher den Vermittlungsausschuss angerufen. Vertreter der Bundesländer kritisierten vor allem befürchtete Steuerausfälle für die Kommunen.

Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sagte in der Länderkammer, das "Wachstumschancengesetz" würde die Einnahmekraft von Bund und Ländern schwächen. Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel, ebenfalls SPD, ergänzte, auf Kompensationen an anderer Stelle vom Bund könnten die Kommunen nicht hoffen. Daher müsse das Gesetz "zurück in die Montagehalle".

Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer kritisierte zudem, das Gesetz sei ohne Absprache von der Bundesregierung vorgelegt worden. "Friss oder stirb - so können wir nicht arbeiten", sagte der CDU-Politiker.

Kritik insbesondere an Regelung für Gastronomie

Der Finanzminister von Mecklenburg-Vorpommern, Heiko Geue, nannte das "Wachstumschancengesetz" im Lichte des Haushaltsurteils des Bundesverfassungsgerichts "aus der Zeit gefallen". Der SPD-Politiker monierte vor allem die Rückkehr zur Mehrwertsteuer auf Speisen in Restaurants auf 19 Prozent. "Seit wann gehören Steuererhöhungen zur Wachstumsförderung?"

Im Anschluss sprach sich auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder gegen eine "fast Verdreifachung" der Mehrwertsteuer für die Gastronomie aus. Dies werde zur Schließung vieler kleiner Betriebe führen, warnte der CSU-Politiker. "Tausende Existenzen sind betroffen."

Die Rückkehr zum Satz von 19 Prozent sei die Rückkehr "zum alten ungerechten Zustand", argumentierte Söder. Denn Essen, das außer Haus geliefert wird, werde mit sieben Prozent besteuert. Dem Antrag Bayerns auf eine Entschließung für einen dauerhaft ermäßigten Mehrwertsteuersatz für Restaurants und für eine Ausdehnung dieses Satzes auch auf Getränke stimmte die Mehrheit der Länder allerdings nicht zu.

Entlastungen sollen Konjunktur und Klima helfen

Das "Wachstumschancengesetz" sieht steuerliche Entlastungen für Unternehmen bis 2028 und eine Beschleunigung von Genehmigungsverfahren vor. Die Entlastungen sollen jährlich sieben Milliarden Euro betragen. Kernpunkt ist eine Prämie für Investitionen in den Klimaschutz. 15 Prozent der Aufwendungen für Energieeffizienzmaßnahmen von Unternehmen sollen als direkte finanzielle Unterstützung bezuschusst werden. Das Gesetz enthält zudem steuerliche Anreize, um den kriselnden Wohnungsbau anzukurbeln. Auch zusätzliche steuerliche Impulse für mehr Forschung sind vorgesehen.

Die Länder hatten schon Ende Oktober kritisiert, dass sie rund zwei Drittel der geplanten Steuerentlastungen von rund sieben Milliarden Euro pro Jahr tragen müssen. Seine damals gemachten Änderungsvorschläge sah der Bundesrat nicht ausreichend berücksichtigt. Auch aufgrund der vielen kurzfristigen Ergänzungen bestehe Überarbeitungsbedarf.

In einer früheren Version des Artikels fehlte das entscheidende Wort "nicht" in Bezug auf den Entschließungsantrag aus Bayern. Die Forderung nach einem dauerhaft ermäßigten Mehrwertsteuersatz für Restaurants fand im Bundesrat keine Mehrheit.

Mehr zum Hintergrund dieser und anderer Korrekturen finden Sie hier: tagesschau.de/korrekturen

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 24. November 2023 um 15:00 Uhr.